Erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko

Vor Beginn der COPD-Therapie erst einmal ein EKG?

Das Risiko von COPD-Patienten, eine schwere kardiovaskuläre Komplikation zu erleiden, geht nach der Einleitung einer bronchodilatierenden Behandlung offenbar vorübergehend nach oben.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Der Einstieg in eine bronchodilatierende Behandlung birgt für COPD-Patienten offenbar ein erhöhtes Risiko fürs Herz.

Der Einstieg in eine bronchodilatierende Behandlung birgt für COPD-Patienten offenbar ein erhöhtes Risiko fürs Herz.

© psdesign1 / stockadobe.com

TAIPEH. COPD-Patienten, die neu mit einem langwirksamen Beta-2-Mimetikum (LABA) oder Muskarinantagonisten (LAMA) behandelt werden, sollten sorgsam auf kardiovaskuläre Symptome kontrolliert werden. Laut einer großen Fall-Kontroll-Studie aus Taiwan haben sie in den ersten 30 Tagen ein um rund 50 Prozent erhöhtes Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse (JAMA Intern Med, online 2. Januar 2018).

Die Studienkohorte bestand aus mehr als 280.000 noch therapienaiven COPD-Patienten im mittleren Alter von 71 Jahren. Im Lauf von zwei Jahren mussten 37.719 von ihnen wegen einer kardiovaskulären Erkrankung im Krankenhaus oder in der Notfallambulanz behandelt werden. Diesen "Fällen" wurden 146.139 vergleichbare "Kontrollen" ohne kardiovaskuläres Ereignis gegenübergestellt.

Risikomaximum um Tag 30

Wie der Vergleich ergab, war die Anwendung von LABA wie von LAMA insgesamt nicht mit einer Zunahme von Herz-Kreislauf-Komplikationen assoziiert. Beschränkte man sich allerdings auf die ersten 30 Tage der Behandlung, war das Risiko um 50 Prozent (LABA) beziehungsweise 52 Prozent (LAMA) höher als in der Gruppe ohne LABA- und LAMA-Therapie. Patienten unter einer schon länger bestehenden Therapie hatten dagegen ein um neun beziehungsweise 12 Prozent reduziertes kardiovaskuläres Risiko.

Ob mit einem LABA oder einem LAMA behandelt wurde, machte dabei keinen Unterschied. Je nach Behandlungsregime (Monotherapie, diverse Kotherapien) betrug der Risikoanstieg in den ersten 30 Tagen unter LABA 42–51 Prozent und unter LAMA 39–58 Prozent. Mit beiden Substanzklassen wurde eine Zunahme von KHK und Herzinsuffizienz, mit LAMA außerdem ein Anstieg von Arrhythmien festgestellt.

Rückgang unter das Ausgangsrisiko

Das maximale kardiovaskuläre Risiko war um den Tag 30 erreicht. Zwischen Tag 31 und 60 ging es wieder zurück und erreichte danach sogar ein Niveau unterhalb des Ausgangsrisikos.

Das mit den Bronchodilatatoren assoziierte Risiko zeigte sich unabhängig von vorbestehenden kardiovaskulären Erkrankungen und vom Auftreten von COPD-Exazerbationen. Die Number Needed to Harm betrug 406 für LABA und 391 für LAMA: Wenn so viele Patienten neu mit LABA oder LAMA behandelt wurden, kam es zu einem zusätzlichen kardiovaskulären Ereignis mit stationärer oder Notfallversorgung.

Die vorübergehende Zunahme des Herz-Kreislauf-Risikos unter LABA und LAMA lässt sich möglicherweise auf eine Überaktivierung des sympathischen Nervensystems zurückführen. Der unter beiden Medikamentenklassen festzustellende Anstieg der Zytokinspiegel, etwa von Interleukin-8, könnte ebenfalls zum Risikoanstieg beitragen.

Die Autoren der Fall-Kohorten-Studie schlagen deswegen vor, bei COPD-Patienten vor der Verordnung von Bronchodilatatoren ein EKG zu machen. "Darüber hinaus sollte der Arzt auch während der ersten 30 Tage der Behandlung für kardiovaskuläre Symptome besonders wachsam bleiben", so die Empfehlung der taiwanischen Mediziner.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Das Herz nicht vergessen!

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