Corona-Splitter der KW 40/2021

Telemedizin: Ohrsensor kann COVID-Kranke sicher überwachen

Auch COVID-19-Patienten mit Risiko für einen schweren Verlauf können ambulant sicher telemedizinisch betreut werden. Das zeigt eine Pilotstudie der TU München.

Anne BäurleVon Anne Bäurle und Wolfgang GeisselWolfgang Geissel und Marco MrusekMarco Mrusek Veröffentlicht:
Impfausweis mit Comirnaty-Eintrag: Welcher ist immunogener – der Corona-Impfstoff von BioNTech oder der von Moderna?

Der Ohrsensor wird wie ein Hörgerät hinter dem Ohr getragen. Alle 15 Minuten übermittelt er die wichtigsten Vital-Werte an ein Klinik-Zentrum. Verschlechtern sich diese, wird der Patient kontaktiert und bei Bedarf stationär eingewiesen.

© Andreas Heddergott / TUM

Update vom 8. Oktober

COVID-19-Kranke können telemedizinisch betreut werden – von Beginn der häuslichen Isolation bis zur Genesung oder, bei Komplikationen, bis zur Einweisung in die Klinik. Das hat ein Team der Technischen Universität München (TUM) nun in einer Studie an 153 Patienten mit mindestens einem Risikofaktor für einen schweren Verlauf belegt. Ein Ohrsensor erfasste in der Studie alle 15 Minuten Temperatur, Herzschlag, Atmung und Sauerstoffsättigung und übermittelte diese an das Telemedizinische Zentrum des Klinikums rechts der Isar, berichtet die TUM. Dort beobachtete das Team permanent alle eingehenden Werte. Zusätzlich wurde jeder Teilnehmer mindestens einmal am Tag angerufen und nach seinem Befinden befragt. Bemerkte das Team eine Verschlechterung der Werte, rief es den Patienten an. Ein Arzt traf dann die Entscheidung, ob eine Einweisung in eine Klinik nötig war oder nicht. Ungefähr jeder achte Teilnehmer musste im Verlauf der Studie eingewiesen werden. „Interessanterweise gab die Mehrzahl dieser Patienten später an, dass sie selber zu dem Zeitpunkt noch gar nicht gemerkt hatten, wie schlecht es ihnen ging“, berichtet die TUM. Die Studie zeige, dass COVID-Risikopatienten effektiv telemedizinisch überwacht werden können. Damit könnten bei zukünftigen Infektionswellen Ressourcen eingespart werden (PLOS One 2021; online 24. September).

Update vom 7. Oktober

„COVID-Zehen“ mit den Frostbeulen-ähnlichen Hautveränderungen sind offenbar Ursache einer fehlgeleiteten Immunreaktion auf SARS-CoV-2. Das berichtet ein Team vom Hôpital Saint-Louis in Paris. Den Ergebnissen ihrer Studie zufolge stehen dabei zwei Bestandteile des Immunsystems im Mittelpunkt: Interferon-1, das bei Betroffenen vermehrt gebildet wird, und IgA-Autoantikörper. Auch Veränderungen im Endothel scheinen bei der klinischen Manifestation eine Rolle zu spielen. An der Studie nahmen 50 Personen mit COVID-Zehen teil sowie 13 Kontrollpersonen mit ähnlichen Hautveränderungen, die allerdings vor der Corona-Pandemie aufgetreten waren. Dr. Veronique Bataille, Sprecherin der British Skin Foundation, sagte der BBC, Covid-Zehen seien in der frühen Phase der Pandemie häufig beobachtet worden. In der aktuellen Welle, bei der die Delta-Variante vorherrsche, seien sie jedoch seltener berichtet worden (British J Derm 2021; online 5. Oktober).

Update vom 6. Oktober

Menschen, die eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben, sind nach einer Impfung mit mRNA-Vakzinen wohl besser geschützt als vollständig Geimpfte, die sich zuvor nicht mit dem Coronavirus infiziert haben. Die Immunantwort fällt bei Rekonvaleszenten deutlich stärker aus, da sie bereits vor der Impfung Gedächtnis-B-Zellen gebildet haben, die zudem Antikörper bilden, die spezifischer und damit „fester“ an das Spike-Protein von SARS-CoV-2 binden können. Das hat eine Studie der University of Minnesota Medical School ergeben, die die Immunantwort von Geimpften mit und ohne vorherige Corona-Infektion miteinander verglichen hat. Das Team betont aber, dass die mRNA-Impfstoffe auch bei zuvor Nicht-Infizierten eine sehr gute Immunantwort induzieren (Cell Reports 2021; online 25. September).

