Ende der Corona-Impfpriorisierung
COVID-19-Impfungen: Gesundheitsministerium bittet Bürger um Verständnis für Praxisteams
Die Priorisierung beim Impfen gegen das Coronavirus ist passé. Seit Montag kann sich jeder, der möchte, um einen Impftermin bemühen. Ärzte fürchten einen Ansturm, die Politik mahnt Geduld an. Kritik kommt vom Sozialverband VdK.
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VdK-Präsidentin Verena Bentele hält die Aufgaben der Priorisierung für verfrüht. Denn ein großer Teil der Risikogruppen sei noch nicht durchgeimpft.
© Bernd von Jutrczenka / dpa / picture alliance
Berlin. Angesichts der Aufhebung der Priorisierung bei der Corona-Impfreihenfolge hat das Bundesgesundheitsministerium die Bürger um Geduld gebeten. Es könnten nicht alle, die wollten, gleich am ersten Tag einen Impftermin bekommen, sagte ein Sprecher von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag bei der Bundespressekonferenz.
Die Menschen sollten daher Verständnis für die Arztpraxen und die Teams in den Impfzentren aufbringen, appellierte der Sprecher. Sowohl Praxen wie auch Zentren versuchten, möglichst viele Menschen möglichst rasch gegen COVID-19 zu impfen. Es gebe allerdings zwei limitierende Faktoren: „Zeit und Impfdosen.“
Impfen von Jugendlichen ab 12: Unabhängig von STIKO
Die Priorisierung bei der Corona-Impfreihenfolge endet an diesem Montag. Heißt: Jeder Impfwillige in Deutschland kann sich ab sofort um eine Impfung bemühen – unabhängig von Vorerkrankungen, Alter oder Berufsgruppe. Zugleich können sich auch Zwölf- bis 15-Jährige impfen lassen, nachdem entsprechende Vakzine kürzlich zugelassen worden waren.
Auf die Frage, welche Rechtssicherheit Ärzte hätten, wenn sie Jugendliche ab zwölf Jahren ohne Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) impften, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums: „Sie haben dieselbe Rechtssicherheit wie bei den anderen Impfungen auch, denn es gibt eine Zulassung für diesen Impfstoff für diese Altersgruppen.“
Damit könnten die Vakzine unabhängig von einer STIKO-Empfehlung eingesetzt werden. Letztere wird für diesen Donnerstag erwartet – das zumindest meldet die Nachrichtenagentur dpa unter Verweis auf eine Sprecherin des Robert Koch-Instituts (RKI).
RKI: aktueller Stand der Impfungen
Laut RKI sind mittlerweile 54,9 Millionen Impfdosen gegen das Coronavirus verabreicht worden. 38 Millionen Menschen (45,7 Prozent) in Deutschland sind den Angaben zufolge mindestens einmal und 17,7 Millionen Menschen (21,3 Prozent) vollständig geimpft worden.
Man sei „sehr zuversichtlich“, dass bis Mitte Juli „relativ viele Erwachsene“ geimpft werden könnten, betonte der Ministeriumssprecher. Gehe man von der Annahme aus, dass sich 75 Prozent der erwachsenen Bürger gegen COVID-19 impfen lassen wollten, lasse sich eine Impfquote von 90 Prozent bei den impfwilligen Erwachsenen erreichen.
Chronik der Entwicklung und Ereignisse
Alles zur Corona-Impfung
Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, nannte die Aufhebung der Impfpriorisierung einen längst überfälligen Schritt. „Hausärzte bekommen dadurch beim Impfen ihrer Patienten mehr Beinfreiheit“, sagte die FDP-Politikerin am Montag. Impfwillige müssten nun auch schnell über die Ärzte ein Impfangebot bekommen können.
Dafür brauche es allerdings ausreichend Impfstoff, so Aschenberg-Dugnus. Die Bundesregierung dürfe sich daher nicht auf dem bisher erzielten Impffortschritt ausruhen, sondern müsse weiter Tempo machen. Außerdem seien schon jetzt die wahrscheinlich notwendigen Auffrischungs-Impfungen im Herbst zu organisieren.
VdK: Priorisierung zu früh beendet
Kritik am Auslaufen der Impfpriorisierung übte der Sozialverband VdK. „Die Verantwortung wird nun von der Politik auf die Hausärzte abgewälzt“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele am Montag. Die Praxen rechneten mit einem „riesigen Ansturm“ auf wenige vorhandene Impftermine. Zugleich seien Risikogruppen noch gar nicht durchgeimpft.
Ihren Verband erreichten weiter Anfragen von Mitgliedern, die schon längst eine Impfeinladung hätten erhalten müssen, „die aber trotz großer Mühe keinen Termin kriegen“, berichtete Bentele. Diese Menschen seien oft alt, litten an Vorerkrankungen oder hätten eine Behinderung.
Der VdK vertritt eigenen Angaben zufolge über 2,1 Millionen Mitglieder.