Drei Gesetzentwürfe und zwei Anträge zu Spätabtreibungen

Was Parlamentarier trennt und eint

Insgesamt drei Gesetzentwürfe und zwei Anträge zur Neuregelung von Spätabtreibungen wurden im Bundestag beraten. Die einzelnen Initiativen im Überblick.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:

Gemeinsam ist allen fünf Gruppenanträgen, das sie fraktionsübergreifend, das heißt von Abgeordneten unterschiedlicher Fraktionen, eingebracht worden sind. Alle Gesetzesentwürfe und Anträge beziehen sich auf Abtreibungen nach einer medizinischen Indikation. Das sind Abtreibungen, die nach der 12. Schwangerschaftswoche vorgenommen werden und bei denen der behandelnde Arzt die Gefahr einer "schwerwiegenden Beeinträchtigung der körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren" attestiert.

  • Der erste Gesetzentwurf, der von 208 Abgeordneten der Union (darunter der CDU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder und der CSU-Abgeordnete Johannes Singhammer) sowie drei Abgeordneten der SPD (darunter die ehemalige Bundesfamilienministerin Renate Schmidt) eingebracht worden ist, sieht eine Pflicht des Arztes zur umfassenden medizinischen und psychosozialen Beratung der Schwangeren und eine dreitägige Mindestbedenkzeit zwischen Beratung und schriftlicher Feststellung der Indikation vor. Alle Schwangerschaftsabbrüche müssen vom Arzt dokumentiert werden. Anschließend werden die Abbrüche statistisch erfasst. Kommt der Arzt seinen Pflichten nicht nach, kann ein Bußgeld von bis zu 10 000 Euro verhängt werden. Dies entspricht einer Verdoppelung der bisherigen Strafgelder bei Pflichtversäumnis.
  • Ein zweiter Gesetzentwurf, der von 39 SPD-Abgeordneten (darunter die Abgeordnete Kerstin Griese) und sieben Abgeordneten der Grünen unterstützt wird, sieht ebenfalls eine ärztliche Beratungspflicht und eine dreitägige Bedenkzeit für die schwangere Frau vor. Die Unterzeichner legen jedoch Wert darauf, dass die Beratung durch den Arzt "ergebnisoffen" geführt wird. Eine Dokumentation und statistische Erfassung der Abtreibungen ist in diesem Gesetzentwurf, der auch von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt unterzeichnet ist, nicht vorgesehen.
  • Der dritte Gesetzentwurf - vorgelegt von der FDP-Frauenpolitikerin Ina Lenke - überschneidet sich in wesentlichen Punkten mit den Inhalten des Kauder-Singhammer-Entwurfes. Allerdings sprechen sich die Unterzeichner auch für das "Recht auf Nichtwissen" der Schwangeren aus. Die Frau selbst soll entscheiden, ob sie sich einem "Untersuchungsmarathon" unterziehen will oder nicht. Eine Dokumentationspflicht ist in dem Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Das Strafgeld für Ordnungswidrigkeit soll auf maximal 5 000 Euro beschränkt werden.
  • Der Antrag eines Großteils der SPD-Abgeordneten (darunter auch der Fraktionsvorsitzende Peter Struck und die Abgeordnete Christel Humme) sowie von einigen Abgeordneten der Fraktion der Grünen will keine Gesetzesänderungen. Allerdings sehen die Unterzeichner durchaus Veränderungsbedarf im Hinblick auf die aktuelle Gesetzeslage und streben Klarstellungen in den Mutterschaftsrichtlinien der Ärzte an. Ein Zwang zur Beratung wird abgelehnt. Strafgelder für Ärzte, die ihren Beratungspflichten nicht nachkommen, werden von den Antragstellern als "entbehrlich" eingestuft.
  • Quasi kurz vor Beginn der parlamentarischen Beratungen ist ein zweiter Antrag von der Linksfraktion eingebracht worden. Eine Gesetzesänderung oder Gesetzesverschärfung wird darin abgelehnt. Die 50 Unterzeichner betonen stattdessen: Eine Schwangerschaft auszutragen oder abzubrechen sei zu jedem Zeitpunkt die alleinige Entscheidung der Frau. Um die schwangere Frau bei ihrer schwierigen Entscheidung zu unterstützen, fordert der Antrag der Linken eine flächendeckende medizinische und psychosoziale Beratung.

Lesen Sie dazu auch den Gastkommentar: Dr. Frank-Ulrich Montgomery: Es geht um Hilfe für Frauen

Lesen Sie dazu auch: Mehr Beratung der Frau: ja! Aber ist auch Zwang nötig? Spätabtreibung - welche Beratung braucht eine Frau, die ein behindertes Kind erwartet? Abtreibungsrecht - was derzeit gilt

Die Debatte zur Spätabtreibung - Auszüge aus den Bundestagsreden: Wir sind gegen die Beratungspflicht Es geht um umfassende Hilfe Es darf keinen Automatismus geben! Die Beratung soll ergebnisoffen sein Frauen sollen auch "Nein" sagen können Ist jede Untersuchung wirklich nötig? Mehr Unterstützung statt mehr Druck

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