Ungesunde Erziehungsmethoden

Schläge machen krank

Wenn Eltern Gewalt anwenden, um ihre Kinder zu disziplinieren, sorgen sie dadurch für bleibende Schäden beim Nachwuchs - nicht nur psychisch, sondern auch physisch.

Veröffentlicht:
Gewalt hinterlässt bleibende Schäden.

Gewalt hinterlässt bleibende Schäden.

© begsteiger / imago

WINNIPEG. In Deutschland haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Aus gutem Grund: Die Disziplinierung durch Anwendung von Gewalt sorgt für bleibende Schäden. Einer neuen Studie zufolge sind diese Schäden nicht nur psychischer, sondern auch physischer Natur.

Eltern, die Fehlverhalten ihrer Kindern mit einem Klaps, einem Schlag oder hartem Zupacken quittieren, schaden der Entwicklung ihrer Kinder. Ein Zusammenhang mit Aggression, Delinquenz und psychischen Störungen ist mehrfach nachgewiesen.

Darüber hinaus haben körperlich bestrafte Kinder als Erwachsene aber auch mehr körperliche Leiden. Insbesondere von kardiovaskulären Erkrankungen, Arthritis und Adipositas sind sie einer neuen Studie zufolge häufiger betroffen.

Die Studie basiert auf einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe aus den USA, wo körperliche Züchtigung nicht verboten ist.

Mehr als 34.000 Studienteilnehmer

Mehr als 34.000 US-Amerikaner über 19 Jahre waren nach ihren Kindheitserfahrungen mit physischer Gewalt sowie ihren gesundheitlichen Beschwerden im letzten Jahr befragt worden.

Von einer strengen körperlichen Bestrafung ging man aus, wenn die Frage "Wie oft hat ein Elternteil sie geschubst, gestoßen, gepackt, ihnen einen Klaps gegeben oder sie geschlagen?" zumindest mit "manchmal" beantwortet wurde.

Ein solches Verhalten der Eltern, aber ohne gravierendere Misshandlungen - mit der Folge von Blutergüssen und Verletzungen - lag bei 3,6% der Kinder vor (Pediatrics 2013; online 15. Juli).

Zwar sind Familien, in denen "es Schläge setzt", eher dysfunktional, d.h. die Eltern haben Erfahrungen mit Gefängnis, Drogen oder psychischen Erkrankungen, was an sich dem Kindeswohl abträglich ist.

Außerdem können Körperstrafen indirekt über die psychischen Beeinträchtigungen dem physischen Befinden schaden. Trotzdem lässt sich der schlechtere Gesundheitszustand offenbar nur teilweise damit erklären.

Auch wenn derartige Risikofaktoren in der aktuellen Studie berücksichtigt wurden, war die Assoziation zwischen strenger körperlicher Bestrafung und späteren Gesundheitsschäden zwar schwächer, aber immer noch vorhanden.

Die Odds Ratios für kardiovaskuläre Erkrankungen, Arthritis und Adipositas bewegten sich dann im Bereich zwischen 1,20 und 1,38.

Erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Diabetes und Co.

Erwachsene, die als Kinder misshandelt worden waren, hatten außer für diese Erkrankungen auch ein erhöhtes Risiko für Arteriosklerose, Bluthochdruck, Diabetes sowie Erkrankungen der Leber und des Magen-Darm-Trakts.

Interessanterweise war aber ihr Risiko für keine der untersuchten Krankheiten signifikant höher als das von Erwachsenen, die als Kinder körperlich diszipliniert worden waren.

Als mögliches Bindeglied zwischen körperlicher Strafe und körperlichen Leiden sehen die Studienautoren um Dr. Tracie O. Afifi von der Universität Manitoba eine verstärkte Stressantwort mit erhöhten Kortisolspiegeln und Anstieg von Herzfrequenz und Blutdruck.

Aber auch eine veränderte Schlafstruktur oder die Neigung der Kinder zu Hochrisikoverhalten könnten eine Rolle spielen. Eindeutig ist jedenfalls das Fazit von Afifi und Kollegen, was die Erziehung betrifft: "Körperliche Strafen sollten bei Kindern in keinem Alter angewendet werden." (bs)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Nicht-medikamentöse Behandlung

Sport bei Kniegelenksarthrose? Move it or loose it!

Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

© Dr_Microbe / stock.adobe.com

Entwicklungen in der Therapie neuromuskulärer Erkrankungen

Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Abb. 1: a) Verlauf einer Gruppe unbehandelter Personen, b) 5-Jahres-Daten der SUNFISH-Studie Teil1, c) Teil2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Therapie der 5q-assoziierten SMA

Risdiplam-Filmtabletten: flexiblere Anwendung im Alltag

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Wie kann man Impfskeptiker überzeugen?

© Porträt: privat | Spritze: Fied

Sie fragen – Experten antworten

Wie kann man Impfskeptiker überzeugen?

Ein Mann greift sich an den Fuß.

© Jan-Otto / Getty Images / iStock

Therapievergleich

Akuter Gichtanfall: Am Ende machen alle Wirkstoffe ihren Job