Krisen-Kommunikation

Wo gibt es vertrauenswürdige Infos zum Coronavirus?

Angst, Misstrauen und fragwürdige Informationen sind schlechte Ratgeber in Krisen wie dem Ausbruch des neuen Coronavirus. In Deutschland braucht es daher eine zentrale Informationsquelle zur Gesundheit, der die Bürger vertrauen, sagt die Kommunikationsexpertin Professor Cornelia Betsch.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:
Die WHO klagt über die massenhafte Verbreitung irreführender Informationen zum neuen Coronavirus.

Die WHO klagt über die massenhafte Verbreitung irreführender Informationen zum neuen Coronavirus.

© pathdoc / stock.adobe.com

Erfurt. Vor dem Hintergrund weiter steigender Infektionszahlen mit dem Coronavirus 2019-nCoV und von Sterbefällen wird die Kommunikation über das Virus zunehmend zum Gegenstand von Diskussionen. Einen „coronaviralen Angststurm“ diagnostizierte Spiegel-Kolumnist Sascha Lobo. Furcht und Falschinformation seien schlimmere Keime als das neue Virus, hieß es in der „Süddeutschen Zeitung“. Die WHO beklagt eine „Infodemie“ und meint damit die massenhafte Verbreitung irreführender Informationen. Den Menschen falle es schwer, zwischen Mythen und Fakten zu unterscheiden.

Fehlinformation lösen oft starke Emotionen aus

Eine solche Entwicklung lasse sich kaum verhindern, sagt die Psychologin und Expertin für Gesundheitskommunikation, Professor Cornelia Betsch von der Universität Erfurt. „Sich mit schlimmsten Ausgängen zu beschäftigen unterhält uns, teilweise hilft es auch, unsere Angst zu zügeln“, erklärte Betsch im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“.

Gerade in den sozialen Netzwerken werde besonders das weitergegeben, was starke Emotionen auslöse: Ekel, Überraschung, Angst, und zwar unabhängig davon, ob diese Information sachlich richtig oder falsch sei. Demgegenüber steht die eher langweilige Botschaft, dass einfache Hygieneregeln wie regelmäßiges Händewaschen sowie die Husten- und Nies-Etikette geeignete Vorsorgemaßnahmen sind. Aus Sicht von Berichterstattern ergibt sich daraus sehr bald kein Neuigkeitswert mehr.

Und so vermischen sich seriöse und sachliche Informationen mit Sensationsberichterstattung, mit Gerüchten, Verschwörungstheorien und womöglich interessengeleiteten Falschinformationen. Vereinzelt werden sogar asiatisch aussehende Menschen gemieden, gemobbt oder angegriffen. Anlassbezogen offenbart sich latenter Rassismus.

„Kommunikation koordinieren!“

Die WHO hat nun eine Informationskampagne gestartet, die genau jene Kanäle bedient, über die auch irreführende Informationen verbreitet werden: Twitter, Facebook, Instagram und andere. Die Organisation ruft die Länder dazu auf, die an der Kommunikation beteiligten Institutionen zu koordinieren.

Betsch begrüßt das und verweist darauf, dass in Deutschland die Kommunikation in solchen Situationen getrennt verläuft: Das Robert Koch-Institut spricht vor allem Fachkreise an, das Bundesgesundheitsministerium äußert sich gegenüber Publikumsmedien – und dann gibt es noch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), deren Internetseite www.Infektionsschutz.de wenig bekannt ist.

„Es ist in Deutschland vielleicht unnötig kompliziert, dass es nicht eine zentrale Organisation gibt, die sowohl für Forschung und Epidemiologie zuständig ist, als auch die Kommunikation gegenüber Fachpersonal und Bürgerinnen und Bürger übernimmt“, so Betsch. Es sei wichtig, dass in der Bevölkerung eine vertrauenswürdige Informationsquelle für öffentliche Gesundheit und Gesundheitsschutz bekannt sei.

Die BZgA hat hierfür auf ihrer Homepage allgemein verständliche Antworten auf häufig gestellte Fragen zum neuen Coronavirus zusammengestellt. Diese werden regelmäßig aktualisiert.

Gerüchte wieder einfangen

Andererseits wird Aufklärung allein den Konsum von Falschnachrichten nicht verhindern. Betsch: „Wir müssten auch zwischen den Pandemien besser aktiv aufgeklärt werden. Die Information kommt nicht automatisch zum Empfänger – zum Beispiel mit einer schriftlichen Einladung zum Impfen. Es gibt eine Holschuld.“ Bleibt nur die Hoffnung, mit Glaub- und Vertrauenswürdigkeit zu versuchen, Gerüchte wieder einzufangen.

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