Neue Antikoagulanzien - bei KHK ein Flop?

In der Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern glänzen neue Antikoagulanzien mit Erfolgen. Beim akuten Koronarsyndrom sieht es derzeit anders aus.

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:
Patient mit Herzinfarkt im Krankenwagen. Ob neue orale Antikoagulanzien die Therapie verbessern, ist noch unklar.

Patient mit Herzinfarkt im Krankenwagen. Ob neue orale Antikoagulanzien die Therapie verbessern, ist noch unklar.

© Mathias Ernert, DRK

NEU-ISENBURG. Neue orale Gerinnungshemmer sind in Studien zur Prophylaxe und Behandlung von venösen Thromboembolien und zur Schlaganfall-Prophylaxe bei Vorhofflimmern mit Erfolg untersucht worden. Beim akuten Koronarsyndrom scheint es hingegen schwieriger zu sein, für diese Antikoagulanzien die richtige Balance zwischen Nutzen und Risiko im Konzert mit anderen Antithrombotika zu finden.

Im Vergleich etwa zur Prävention venöser Thromboembolien oder zur Embolieprophylaxe bei Vorhofflimmern ist die antithrombotische Therapie beim akuten Koronarsyndrom (Myokardinfarkt, instabile Angina) komplexer. Zur möglichen Hemmung der plasmatischen Gerinnung gesellt sich hier die Hemmung der Thrombozytenaggregation.

Antithrombotische Standardtherapie zur Vorbeugung ischämischer Rezidivereignisse ist die duale Plättchenhemmung mit ASS und Clopidogrel. Mit Prasugrel und Ticagrelor sind in jüngster Zeit zwei Alternativen zur Clopidogrel-Therapie bei akutem Koronarsyndrom ins Spiel gekommen.

Auf Seiten der Gerinnungshemmer bieten sich Substanzen wie unfraktioniertes Heparin (UFH), Enoxaparin, Fondaparinux oder Bivalirudin als Therapieoptionen an.

Erwartungen an Thrombin- und Faktor-Xa-Hemmer

Mit der Entwicklung direkter Thrombinhemmer (Dabigatran) und Faktor-Xa-Hemmer (Apixaban, Rivaroxaban) ist ein Repertoire an neuen oralen Antikoagulanzien geschaffen worden, die auch als mögliche Kandidaten zur Verbesserung der Therapie bei akutem Koronarsyndrom in Betracht kommen.

Ob sie diese Hoffnung erfüllen können, ist noch unklar. Die bisher vorliegenden Studienergebnisse stimmen allerdings nicht allzu optimistisch. Aktuell sind die Ergebnisse der im November 2010 vorzeitig abgebrochenen Phase-III-Studie APPRAISE-2 publiziert worden (NEJM 2011, online).

In dieser Studie führte die Behandlung mit Apixaban (zweimal 5 mg/Tag) zu einer signifikanten Zunahme von schwerwiegenden Blutungen, ohne dass dieser Nachteil durch eine substanzielle Reduktion von ischämischen Ereignissen aufgewogen wurde.

Zum Zeitpunkt des Abbruchs waren 7392 Patienten mit akutem Koronarsyndrom in die Studie aufgenommen worden, die im Median 241 Tage lang mit Apixaban oder Placebo zusätzlich zur Standardtherapie behandelt worden waren. Die Rate der in dieser Zeit beobachteten schweren Blutungskomplikationen betrug 1,3 Prozent (2,4 Ereignisse pro 100 Patienten/Jahr) im Apixaban-Arm und 0,5 Prozent (0,9 Ereignisse pro 100 Patienten/Jahr) im Placebo-Arm.

Die Rate für den primären Wirksamkeitsendpunkt (kardiovaskulär bedingter Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall) war in der Apixaban-Gruppe nur marginal niedriger als in der Placebo-Gruppe (7,5 versus 7,9 Prozent).

Unter den neuen oralen Gerinnungshemmern hat es außer Apixaban bislang nur Rivaroxaban bis zur klinischen Prüfung in einer Phase-III-Studie bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom geschafft. In einer Phase-II-Studie (ATLAS-ACS-TIMI 46) war ebenfalls eine dosisabhängige Zunahme von Blutungskomplikationen beobachtet worden.

Gleichwohl wagte der Hersteller Bayer den Schritt, Rivaroxaban in niedriger Dosierung in einer großen Phase-III-Studie (ATLAS-ACS 2 TIMI 51) mit knapp 16 000 Patienten auf seinen Nutzen bei akutem Koronarsyndrom zu untersuchen. Ergebnisse werden Ende 2011 erwartet.

Mit Rivaroxaban läuft noch eine große Studie

In dieser Studie werden die Patienten danach stratifiziert, ob sie den Thrombozytenhemmer ASS allein oder in Kombination mit einem Thienopyridin (duale Plättchenhemmung) erhalten. Rivaroxaban wird in zwei Dosierungen (2,5 mg oder 5 mg, jeweils zweimal täglich) getestet.

Auch für den Thrombinhemmer Dabigatran liegen Ergebnisse einer Phase-II-Studie (REDEEM) bei akutem Koronarsyndrom vor. Die Untersucher bescheinigten Dabigatran, das in vier unterschiedlichen Dosierungen gegeben wurde, mit Blick auf Blutungen ein "akzeptables" Risikoprofil. Eine Phase-III-Studie scheint dennoch derzeit nicht auf der Tagesordnung der Forschung zu stehen.

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