Nach RECOVERY-Studie

Pneumologen raten von Dexamethason bei leichter COVID-19 ab

Das Glukokortikoid Dexamethason hat als erstes Medikament einen Mortalitätsvorteil bei COVID-19 bewiesen. Die DGP rät jetzt, die Arznei – wenn überhaupt – nur bei ganz bestimmten Patienten einzusetzen.

Denis NößlerVon Denis Nößler Veröffentlicht:
Beatmungsplatz in einer deutschen Klinik: Dexamethason laut DGP besser nur bei schweren Verläufen mit O2-Pflicht.

Beatmungsplatz in einer deutschen Klinik: Dexamethason laut DGP besser nur bei schweren Verläufen mit O2-Pflicht.

© Robert Michael / dpa

Berlin. Deutsche Pneumologen raten von Dexamethason bei COVID-19-Patienten ohne Beatmungspflicht ab. Zu diesem Ergebnis kommt eine Autorengruppe der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) nach Auswertung der britischen RECOVERY-Studie. Die aktualisierten Therapie-Empfehlungen hat die DGP am Dienstag veröffentlicht.

Dexamethason sollte dem aktualisierten Positionspapier zufolge nicht bei ambulanten COVID-19-Patienten eingesetzt werden. Bei stationär behandelten Patienten soll das Glukokortikoid nur bei jenen mit manifester schwerer respiratorischer Insuffizienz und O2-Indikation erwogen werden.

Die Autoren raten dann in Anlehnung an das RECOVERY-Protokoll zu 6mg/d p.o. oder i.v. für zehn Tage. Die DGP rät zudem zur engmaschigen Kontrolle und Einstellung von Blutglukose und Natrium im Serum. Auch sollten die Risiken für Superinfektionen und gastrointestinale Blutungen im Blick behalten werden.

Nur bei unter 92 Prozent sO2

In der RECOVERY-Studie wurde Dexamethason randomisiert nur jenen Patenten verabreicht, deren klinisches Bild für eine Progression der Erkrankung sprach. Dazu musste die Sauerstoffsättigung unter 92 Prozent liegen, zudem Zeichen einer systemischen Erkrankung mit anhaltendem Fieber. Der CRP-Wert musste bei 75 mg/l oder höher liegen.

In der RECOVERY-Studie, die zentral von der University of Oxford gesteuert wird, werden bekanntlich mehrere Therapieansätze bei COVID-19 geprüft. Bislang über 12.000 Patienten aus 176 NHS-Kliniken in Großbritannien nehmen daran teil.

In die Dexamethason-Arme der Studie waren bis zur ersten Auswertung insgesamt 2104 COVID-19 Patienten randomisiert aufgenommen worden, in den Vergleichsarm mit Standardtherapie 4321 Patienten. Die Steroide wurden für zehn Tage in einer Dosis von je 6 mg/d i.v. oder p.o. verabreicht.

Höchster Vorteil bei mechanischer Beatmung

Danach war die 28-Tages-Mortalität im Dexamethason-Arm für alle Patienten signifikant niedriger als unter Standardtherapie (22,9 vs. 25,7 Prozent) (New Engl J Med 2020; online 17. Juli). Die absolute Risikoreduktion beträgt damit fast drei Prozent, die relative Risikoreduktion 17 Prozent (altersadjustiertes Verhältnis 0,83; 95% CI 0,75–0,93; p<0,001).

Am deutlichsten war die relative Risikoreduktion bei mechanisch beatmeten Patienten (RR 0,64) – absolut starben 29,3 Prozent der Dexamethason-Patienten und 41,4 Prozent der Patienten unter Standardtherapie.

Bei Patienten mit nicht-invasiver Sauerstoffgabe lag das Verhältnis des Sterberisikos bei 0,82 zugunsten von Dexamethason – 23,3 vs. 26,2 Prozent 28-Tages-Mortalität. Die Unterschiede waren signifikant.

Bei Patienten ohne Atemunterstützung war das Risiko nominell, aber nicht signifikant erhöht 17,8 vs. 14,0 Prozent unter Dexamethason (RR 1,19; 95% CI 0,91–1,55).

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