Rekonvaleszentenplasma hat bei schwerkranken COVID-Patienten keinen positiven Effekt. Das hat die REMAP-CAP-Studie jetzt bestätigt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellen keinen signifikanten Unterschied bei Todesrate und Tagen ohne organunterstützende Therapie zwischen COVID-Kranken mit und ohne Plasmatherapie fest: Die Mortalität während des Klinikaufenthalts lag bei den mit Rekonvaleszentenplasma behandelten, intensivpflichtigen COVID-Kranken bei 37,3 Prozent (401/1075) und bei den nicht mit Rekonvaleszentenplasma Behandelten bei 38,4 (347/904). Die Tage, an denen die Betroffenen keine organunterstützende Therapie benötigten, lag in beiden Gruppen bei 14 Tagen. Nach zwei negativen Studien (auch die RECOVERY-Studie war zu ähnlichen Ergebnissen gekommen) dürfte die Plasmatherapie damit keinen Stellenwert in der Therapie bei schwerer COVID haben (JAMA Network 2021; online 4. Oktober).

Update vom 5. Oktober

Eine Grundimmunisierung mit Comirnaty® schützt mindestens über sechs Monate hocheffektiv vor Hospitalisierung aufgrund jeglicher SARS-CoV-2-Variante. Der Schutz vor Infektion nimmt allerdings ab – von 88 Prozent im ersten Monat nach Grundimmunisierung auf 47 Prozent nach fünf Monaten. Dies gilt auch für die Delta-Variante (die ja auch in Deutschland die dominierende Virusvariante ist), hier lag der Schutz vor Infektion einen Monat nach Grundimmunisierung bei 93 Prozent und nahm bis zum fünften Monat nach Grundimmunisierung auf 67 Prozent ab. Für die Studie wurden fast fünf Millionen vollständige geimpfte Personen über acht Monate (von Dezember 2020 bis August 2021) nachverfolgt (Lancet 2021; online 4. Oktober).

Das Risiko einer Myokarditis ist für junge Männer vor allem nach der zweiten Impfung mit einer mRNA-Vakzine erhöht, insgesamt handelt es sich aber um ein sehr seltenes Ereignis. Ein Team um Dr. Anthony Simone hat Daten von 2,4 Millionen Versicherten der Kaiser Permanente Southern California (KPSC) analysiert, die mindestens eine Dosis eines mRNA-Impfstoffs erhalten hatten, und zwar je zur Hälfte Comirnaty® oder Spikevax®. 46 Prozent der Studienteilnehmenden waren Männer, wobei 36 Prozent jünger als 40 Jahre alt waren. Insgesamt traten 15 Fälle von Myokarditis innerhalb von 10 Tagen nach Immunisierung auf, 2 nach der ersten und 13 nach der zweiten mRNA-Impfung. Alle Fälle betrafen Männer, das mittlere Alter lag bei 25 Jahren. Nach der ersten Impfdosis lag das Risiko bei Männern für eine Myokarditis somit bei 0,8 pro 1 Million Dosen, nach der zweiten bei 5,8 pro 1 Million Dosen. Bei allen Männern besserten sich die Symptome, keiner musste intensivmedizinisch betreut werden. Grundsätzlich handle es sich um ein sehr seltenes Ereignis nach der Impfung, betont das Team. Auch das Paul-Ehrlich-Institut bewertet unter Berücksichtigung der Seltenheit der Fälle und dem meist milden Verlauf das Nutzen-Risiko-Verhältnis der mRNA-Impfstoffe positiv (JAMA Intern Med 2021; online 4.Oktober).

Update vom 4. Oktober

Nach der dritten COVID-Impfung treten unerwünschte Wirkungen offenbar nicht häufiger auf als nach der zweiten. Darauf deuten Daten der „v-Safe“-App, in der Geimpfte in den USA unerwünschte Wirkungen nach einer COVID-Impfung dokumentieren können. Die US-Seuchenbehörde CDC hat Daten von rund 12.000 Menschen, die eine dritte Corona-Impfung erhalten haben, nun ausgewertet. Ergebnis: Nach der dritten Impfung berichteten 79,4 Prozent von lokalen unerwünschten Wirkungen und 74,1 Prozent von systemischen unerwünschten Reaktionen (hier wurden am häufigsten Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen genannt). Nach der zweiten Impfung hatte ein vergleichbar hoher Anteil der Impflinge über derartige Nebenwirkungen berichtet (77,6 beziehungsweise 76,5 Prozent). Die meisten Personen (97,6 Prozent) hatten eine dritte Dosis mit derselben mRNA-Vakzine erhalten, mit der auch die Grundimmunisierung durchgeführt worden war. Die dritte Dosis war im Mittel 182 Tage nach der zweiten Dosis verabreicht worden (MMWR 2021; online 1. Oktober).

Liebe Leser, wir fassen die Corona-Studienlage wöchentlich zusammen. Eine Übersicht mit allen bereits veröffentlichten COVID-19-Splittern der vergangenen Wochen und Monate finden Sie hier:

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