Früherkennung

Vier Fragen entlarven Darmkrebsrisiko

Wer Verwandte ersten Grades hat, die an Darmkrebs erkrankt sind oder waren, hat ein erhöhtes Risiko, ebenfalls daran zu erkranken. Der Hausarztbesuch ist eine gute Gelegenheit, diese Menschen zu erkennen und ihnen risikoadaptiert Früherkennungsmaßnahmen anzubieten.

Von Günter Löffelmann Veröffentlicht:
Hausärzte könnten eine Schlüsselrolle in einem organisierten Screeningprogramm auf familiären Darmkrebs einnehmen.

Hausärzte könnten eine Schlüsselrolle in einem organisierten Screeningprogramm auf familiären Darmkrebs einnehmen.

© WavebreakMediaMicro / fotolia.co

Schätzungen zufolge haben in Deutschland 2 bis 4 Millionen Menschen ein familiär erhöhtes Darmkrebsrisiko. Das heißt, dass unter ihren nächsten Verwandten bereits ein oder mehrmals Darmkrebs aufgetreten ist. Ihr eigenes Erkrankungsrisiko ist dadurch gegenüber der Allgemeinbevölkerung um den Faktor 2 bis 8 erhöht – je nachdem wie viele Darmkrebsfälle in der Verwandtschaft bereits aufgetreten sind – zudem erkranken sie im Schnitt um zehn Jahre früher. Daher sollte auch die Vorsorge bei ihnen früher beginnen. Wie aber lassen sich Menschen mit familiär erhöhtem Darmkrebsrisiko identifizieren? Nach den Ergebnissen einer Studie, könnte der Hausarzt dabei eine wichtige Rolle spielen.

In einer hessischen Studie wurden 6723 Personen zwischen 40 und 54 Jahren aus 21 hausärztlichen Praxen zum familiären Auftreten von Darmkrebs oder dessen Vorstufen befragt. Grundlage war ein Interviewbogen des Netzwerk gegen Darmkrebs mit vier Fragen (siehe Kasten). 7,2 Prozent der Befragten gaben an, einen Verwandten ersten Grades mit der Diagnose Darmkrebs zu haben. 1,2 Prozent der Befragten berichteten, dass die Darmkrebsfälle vor dem fünfzigsten Lebensjahr festgestellt worden waren, weitere 2,6 Prozent hatten Verwandte mit kolorektalen Polypen vor diesem Alter. Und 2,6 Prozent hatten mindestens drei erstgradig Verwandte mit verschiedenen bösartigen Erkrankungen.

Dies ist die erste deutsche Studie, in der die Prävalenz einer familiären Belastung für Darmkrebs unter den Patienten hausärztlicher Praxen ermittelt wurde. Demnach müssten die Ärzte oder deren Personal 14 Praxisbesucher zwischen 40 und 54 Jahren befragen, um einen mit einem familiär erhöhten Darmkrebsrisiko zu identifizieren. Betroffene könnten dann gezielt über ihr Risiko aufgeklärt und zu einem vorgezogenen Darmkrebsscreening motiviert werden. In einem organisierten Screeningprogramm dürften Hausärzte daher eine Schlüsselrolle einnehmen, resümieren die Autoren.

Dass der Netzwerkfragebogen Hinweise auf ein familiär oder erblich erhöhtes Darmkrebsrisiko liefern kann, bestätigt auch Professor Dr. Ulrich Mansmann, München. Er und sein Team haben das Dokument im Rahmen der Studie "Familien schützen und stärken" Darmkrebspatienten vorgelegt, um weitere Hinweise auf ein erhöhtes Risiko innerhalb der Familie zu erfassen. Ein höherer Score bei der Selbstauskunft – also mehr mit ‚ja‘ beantwortete Fragen – war mit einem früheren Diagnosealter signifikant korreliert. Der prädiktive Wert der Ergebnisse ist jedoch begrenzt, so Mansmann. Trotzdem müsse man diesen Hinweisen nachgehen, umso dringlicher, je mehr Fragen mit ja beantwortet wurden. Bei einem Fragebogen-Score von 1 sei eine Koloskopie bei den direkten Verwandten angeraten, bei höheren Scores sei eine vertiefte Familienanamnese und gegebenenfalls eine genetische Analyse und Beratung sinnvoll.

Dieser Beitrag ist in der Beilage der "Ärzte Zeitung" vom 30.6.17 anlässlich des Symposiums "Innovations in Oncology" am DKFZ in Heidelberg erschienen.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Adenomdetektionsraten

Nach KI-Unterstützung das Koloskopieren verlernt?

Darmkrebsfrüherkennung

Hochrisiko-Polyp: Rezidivrisiko offenbar auch bei Jüngeren hoch

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Abb. 1: Schematische Wirkprinzipien verschiedener immuntherapeutischer Ansätze beim Multiplen Myelom

© Johnson & Johnson

Therapie des Multiplen Myeloms

Ebnet die Präzisionsmedizin den Weg zur funktionellen Heilung dieser Neoplasie?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Janssen-Cilag GmbH, Neuss
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Wie kann man Impfskeptiker überzeugen?

© Porträt: privat | Spritze: Fied

Sie fragen – Experten antworten

Wie kann man Impfskeptiker überzeugen?

Ein Mann greift sich an den Fuß.

© Jan-Otto / Getty Images / iStock

Therapievergleich

Akuter Gichtanfall: Am Ende machen alle Wirkstoffe ihren Job