Pflege in der Corona-Krise

Viele Ärzte und Pfleger arbeiten am Limit

Die körperlichen und seelischen Belastungen vor allem für Pfleger auf COVID-19-Stationen waren in den vergangenen Monaten enorm. Eine mögliche Lösung: mehr ausbilden.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Arzt in Schutzkleidung: Bis zur Erschöpfung haben viele Ärzte und mehr noch Pfleger in Kliniken während der SARS-CoV 2-Pandemie gearbeitet.

Arzt in Schutzkleidung: Bis zur Erschöpfung haben viele Ärzte und mehr noch Pfleger in Kliniken während der COVID-19-Pandemie gearbeitet.

© Robert Kneschke / Zoonar / pictu

Berlin. Die COVID-19-Pandemie hat viele Facetten – zu ihnen zählen etwa die Stimmen, die Impfungen ablehnen. Andere verharmlosen die Risiken oder ergehen sich in Verschwörungstheorien. Dieser in der Medienberichterstattung der vergangenen Monate stark berücksichtigten Gruppe bot das 50. Symposion der Kaiserin Friedrich-Stiftung für Juristen und Ärzte bewusst keine Plattform.

„Man sollte nicht darauf reagieren“, sagte Stiftungs-Geschäftsführer Professor Walter Schaffartzik, der auch zum Programm-Komitee zählt. Stattdessen kamen die zu Wort, die bei der Bekämpfung der Pandemie täglich spüren, welche Folgen eine COVID-19-Erkrankung hat.

Außer Ärzten sind dies vor allem Pflegekräfte, die in vielen Häusern am Rande der Erschöpfung arbeiten. Wie stark diese ausgeprägt ist und welche Lehren aus Sicht der Pflegenden zu ziehen sind, schilderte Rainer Manske. „Das hat eine Menge gemacht mit der Pflege“, sagte der Pflegedirektor aus dem Beratungszentrum Pflege und Betreuung der BG-Kliniken in Berlin.

Es gibt genug Menschen, die in der Pflege arbeiten wollen – nur nicht länger unter diesen Bedingungen.

Rainer Manske, Pflegedirektor aus dem Beratungszentrum Pflege und Betreuung der BG-Kliniken in Berlin

Er kennt viele Kollegen, die seit langem – auch noch in der abklingenden dritten Pandemiewelle – am Limit arbeiten und nach der Pandemie darüber nachdenken werden, ob dieser Beruf für sie noch die gewünschte Perspektive bietet: „Bei vielen ist noch nicht zu Ende gedacht, was sie nach der Pandemie machen werden.“

Einer von zwei Beatmeten überlebt

Zurzeit bieten nach seiner Überzeugung insbesondere drei Dinge die Voraussetzung, damit Pflegekräfte auf den Intensivstationen die Situation bewältigen können: Impfschutz, Zusammenhalt auf den Stationen und in den Kliniken sowie berufliche Erfahrung. Diese sei notwendig, um die enorme psychische Belastung bewältigen zu können.

Manske gab zu bedenken, dass nur einer von zwei beatmeten Patienten überlebt, dass die Pflegekräfte Engpässe auf den Intensivstationen erleben, dass sie Abstriche auf den Normalstationen machen müssen und dass sie Angst haben, selbst zu erkranken und die eigene Familie zu infizieren. Hinzu komme die veränderte Kommunikation mit den Angehörigen, die besorgt auf Nachrichten warten und die Patienten nicht selbst besuchen dürfen.

Begleitet wird die seelische von körperlicher Belastung. Das kontinuierliche Anlegen und Arbeiten unter Schutzkleidung und FFP2-Masken, die intensiven Lagerungsintervalle am Patienten sind physisch extrem anstrengend. „Für einen 120-kg-Patienten braucht man richtig Man-Power“, sagte Manske.

Berufskrankheiten nehmen zu

Folge der in diesem Ausmaß bislang unbekannten Belastungen ist nicht nur Erschöpfung, sondern auch eine hohe Zahl an Verdachtsanzeigen und Anerkennungen von Berufskrankheiten.

Manskes Aussagen werden von Zahlen der gesetzlichen Unfallversicherung und der Berufsgenossenschaft für Wohlfahrtspflege gestützt. Bis Ende April 2021 gab es in Deutschland insgesamt 89 .346 Verdachtsanzeigen auf eine beruflich bedingte Erkrankung an COVID-19, davon 30.329 im vergangenen Jahr. Von Beginn der Pandemie bis Ende April 2021 sind insgesamt 63.378 Fälle entschieden und dabei 53.204 anerkannt worden.

Manske lenkte den Blick aber nicht nur auf die aktuelle Belastung. „Viele Defizite waren schon vor Corona präsent. Die Pandemie hat alles auf ein anderes Niveau gehoben“, sagte er mit Blick etwa auf den Personalmangel in der Pflege.

Was aber muss sich ändern, damit die Pflegekräfte ihrem Beruf nach der Pandemie treu bleiben und nicht nach neuen Perspektiven suchen?

„Wir müssen mehr ausbilden“, sagte Manske. Von der Politik erwartet er ein Programm, das für attraktivere Rahmenbedingungen sorgt. Denn fest steht für ihn: „Es gibt genug Menschen, die in der Pflege arbeiten wollen – nur nicht länger unter diesen Bedingungen.“

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