Kommentar zu COVID-19-Fällen

Die offiziellen Zahlen täuschen!

Ob vom RKI oder von der Johns-Hopkins-Universität: Das tägliche Zahlenwerk zu den Infektionen durch SARS-CoV-2 verängstigt und verwirrt viele Menschen. Dabei wird gern vergessen: Das ist nur ein Trend.

Thomas MüllerVon Thomas Müller Veröffentlicht:

Jeden Tag starren viele Menschen gebannt auf die Webseite der Johns-Hopkins-Universität zu den aktuellen COVID-19-Fällen: Dabei geben diese Zahlen lediglich einen Trend wieder. Wie viele Menschen wo tatsächlich mit dem neuen Corona-Virus infiziert sind, weiß niemand.

Was die einzelnen Ländern melden, hängt davon ab, was sie testbedingt melden können, und manchmal auch davon, was sie melden wollen. Die einzigen halbwegs harten Daten sind die Sterbestatistiken: Nur ein Bruchteil der Infizierten, aber wahrscheinlich die meisten COVID-19-Toten werden registriert. Aus diesen lassen sich dann ganz andere Infektionszahlen ableiten.

Geht man basierend auf einer aktuellen Analyse davon aus, dass in Europa mit seiner relativ alten Bevölkerung drei Prozent aller COVID-19-Kranken sterben, dann gab es in Italien mit seinen aktuell rund 12.000 COVID-Toten vor zweieinhalb Wochen 400.000 Erkrankte und doppelt so viele Infizierte – denn im Mittel dauert es 18 Tage, bis Infizierte sterben. Am 13. März wurden jedoch in der Summe gerade einmal 17.600 Fälle gemeldet – die tatsächliche Zahl dürfte also knapp 23-mal höher gewesen sein.

Dies erklärt im Wesentlichen die frappierende Diskrepanz zwischen der rechnerisch so hohen Sterberate in Italien und der – noch – so geringen in Deutschland. Bei uns wurde zumindest anfangs intensiv getestet, als die Behörden versuchten, die Kontakte der ersten Infizierten zu isolieren.

Doch das hat sich mittlerweile gravierend geändert. So erhielten bis vor kurzem vielerorts selbst schwerer erkrankte COVID-19-Patienten keinen Test, wenn sie nicht zufällig in Heinsberg oder Italien waren. Auch den deutschen Zahlen sollte folglich niemand mehr trauen, auch bei uns ist die Mortalität bezogen auf die offiziellen Infektionszahlen bereits deutlich im Steigen.

Je weiter die Epidemie um sich greift, umso absurder werden die auf Tests basierenden Angaben. Es wird langsam Zeit, die Diagnose klinisch zu stellen. Die Influenzasaison ist zu Ende, wer jetzt noch eine ausgeprägte Atemwegsinfektion entwickelt, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit COVID-19.

Schreiben Sie dem Autor: thomas.mueller@springer.com

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