Pandemie-Bilanz

Gesundheitswirtschaft büßt 2020 fast vier Prozent ein

Mit einem Rückgang der Bruttowertschöpfung zählt auch die Gesundheitswirtschaft zu den Verlierern der Pandemie. Nur Test-, Impfstoff- und Digitalisierungs-Anbieter fuhren auf der Gewinnerstraße.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Die Corona-Pandemie beeinflusste 2020 auch die industrielle Gesundheitswirtschaft und sorgte für einen Rückgang der Wertschöpfung.

Die Corona-Pandemie beeinflusste 2020 auch die industrielle Gesundheitswirtschaft und sorgte für einen Rückgang der Wertschöpfung.

© Feydzhet Shabanov / stock.adobe.com

Berlin. Entgegen dem langfristigen Trend mit einem überdurchschnittlichen Wachstum – 3,3 Prozent im Vergleich zu 2,5 Prozent in der Gesamtwirtschaft seit 2011 – hat auch die Gesundheitswirtschaft in der Pandemie gelitten und 3,7 Prozent ihrer Wertschöpfung eingebüßt.

Die Anzahl der Beschäftigten war geringfügig um 1,6 Prozent auf 7,4 Millionen rückläufig; die Branche bleibt aber mit weitem Abstand größter Arbeitgeber in der deutschen Wirtschaft.

Das geht aus Daten der Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnung hervor, die das Darmstädter WIfOR-Institut im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums seit mehr als zehn Jahren errechnet. Die jüngsten, am Mittwoch veröffentlichten Daten berücksichtigen in besonderer Weise die Auswirkungen der Pandemie auf die Branche.

Vor allem Pharma und Medtech mussten Federn lassen

Betroffen war 2020 vor allem die industrielle Gesundheitswirtschaft – das sind hauptsächlich Pharma- und Medizintechnik-Unternehmen – mit einem Rückgang der Wertschöpfung um 7,5 Prozent auf 75,2 Milliarden Euro. Die Anzahl der Beschäftigten ging in desem Sektor um 3,7 Prozent auf 991.000 zurück; die Exporte brachen um 11,4 Prozent auf 116 Milliarden Euro ein.

Pandemiebedingt entwickelten sich einzelne Sektoren innerhalb der Gesundheitswirtschaft ausgesprochen heterogen. Auf der Gewinnerseite stehen Apotheken mit einem Wachstum ihrer Wertschöpfung um 13 Prozent, Forschung und Entwicklung in der Medizintechnik mit plus 12 Prozent, sowie E-Health mit 7,0 Prozent und Architekturbüros mit 5,0 Prozent.

Am schärfsten brach die Bruttowertschöpfung im Wellness- und Gesundheitstourismus als Bestandteil der erweiterten Gesundheitswirtschaft mit -26 Prozent ein. Überraschend stark betroffen sind auch Humanarzneimittel (-24 Prozent) und Biotechnologie (-22 Prozent) sowie Medizinprodukte mit -15 Prozent. Auch Bauinvestitionen im Gesundheitswesen sanken um 13 Prozent.

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Ärzte leicht im Plus

Als Stabilitätsfaktor erwies sich die ambulante Versorgung: Die Wertschöpfung von Ärzten und Zahnärzten stieg leicht um 0,3 Prozent auf 70,3 Milliarden Euro. Die Anzahl der Beschäftigten blieb mit 1,1 Millionen nahezu konstant.

Hingegen haben Krankenhäuser pandemiebedingt rund 5,0 Prozent ihrer Wertschöpfung eingebüßt und kamen auf 61,5 Milliarden Euro. Die Zahl der Mitarbeiter blieb aber auch hier mit 1,2 Millionen nahezu unverändert.

Als Ursachen für rückläufige Wertschöpfung nannte Professor Dennis Ostwald vom WIfOR-Institut unterbrochene Lieferketten und Exportstopps, die die industrielle Gesundheitswirtschaft trafen, sowie rückläufige Fallzahlen in Kliniken und ambulanter Versorgung, zu einem erheblichen Teil geplant, um Kapazitäten für die Notfallversorgung von COVID-Patienten zu reservieren.

Industrie fordert Kooperation und Koordination

Die erfolgreiche Entwicklung von Tests und Impfungen mi Inland zeige, dass Deutschland prinzipiell international führender Technologietreiber sein könne, so Iris Plöger vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).

Es gebe aber auch beträchtliche Risiken im internationalen Wettbewerb: Bei klinischen Studien sei Deutschland binnen weniger Jahre von Platz 2 und Platz 5 abgerutscht. In der Biotech-Branche gebe es weniger Neugründungen. Investitionen in Gen- und Zelltherapie seien mit 90 Milliarden Euro auf die USA konzentriert – das 30fache dessen, was Deutschland investiere.

Plögers Forderung: Die Erfolgsfaktoren beim Pandemie-Management – intensivierte Kooperation zwischen Politik und Industrie sowie ressort- und sektorübergreifende Koordination - müssten zum generellen Handeln von Politik und Wirtschaft werden. Und als konkreten Schritt fordert sie den Zugang zu pseudonymisierten Daten für die industrielle Forschung.

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