Studie im Schlaflabor

Der Albtraum vom Nicht-Schlafen

Schlaflosigkeit ließ sich bisher im Labor kaum nachweisen. Forscher der Universitätsklinik Freiburg zeigen jetzt: Schlaflose Nächte finden oft nur im Traum statt. Das macht sie nicht weniger belastend, ermöglicht aber neue Therapien.

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Ist das nur ein böser Traum? Manche Menschen bauen die Sorge vor einer Schlafstörung offenbar in ihre Träume ein.

Ist das nur ein böser Traum? Manche Menschen bauen die Sorge vor einer Schlafstörung offenbar in ihre Träume ein.

© lassedesignen / stock.adobe.com

FREIBURG. Schlaflosigkeit wird von Betroffenen als sehr belastend wahrgenommen. Sie fühlen sich müde, wenig leistungsfähig und unkonzentriert. Doch messen lässt sich die Schlaflosigkeit oft nicht. "Die meisten Patienten, die eine stark ausgeprägte Schlaflosigkeit schildern, schlafen im Schlaflabor rund 80 Prozent des normalen Pensums", wird Dr. Bernd Feige, Forschungsgruppenleiter an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg, in einer Mitteilung des Klinikums zitiert.

Untersuchungen im Schlaflabor

Nach dem Grund für diese Diskrepanz zwischen subjektiver Wahrnehmung und objektiv messbarer Schlafdauer suchen Wissenschaftler seit rund 20 Jahren. Erstmals liefern jetzt Forscher der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg eine objektiv messbare Erklärung, heißt es in der Mitteilung.

Lesen Sie auch: Schlaflose Nächte, übermüdete Nation

Sie beschreiben im Fachmagazin "Sleep" (Sleep 2018; 41,5:zsy032), dass Schlaflosigkeit in vielen Fällen nur ein böser Traum ist.

Für ihre Studie baten die Freiburger Forscher 27 Probanden mit schweren Schlafstörungen und 27 gesunde Schläfer ins Schlaflabor. In den ersten beiden Nächten gewöhnten sich die Probanden an die Umgebung. In den beiden Folgenächten weckten die Forscher die Probanden mit einem Signalton aus der REM-Phase, die ja auch als Traumphase bezeichnet wird.

Sobald sie aufgewacht waren, drückten die Studienteilnehmer einen Knopf, und ein Studienmitarbeiter befragte sie im abgedunkelten Zimmer. Die erste Frage war: "Haben Sie gerade geschlafen oder waren Sie wach?"

Das erstaunliche Resultat: "Obwohl alle Probanden aus dem Traumschlaf geweckt wurden, war sich jeder sechste Proband mit Schlafproblemen sicher, wachgelegen zu haben", sagt Feige. Gesunde Probanden wähnten sich hingegen fast nie wach.

Befragt nach ihrer letzten Erinnerung vor dem Signalton – also nach ihren Träumen –, berichteten die vermeintlich wachen Probanden von quälenden Gedanken darüber, nicht schlafen zu können. "Offensichtlich bauen manche Menschen die Sorge vor einer Schlafstörung in ihre Träume ein. Sie träumen also nur von einer Schlafstörung", sagt Feige.

Hinweise für die Therapie

Bei ihrer Befragung vermieden die Mitarbeiter Begriffe wie "Träumen", "Wecken" und "Schlafen", um den Probanden keinen Hinweis auf ihren Zustand zu geben. "Ganz wichtig ist: Für die Belastung der Patienten macht es keinen Unterschied, ob die Schlafstörung objektiv messbar oder nur im Traum vorhanden ist. Aber die Erkenntnis gibt uns wertvolle Hinweise zur Behandlung der Schlafstörung", sagt Studienleiter Professor Dieter Riemann, Sprecher des Schlafmedizinischen Zentrums am Universitätsklinikum Freiburg.

So können etablierte Traumtherapien den Betroffenen helfen oder auch Medikamente, die auf eine Stärkung der Traumphase abzielen.

"Schlaflosigkeit kann eine schwere Krankheit sein und das Risiko für andere schwere Krankheiten erhöhen, etwa Depression oder Schlaganfall", sagt Riemann. Viele Insomnie-Patienten sind sehr leistungsorientiert, fokussiert und geplant. "Genau diese Strategie funktioniert aber beim Schlaf nicht. Schlaf kommt, wenn man sich von Erwartungen löst", so Riemann. (eb)

Lesen Sie dazu auch: Der frühe Vogel: Schlaflose Nächte, übermüdete Nation

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