Vorhofflimmern plus Stent

Ohne ASS weniger Todesfälle

Eine Studie, die über Nacht die klinische Praxis verändern könnte: Bei oral antikoagulierten Patienten, die einen Koronarstent benötigen, reichen Antikoagulans und Clopidogrel aus, um die Gerinnung in Schach zu halten. Ohne ASS steigt sogar die Chance, länger zu überleben.

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Stent-Implantation: Braucht es ASS, wenn bereits eine orale Antikoagulation gegeben wird?

Stent-Implantation: Braucht es ASS, wenn bereits eine orale Antikoagulation gegeben wird?

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MÜNCHEN (DE). "Das ist ein Block-Buster-Vortrag, der die klinische Praxis über Nacht und die Leitlinien bei nächster Gelegenheit verändern wird", kommentierte kein geringerer als der Präsident des American College of Cardiology (ACC), Professor David Holmes von der Mayo Clinic in Rochester, die Ergebnisse der beim ESC-Kongress 2012 in München vorgestellten WOEST-Studie.

Es geht um ein häufiges klinisches Problem: Ein Patient, der etwa wegen Vorhofflimmern oder mechanischen Herzklappen oral antikoaguliert werden muss, erkrankt zusätzlich an einer koronaren Herzkrankheit und wird mit einem Koronarstent versorgt.

Nun benötigt er laut Leitlinie zusätzlich zwei Thrombozytenhemmer. Doch unter insgesamt drei Hemmern der Blutgerinnung droht das Blutungsrisiko anzusteigen.

Bei Verzicht auf die orale Antikoagulation steigt das Schlaganfall-Risiko, bei Reduktion der Thrombozytenhemmung eventuell eine Stentthrombose.

Die randomisierte niederländische WOEST-Studie untersuchte erstmals bei 573 antikoagulierten Patienten, die aufgrund einer KHK eine Koronarintervention mit Stent erhielten, ob bei diesen Patienten auf ASS verzichtet werden kann.

Die Hälfte der Patienten erhielt Antikoagulation plus Clopidogrel, die andere Hälfte zusätzlich ASS. So behandelt wurde ein Jahr nach Implantation eines beschichteten Stents (DES, zwei Drittel der Patienten), oder mindestens ein Monat nach Positionierung eines unbeschichteten Stents (BMS, ein Drittel der Patienten).

Bei 25 Prozent der Patienten lag ein ACS vor. Das Follow-up betrug ein Jahr.

Signifikanter Überlebensvorteil

Die Autoren um Professor Willem Dewilde vom Tweesteden Hospital im niederländischen Tilburg erhofften sich, dass bei Verzicht auf ASS das Blutungsrisiko sinkt, ohne dass die thrombotischen Komplikationen ansteigen.

Doch die Ergebnisse übertrafen die Erwartungen, denn die Patienten hatten sogar einen Mortalitätsvorteil: 2,6 versus 6,4 Prozent der Patienten waren nach einem Jahr verstorben (p=0,027).

Blutungen waren nach einem Jahr mit 19,5 versus 44,9 Prozent ebenfalls signifikant seltener aufgetreten, wenn ASS weggelassen wurde.

Den Unterschied machten allerdings überwiegend leichtere Blutungen der Haut und des Gastrointestinaltraktes aus. Schwere Blutungen waren nur im Trend seltener (3,3 versus 5,8 Prozent). In beiden Gruppen gab es drei intrakranielle Blutungen.

Ein Trend zu weniger thrombotischen Komplikationen

Der Sicherheitsvorteil musste nicht mit einem Wirksamkeitsverlust erkauft werden, im Gegenteil: Überraschenderweise waren Herzinfarkte (3,3 versus 4,7 Prozent), Schlaganfälle (1,1 versus 2,9 Prozent) und Stent-Thrombosen (1,5 versus 3,2 Prozent) unter dem Zwei-Medikamenten-Regime seltener als unter dem Drei-Medikamenten-Regime.

Der kombinierte sekundäre Endpunkt (Tod, Infarkt, Schlaganfall, Stentthrombose, Revaskularisierung) war in Summe mit 11,3 Prozent unter dualer Therapie signifikant seltener (p=0,025) als unter der Triple-Therapie mit 17,7 Prozent.

Allerdings war die Studie zu klein, um statistisch Nicht-Unterlegenheit bei diesem Endpunkt zu beweisen.

Die Frage ist nun: Können diese Daten auch extrapoliert werden auf Patienten, die statt Clopidogrel Ticagrelor oder Prasugrel erhalten, oder auf Patienten, die statt Vitamin-K-Antagonisten Dabigatran oder Rivaroxaban erhalten?

Aufgrund der fehlenden Daten wäre das ein wenig zu weit extrapoliert, warnte Holmes.

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