Künstliche Lunge kommt ganz ohne Pumpe aus

HAMBURG (cin). Patienten, die maschinell beatmet werden müssen, profitieren von der zusätzlichen Anwendung einer kleinen, handlichen Künstlichen Lunge. Das Lungenersatzsystem wird seit 2001 zunehmend in Deutschland angewandt. Es reduziert durch maschinelle Beatmung verursachte Lungenschäden.

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Auch am Uniklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) ist nun der erste Patient mit dem Lungenersatzsystem behandelt worden: Der 61jährige Mann hatte nach einer Op ein ARDS (acute respiratory distress syndrome) entwickelt. "Mit maschineller Beatmung wird in diesen Fällen die Lunge meist noch mehr geschädigt", erklärte Dr. Axel Nierhaus im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Das neue extrakorporale Lungenersatzsystem - etwa groß wie ein tragbares Langzeitmeßgerät für Blutdruck, Puls, EKG und Atemfrequenz - wird mit Kanülen an die Arteria und Vena femoralis angeschlossen. Durch den Druckunterschied zwischen Arterie und Vene wird das Blut durch die Künstliche Lunge gespült. Gas und Blut werden dabei von einer Membran mit niedrigem Widerstand getrennt.

"Das Besondere ist, daß das System nicht mit Pumpen betrieben wird und einen sehr niedrigen Widerstand hat. So reicht der patienteneigene Blutdruck aus, um das Blut durch das System zu treiben", so Nierhaus. Ein weiterer Vorteil: Patienten müssen nicht antikoaguliert werden. Die Heparinbeschichtung des Systems reiche aus.

2003 erhielt das Unternehmen Novalung die CE-Zulassung für den Novalung®iLA Membranventilator. 1,5 Liter werden pro Minute durch das System gespült - etwa ein Viertel bis ein Fünftel des Herzzeitvolumens. Nierhaus: "Das bedeutet zwar, daß eine komplette Oxygenierung mit der künstlichen Lunge nicht möglich ist und der Patient zusätzlich maschinell beatmet werden muß. Aber die Beatmungsparameter können entschärft werden." Die CO2-Eliminierung erfolge aber fast vollständig mit dem Ersatzsystem.

So konnten nach Anschluß des Patienten an die Künstliche Lunge in kürzester Zeit die Beatmungsdrücke reduziert werden: der Inspirationsdruck von 30 mbar auf unter 25 mbar, das Atemminutenvolumen von 10 l auf 2,6 l. Innerhalb weniger Tage konnte der Gasfluß des Lungenersatzsystems langsam auf Null gesenkt werden. "Derzeit atmet der Patient selbstständig an der Maschine und ist ansprechbar." Er brauche noch 40 Prozent Sauerstoff über den Ventilator (zu Beginn 80 Prozent) und sei auf dem Weg der Besserung.

Das neue System, mit dem bisher in Deutschland 1100 Patienten behandelt wurden, eigne sich etwa zur Therapie bei ARDS oder für Patienten, die kurz vor der Lungentransplantation stehen. Für Patienten mit Tumoren im Endstadium oder Multimorbidität und schlechter Prognose sei es wenig sinnvoll, so Nierhaus. Gerätespezifische unerwünschte Wirkungen seien nicht beschrieben. "Probleme können wie bei jeder Gefäßpunktion oder durch die Verweilkatheter entstehen."

Weitere Informationen auf dem Pneumologenkongreß oder unter www.novalung.de

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kongreßwissen für die Praxis

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