Forderung

Eltern beim Bewegungsmangel in der Pflicht!

Eltern, Organisationen oder Institutionen müssen auch Verantwortung für die Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen übernehmen. Das fordern Ärzte und Kassen.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Viele Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule. (Symbolbild mit Fotomodellen)

Viele Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule. (Symbolbild mit Fotomodellen)

© Monkey Business / stock.adobe.com

Schwerin. Wenn es um die Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen geht, sind Pädiater die ersten Ansprechpartner. Wenn es um die Finanzierung der Leistungen geht, sind es die Kostenträger.

Was aber ist mit der Verantwortung der Eltern und anderer Organisationen und Institutionen wie Sportvereine, Schulen und Kommunen? Deren möglicher Beitrag zur Kindergesundheit durch Präventionsangebote könnte deutlich größer ausfallen, wie Ärzte und Kassenvertreter auf einer Veranstaltung der DAK in Schwerin deutlich machten.

„Kinder wollen sich bewegen, also sollte man auch die entsprechenden Angebote dafür schaffen“, forderte der in Greifswald niedergelassene Pädiater Dr. Andreas Michel. Nach Ansicht des Landesvorsitzenden von Mecklenburg-Vorpommern im Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte lässt sich die nötige Bewegung in den Alltag integrieren.

Bewegung statt „Elterntaxi“

Michel verwies in diesem Zusammenhang auf das Beispiel „Elterntaxi“: Immer weniger Kindern werde heute noch die Möglichkeit gegeben, den Schulweg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu absolvieren, obwohl sich Kinder im Schulalter gerne bewegen. Ein erster Schritt wäre für Michel, dass Kommunen die Schulwege wieder so gestalten, dass Eltern ihre Kinder auch mit gutem Gefühl die Strecke zur Schule allein absolvieren lassen.

Kinder wollen sich bewegen, also sollte man auch die entsprechenden Angebote dafür schaffen.

Dr. Andreas Michel, Pädiater, Vorsitzender Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte

Ein anderes Beispiel von Michel: Die Angebote im Sportverein. Diese sind nach seiner Beobachtung zu sehr auf Leistungssport zugeschnitten. Angebote für Kinder, die nicht im Wettkampf um Leistung stehen wollen oder können, fehlen. Folge: Diese Kinder machen häufig gar keinen Sport mehr. Unterstützung erhielt Michel von der Leiterin der DAK Landesvertretung, Sabine Hansen. „Es darf in den Sportvereinen nicht immer nur um „schneller, höher, weiter“ gehen. Auch die anderen Kinder müssen abgeholt werden“, sagte Hansen. Vom Schulsport können Hansen und Michel kaum Unterstützung erwarten. Nach der siebten Klasse stehen in den meisten Schulen von Mecklenburg-Vorpommern nur noch zwei Sportstunden pro Woche auf dem Stundenplan.

Dass Schulen nicht nur im Bemühen um mehr Bewegung durchaus etwas erreichen können, machten DAK-Vorstand Thomas Bodmer und Malte Heinemann von der Cleven-Stiftung deutlich. Die Ersatzkasse und die Stiftung unterstützen Schulen bundesweit mit dem Präventionsprogramm „fit4future“. Das Programm zielt auf mehr Bewegung, gesunde Ernährung und mental health.

Mehr als eine Million Kinder profitieren inzwischen davon. Für Bodmer sind solche Investitionen wichtig, weil sie den einzelnen Teilnehmern weiterhelfen und weil sie „möglichst gleiche Startvoraussetzungen für alle Kinder schaffen.“ Denn die sind in Mecklenburg-Vorpommern oft nicht vorhanden, wie unter anderem der Kinder- und Jugendreport der DAK für den Nordosten zeigt. Nach Angaben von Julian Witte von der Uni Bielefeld, die den Report erstellt hat, ist das Elternhaus mitentscheidend für Aktivitäten, Ernährung und andere Einflussfaktoren auf die Gesundheit.

Auffällig viele Kinder zu dick

Auffällig ist in Mecklenburg-Vorpommern, dass Kinder überdurchschnittlich oft an Adipositas und an Rückenschmerzen leiden. Über dem Bundesdurchschnitt liegen auch die Antibiotikaverordnungen und die stationären Behandlungen von Kindern – mit entsprechenden Folgekosten für die Kassen. Bei der Ursachensuche landete Pädiater Michel erneut bei den Eltern: Diese seien in gesundheitlichen Fragen heute unsicher und suchten deshalb schneller ein Krankenhaus auf, vermutet Michel.

Er schloss allerdings nicht aus, dass Kliniken mitunter aus ökonomischen Gründen eine stationäre Behandlung ermöglichen, wenn diese ambulant möglich wäre. Bei der Antibiotikaverordnung sieht der Pädiater seine Fachgruppe im Nordosten gut aufgeklärt. Er vermutet, dass Hausarztpraxen, in denen Kinder mit versorgt werden, eher für das erhöhte Verordnungsvolumen verantwortlich sein könnten.

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