Erfolg einer Therapie läßt sich mit Genchips besser vorhersagen

Wie maligne ist ein Tumor? Wird eine Chemo- oder Hormontherapie das Wachstum stoppen können? Gibt es Besonderheiten im Stoffwechsel des oder der Kranken, welche bei einer medikamentösen Behandlung zu berücksichtigen sind? Solche für die onkologische Praxis wichtigen Fragen lassen sich in Zukunft vermutlich individuell für jeden Kranken beantworten: mit Hilfe von Genchips.

Veröffentlicht:

Nicola Siegmund-Schultze

Bei der Jahrestagung der ASCO zollten die Organisatoren des Kongresses der großen Forschungsaktivität und dem Fortschritt auf dem Gebiet der Pharmacogenomics Tribut, indem sie einen Schwerpunkt daraus machten.

Wie groß das Spektrum der Fragestellungen ist, die genetische Tests künftig beantworten sollen, wurde am Beispiel des Mammakarzinoms deutlich. Das Team um Dennis C. Sgroi vom Massachusetts General Hospital in Boston arbeitet an einem Genchip, mit dem sich das Ansprechen von Brustkrebs-Patientinnen mit positivem Hormonrezeptorstatus (Östrogen- und / oder Progesteron-Rezeptor-positiv) des nicht fernmetastasierten Tumors auf eine adjuvante Tamoxifen-Monotherapie abschätzen läßt. Die Frauen waren zuvor operiert worden. "Im Allgemeinen tritt der Tumor bei circa einem Drittel der operierten Patientinnen trotz Tamoxifen-Monotherapie wieder auf", begründete Sgroi den Ansatz für den Test. Diesen Frauen lasse sich möglicherweise mit anderen Substanzen besser helfen.

Mit Genchips untersuchten die Forscher 24 000 Kandidaten-Gene in histologischen Präparaten, die von 60 Patientinnen stammten. 32 dieser Frauen waren nach Operation und einer Tamoxifen-Behandlung mindestens acht Jahre krankheitsfrei geblieben, bei 28 Patientinnen war der Tumor aber wieder gewachsen. Das Ergebnis der Untersuchung: Das Verhältnis zweier bestimmter Gene zueinander hat den höchsten Vorhersagewert für ein anhaltendes Ansprechen auf Tamoxifen - und zwar das Verhältnis von HOXB13 zu IL17BR. "Je stärker die Expression von HOXB13 im Tumor und je geringer die von IL17BR, desto größer das Risiko, daß der Tumor trotz einer Tamoxifen-Monotherapie wieder auftritt", resümierte Sgroi bei einer Pressekonferenz.

Der Test solle noch in diesem Jahr marktreif werden.

Sensibilitätsprüfungen per Genchip auch für andere gängige Therapien

Auch für andere gängige Therapien bei Brustkrebs arbeiten Forscher an Sensibilitätsprüfungen per Genchip. So fand das Team um Professor Masataka Yoshimoto vom Cancer Institute Hospital in Tokio unter 23 000 Kandidaten-Genen 66 Gene, die eine Vorhersage darüber erlauben, ob Frauen mit Mammakarzinom auf eine neoadjuvante Behandlung mit Paclitaxel ansprechen. In einer kleinen prospektiven Untersuchung mit 34 Patientinnen habe der Vorhersagewert, - um Responder und Non-Responder zu unterscheiden - 97 Prozent betragen, berichtete Yoshimoto.

Die Arbeitsgruppe um Gabriel Horobagyi und Lajos Pusztai vom M. D. Anderson Cancer Center in Houston, Texas, fand per Genchip 74 genetische Marker, mit deren Hilfe sich das Ansprechen von Brustkrebspatientinnen auf eine neoadjuvante, sequentielle Behandlung mit Paclitaxel gefolgt von Fluorouracil plus Doxorubicin und Cyclophosphamid abschätzen läßt. Die Zuverlässigkeit betrug 78 Prozent.

Versuche allerdings, aus verschiedenen Systemen die aussagekräftigsten Gene zu einem optimalen System zu kombinieren, schlugen fehl.

"Wir sind uns einig darin, daß sich mit Gen-Expressions-Chips künftig die Chance für den Erfolg einer Chemotherapie vorhersagen lassen wird", bewertete Professor Patricia Steeg vom National Cancer Institute in Bethesda, Maryland, den Stand der Forschung. "Aber noch gibt es mehr Fragen als Antworten, zum Beispiel, warum die genetischen Marker nur in dem jeweiligen System aussagekräftig sind. Und es fehlen große prospektive Studien, in denen die Tests validiert werden".

Ein Beispiel dafür, wie der genetische Hintergrund eines Patienten den Metabolismus von Krebsmedikamenten und damit möglicherweise deren Effektivität beeinflussen kann, gab Dr. Vered Stearns von der Johns Hopkins School of Medicine in Baltimore. Eine genetische Variante in dem Leberenzym CYP2D6 hemmt bei Frauen mit Brustkrebs den Abbau des Antiöstrogens Tamoxifen in den aktiven Metaboliten Endoxifen.

Die Studie basiert auf Untersuchungen an 80 Patientinnen, die eine adjuvante Tamoxifen-Behandlung erhielten. Nach einem Monat Therapie war bereits ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen jenen zu sehen, die homozygot für die Wildtyp-Form des Gens für CYP2D6 waren, und Frauen mit der Genvariante auf einem oder auf beiden homologen Chromosomen. Am meisten Endoxifen bildeten Patientinnen, die homozygot für die Wildtyp-Form von CYP2D6 waren.

Erhielten sie jedoch zusätzlich CYP2D6-Hemmer wie Sertralin oder Paroxetin, sank die Konzentration des Endoxifens. Venlafaxin, ein bizyklisches Antidepressivum, beeinflußte den Tamoxifen-Metabolismus nicht, so Stearns. Da aber bislang nicht bekannt sei, ob eine geringe Endoxifen-Konzentration das Rezidivrisiko der Frauen erhöhe, werde eine Umstellung der Medikation auf Venlafaxin zur Zeit nicht empfohlen. Eine prospektive Studie zu dieser Fragestellung laufe.

FAZIT

Untersuchungen mit Genchips werden es künftig möglich machen, die Malignität eines Tumors und das Ansprechen von Patienten auf die verschiedenen Therapien vorherzusagen. Auch die Wahrscheinlichkeit für Medikamenten-Interaktionen dürfte sich künftig individuell abschätzen lassen.

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