KiGGS-Studie

Von Adipositas sind vor allem sozial schwache Kinder betroffen

Schon im Kindesalter werden die Weichen für das Gesundheitsverhalten gestellt: Heranwachsende mit geringem sozioökonomischen Status ernähren sich häufiger ungesund und sind häufiger adipös, wie die KiGGS-Studie ergeben hat. Experten warnen aber vor einseitigen Schuldzuweisungen.

Anne BäurleVon Anne Bäurle Veröffentlicht:
Heranwachsende übernehmen häufig die Ernährungsgewohnheiten ihrer Eltern.

Heranwachsende übernehmen häufig die Ernährungsgewohnheiten ihrer Eltern.

© kwanchaichaiudom / Getty Imag

BERLIN. Gerade in den ersten Lebensjahren prägen Eltern das Gesundheitsbewusstsein ihrer Kinder ganz wesentlich: Eltern bestimmen durch ihr Einkaufsverhalten und durch gemeinsame Mahlzeiten das Ernährungsverhalten ihrer Familie. Auch beeinflussen sie deren natürlichen Bewegungsdrang, indem sie ihn ausbremsen oder fördern. Dieses Verhalten wird von den Heranwachsenden häufig übernommen.

Einteilung in Statusgruppen

Wie groß dabei der Einfluss der sozialen Herkunft ist, hat nun eine Folgeerhebung der "Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland" (KiGGS) ergeben. Demnach ernähren sich sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche häufiger ungesund, sind seltener körperlich-sportlich aktiv und zu einem größeren Anteil übergewichtig oder adipös als gleichaltrige Mädchen und Jungen aus sozial bessergestellten Familien.

Der sozioökonomische Status (SES) wurde in der Studie mit einem Index erfasst, der auf Angaben der Eltern zu ihrem Bildungsstand, ihrer beruflichen Stellung und ihrer Einkommenssituation beruht. Die Familien wurden dementsprechend in eine niedrige, mittlere oder hohe Statusgruppe eingeteilt, wobei die niedrige und hohe Statusgruppe jeweils rund 20 Prozent und die mittlere Statusgruppe 60 Prozent der Studienpopulation umfasste.

In der Folgeerhebung der KiGGS-Studie von 2014-2017 wurde nun von einem Teil der Teilnehmer im Alter zwischen drei und 17 Jahren (n=3437) Daten zu Körpergröße und Körpergewicht erfasst. Es stellte sich heraus, dass insgesamt 15,3 Prozent der Mädchen und 15,6 Prozent der Jungen übergewichtig waren, 5,5 Prozent der Mädchen und 6,3 Prozent der Jungen waren adipös.

Dabei ist der Anteil der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen umso höher, je niedriger der SES der Herkunftsfamilie ist: In der niedrigen Statusgruppe waren 25,5 Prozent der 3- bis 17-Jährigen übergewichtig, in der mittleren 13,5 und in der hohen 7,7 Prozent. Auch der Anteil der adipösen Kinder war in sozial benachteiligten Familien deutlich größer als in sozial bessergestellten (niedriger SES: 9,9 Prozent, mittlerer SES 5,0 Prozent, hoher SES 2,3 Prozent).

Keine Unterschiede gab es allerdings hinsichtlich der Bewegungsempfehlungen der WHO und der Lebenszeitprävalenz des Alkoholkonsums.

Keine einseitige Schuldzuweisung!

"Da davon auszugehen ist, dass soziale Unterschiede im Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen mitunter bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben und zur Entstehung sozialer Unterschiede im Erkrankungs- und Sterbegeschehen beitragen, wird [der] Bekämpfung sozial ungleich verteilter Gesundheitschancen eine große Bedeutung beigemessen", heißt es in der KiGGS-Studie, die vom Robert Koch-Institut erhoben wurde.

Es müsse aber berücksichtigt werden, dass gesundheitsrelevante Verhaltensweisen auch abhängig von strukturellen Bedingungen und Umweltfaktoren sind. So hänge etwa die Wahrscheinlichkeit dafür, ob und wie häufig sich Menschen in ihrer Freizeit im Freien bewegen, auch von der Beschaffenheit der Wohnumgebung ab, (Grünflächen, Spielplätze, Sportangebote, Verkehr oder Sicherheit).

"Werden die komplexen Ursachen des Gesundheitsverhaltens und die Bedeutung der Lebensumstände außer Acht gelassen, besteht die Gefahr einer einseitigen Schuldzuweisung in Richtung der von den meisten Gesundheitsrisiken am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppe", betonen die Studienautoren.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: FIB-4 1,3: numerische 26%ige Risikoreduktion der 3-Punkt-MACE durch Semaglutid 2,4mg

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [17]

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Eine Ärztin hält einen Reagenzstreifen zur Analyse einer Urinprobe in der Hand.

© H_Ko / stock.adobe.com

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Ein älterer Herr, der einen medizinischen Fragebogen ausfüllt.

© buritora / stock.adobe.com

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant