Rheuma plus Fibromyalgie - Komorbidität gibt Rätsel auf

Das Fibromyalgie-Syndrom kommt überzufällig häufig mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen vor. Das kann Diagnose und Therapie erschweren.

Von Wiebke Kathmann Veröffentlicht:
Schmerzen an Gelenken und auch Muskeln sind nur eines der Symptome eines Fibromyalgie-Syndroms. © sebastian kaulitzki / fotolia.com

Schmerzen an Gelenken und auch Muskeln sind nur eines der Symptome eines Fibromyalgie-Syndroms. © sebastian kaulitzki / fotolia.com

© sebastian kaulitzki / fotolia.com

KÖLN. Auf Zusammenhänge zwischen Fibromyalgie-Syndrom (FMS) und Rheuma wies Dr. Wolfgang Brückle von der Rheumaklinik in Bad Nenndorf beim Rheuma-Kongress in Köln hin. Daten aus der wissenschaftlichen Literatur belegen eine Komorbidität des FMS besonders mit der Rheumatoiden Arthritis (RA), dem systemischen Lupus erythematodes (SLE) und dem primären Sjögren-Syndrom, seltener mit Spondylarthritiden.

Die Prävalenz des FMS beträgt bei RA-Patienten etwa sechs Prozent, in der Allgemeinbevölkerung drei Prozent. Bei RA-Patienten in der Klinik kann sie sogar bei 15 Prozent liegen, wobei bisher nicht klar belegt ist, ob es einen Zusammenhang mit der Krankheitsaktivität gibt. Die klinische Erfahrung scheint dafür zu sprechen.

Mit Blick auf potenzielle Fehldiagnosen wies Brückle darauf hin, dass gerade bei älteren Menschen, die erhöhte antinukleäre Antikörper (ANA) aufweisen und Rheumafaktor-positiv sind, die Triggerpunkt-Symptomatik fälschlich zur Diagnose einer entzündlich rheumatischen Erkrankung führen könne. Eine Spondylarthropathie könne vorgetäuscht werden, wenn eine Tendopathie im Kontext eines positiven Nachweises des Gewebsantigens HLA-B 27 als Enthesopathie eingestuft würde.

Für gravierender hält Brückle aber die Auswirkungen der Komorbidität des Fibromyalgie-Snydroms mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen auf die Therapie. Es bestehe die Gefahr, wegen der zu hoch eingestuften Krankheitsaktivität (etwa im DAS 28* oder BASDAI**) inadäquate Therapien einzuleiten. Das führe nicht nur zu unnötigen Kosten für das Gesundheitssystem, sondern gefährde die Patienten durch ein höheres Risiko von Nebenwirkungen.

Grund für die Fehleinschätzung ist laut Brückle der in den Scores enthaltene hohe Anteil an subjektiven Schmerz-korrelierten Variablen. Die Schwellenwerte können dadurch signifikant erhöht sein, wie eine Studie von Coury F. et al. (J Rheumatol 36, 2009, 58) zeigen konnte. Gegenüber reinen RA-Patienten wiesen jene mit RA-FMS-Komorbidität signifikant schlechtere Werte für druckschmerzhafte Gelenke, Morgensteifigkeit, Müdigkeit und Erschöpfung auf. Für die Parameter geschwollene Gelenke - gerade diffuse Schwellungen der Fußgelenke sind seiner Erfahrung nach bei FMS-Patienten recht häufig - und CRP ergab sich ein Trend zu ungünstigeren Werten.

Generell ist als Schutz vor einer Überbewertung der Krankheitsaktivität bei RA plus FMS Erfahrung mit dem FMS erforderlich. Konkret riet Brückle dazu, den Patienten selbst klinisch intensiv zu untersuchen. Wenn erforderlich, sollten zusätzlich Doppler-Sono und MRT gemacht werden, um die Frage einer Synovialitis als Schmerzursache klären zu können.

Ein Hinweis auf eine Überbewertung könne ein inadäquates Ansprechen auf die medikamentöse Therapie, insbesondere auf Biologika sein. In diesen Fällen sollte nach der Schmerzkomponente gesucht und der Schwerpunkt der Behandlung auf das FMS statt der entzündlichen Komponente gelegt werden. *DAS 28: Disease Activity Score 28 zur Aktivitätsbestimmung bei RA **BASDAI: Bath Ankylosing Spondylitis Activity Score zur Aktivitätsbestimmung bei Spondylarthritiden

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!