Häufiges Spucken - Hinweis auf Milchallergie

Spucken, Schreien, Unruhe - diesen Symptomen von gastroösophagealem Reflux bei Säuglingen und Kleinkindern liegt am häufigsten eine Kuhmilchallergie zugrunde. Deshalb hat nach einem aktuellen Konsens die Abklärung dieser Ursache Priorität.

Von Angela Speth Veröffentlicht:
Spucken bei Babys: bloß Unreife des Ösophagus-Sphinkters oder gar Symptom einer Störung?

Spucken bei Babys: bloß Unreife des Ösophagus-Sphinkters oder gar Symptom einer Störung?

© Yvonne Bogdanski / fotolia.com

POTSDAM. Gastroösophagealer Reflux (GÖR) tritt bei 50 bis 70 Prozent der gesunden Säuglinge auf. Der Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre geht auf eine Unreife des Ösophagus-Sphinkters zurück. Gelangt der Speisebrei bis in Mund oder Pharynx, spricht man von Spucken (Regurgitation), erläuterte Dr. Kirsten Beyer bei der 106. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin in Potsdam.

Eine gastrointestinale Refluxkrankheit (GÖRK) liegt nach einem internationalen evidenzbasierten Konsenspapier dann vor, wenn es zu Beschwerden oder Komplikationen wie Ösophagitis kommt (Monatsschrift Kinderheilkunde 2010; 158: 164). GÖRK-Symptome sind: Spucken mehr als fünf Mal täglich, Nahrungsverweigerung, Schreien, Unruhe, Bauchschmerzen, Erbrechen, Husten, Verschlucken, Schluckauf, Schlaf-, Gedeih- und chronische respiratorische Störungen. Beyer wies allerdings darauf hin, dass Kinder unter acht Jahren Refluxsymptome nicht verlässlich angeben können.

Als Auslöser einer GÖRK kommen Nahrungsallergien, Fehlbildungen, neurologische Erkrankungen oder zystische Fibrose in Betracht. Bei etwa der Hälfte der Kinder mit GÖRK ist die Ursache eine Kuhmilchallergie (KMA). Deren Prävalenz schwankt bei Kindern bis vier Jahre erheblich: 1 bis 2 Prozent sind es im Süden Europas, 4 bis 8 Prozent im Norden, hat die große Studie EuroPrevall ergeben (www.europrevall.org).

Eine KMA kann sich nicht nur als gastrointestinale Störung äußern, die dann selten IgE-vermittelt ist, berichtete Beyer. Eine weitere potenzielle Manifestation ist die atopische Dermatitis, wobei ein mittlerer Anteil der Patienten IgE-Antikörper aufweist. Möglich sind auch - meist IgE-assoziierte - Sofortallergien, die in vielen Organen Symptome auslösen können, etwa in Haut und Gewebe Juckreiz und Quincke-Ödem, im Atemtrakt Niesen oder Giemen.

Da eine GÖRK am häufigsten auf einer Kuhmilchallergie basiert, empfahl die Allergologin von der Charité Berlin deren Abklärung als erste diagnostische Maßnahme. Für die Praxis schlug sie vor: Familienanamnese, Erheben der Symptome und eventuell Allergietests, die allerdings kein zuverlässiges Urteil erlauben.

Die beste Diagnose-Methode sei daher eine Eliminationsdiät mit einer Nahrung aus freien non-allergenen Aminosäuren (Neocate), sagte Beyer auf einem Symposium des Unternehmens Nutricia. Haben sich die Beschwerden nach zwei bis vier Wochen gebessert, sei eine erneute sorgfältig überwachte Provokation mit Kuhmilch angezeigt. Bei eindeutigen oder schweren Sofortreaktionen und hohen IgE-Werten erfolgt für sechs bis 18 Monate eine therapeutische Diät mit den Aminosäure-Formula. In Studien schrien damit gefütterte Babys bereits nach zehn Tagen signifikant kürzer und spuckten seltener. Extensive Kuhmilchhydrolysate eignen sich Beyer zufolge nur bedingt für Diagnose und Behandlung der Kuhmilchallergie, weil sie eine Restallergenität besitzen, sodass 40 Prozent der Kinder weiter gastrointestinale Symptome haben. Schafs- oder Ziegenmilch sei wegen Kreuzreaktionen ebenfalls unangebracht.

Beyer riet zu jährlichen Überprüfungen, da die Allergie bei den meisten Kindern mit der Zeit abklingt. Bis dahin sei besonders mit abgepackten Lebensmitteln Vorsicht geboten, denn viele, etwa Orangengetränke, enthalten Milchbestandteile, ohne dass dies, zumal für Kinder, ersichtlich ist. Hier helfe nur ein genauer Blick auf den Packungsaufdruck, denn solche Zusätze sind kennzeichnungspflichtig. Eine Kuhmilchallergie sei bei Kleinkindern auch die häufigste Ursache einer Anaphylaxie. Meist tritt sie nicht aus heiterem Himmel auf, sondern die Kinder hatten vorher schon Symptome wie Quaddeln oder generalisierte Urticaria oder verweigerten Milchprodukte.

Ihr Newsletter zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: FIB-4 1,3: numerische 26%ige Risikoreduktion der 3-Punkt-MACE durch Semaglutid 2,4mg

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [17]

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Wie ein gutes Offboarding gelingt

Wenn Mitarbeiter gehen: Praxisteams sollten diese acht Punkte beachten

Lesetipps
Ein älterer Herr, der einen medizinischen Fragebogen ausfüllt.

© buritora / stock.adobe.com

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant