Krebs in Europa
Weniger Todesfälle bei jüngeren Krebspatienten
Der Kampf gegen Krebs ist längst nicht gewonnen, aber erfolgreich: Die Überlebenszeiten steigen, die relative Mortalität sinkt und teilweise steigende Behandlungskosten können kompensiert werden.
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Der Kampf gegen den Krebs ist noch lange nicht gewonnen, aber es gibt positive Entwicklungen. (Symbolbild)
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Brüssel. Die Anstrengungen zur Krebsbekämpfung in den vergangenen 25 Jahren, vor allem die Investitionen in Arzneimittelinnovationen, zeigen signifikante Erfolge.
Dies geht aus der Studie „Comparator Report on Cancer in Europe 2019 – Disease Burden, Costs and Access to Medicines“ hervor, die am Mittwoch (29. Januar) bei einer Konferenz des europäischen Pharmaverbandes EFPIA und der EU-Kommission in Brüssel vorgestellt wird.
Der vom schwedischen Institute of Health Economics erstellte Report vergleicht die Entwicklung der Onkologie von 1995 bis 2018 in 31 europäischen Ländern.
In dieser Zeit stieg die Zahl der Krebsneuerkrankungen um fast 50 Prozent von 2,1 auf 3,1 Millionen. Hauptursache dafür ist, dass die Bevölkerung älter wird. Aus diesem Grund wird bis 2040 ein weiterer Anstieg der Inzidenz um weitere 775.000 Krebsfälle prognostiziert.
Weniger Todesfälle bei Jüngeren
Aber: Seit 1995 ist die Zahl der durch Krebs verursachten Todesfälle nur um 17 Prozent von 1,2 auf 1,4 Millionen gestiegen – weitaus geringer als das Wachstum der Inzidenz. Ursächlich dafür sind vor allem sinkende Mortalitätsraten bei jüngeren Krebspatienten und steigende Fünf-Jahres-Überlebensraten bei häufigen Krebserkrankungen.
Als Ursachen des Erfolgs werden verstärkte Forschungsanstrengungen in der Diagnostik und insbesondere in der Arzneimitteltherapie genannt, die zu einer neuen Phase der Onkologie mit dem Start ins 21. Jahrhundert geführt habe: die Identifikation molekularer Targets, präzise prädiktive Diagnostik, die Aktivierung der körpereigenen Immunabwehr, die Entwicklung personalisierter Medizin.
Derzeit laufen über 2000 klinische Studien in der Onkologie. Aktuelle Daten ließen erwarten, so die Studienautoren, dass Subgruppen von Patienten wahrscheinlich mit einer Heilung metastasierter Tumoren rechnen können.
Behandlungskosten verdoppelt
Trotz der Erfolge und dynamisch wachsender Arzneimittelausgaben steigen die direkten Kosten der Behandlung in etwa im Gleichschritt zu den gesamten Gesundheitsausgaben: So haben sich die krebsspezifischen Behandlungskosten in Europa zwischen 1995 und 2018 von 52 auf 103 Milliarden Euro verdoppelt (gerechnet in Preisen von 2018).
Die Pro-Kopf-Ausgaben stiegen von 105 auf 195 Euro (siehe nachfolgende Grafik) – das entspricht ein Zuwachs von 86 Prozent. An der Spitze liegen die Schweiz mit 370 Euro und Deutschland, Frankreich und Benelux mit jeweils um die 300 Euro.
Dagegen sind die indirekten Kosten – Produktivitätsverluste durch Krankheit und vorzeitigen Tod bei erwerbstätigen Krebspatienten – gesunken: absolut von 77 auf 70 Milliarden Euro, pro Kopf der Bevölkerung sogar um 15 Prozent von 156 auf 133 Euro (siehe nachfolgende Grafik).
Die Erfolge sind länderspezifisch unterschiedlich, aber in nahezu allen Ländern konnte der Anstieg der direkten Behandlungskosten dadurch teilweise kompensiert werden.
Ökonomen stellen drei Trends fest
Drei Trends charakterisieren nach Analyse der Ökonomen die Entwicklung:
- Die Ausgaben verlaufen für die Krebstherapie nahezu entlang der generellen Entwicklung der Gesundheitsausgaben mit einem durchschnittlichen Nominalwachstum von vier bis sieben Prozent.
- Ein Shift von der stationären zur ambulanten Behandlung als Folge neuer Behandlungsregime. Beispiel Finnland: Zwischen 2004 und 2014 sank der Kostenanteil für stationäre Behandlung von 47 auf 26 Prozent, der für ambulante Behandlung stieg von 21 auf 37 Prozent.
- Überdurchschnittliches Wachstum der Arzneiausgaben, die sich allein zwischen 2008 und 2018 auf 32 Milliarden Euro (ohne Berücksichtigung von Rabatten) mehr als verdoppelt haben.
Katalog an Aufgaben
Als Herausforderungen für die Zukunft nennen die Gesundheitsökonomen: die Verbesserung des Zugangs zu Arzneiinnovationen für die armen osteuropäischen Länder durch bessere Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit bei der Preisgestaltung.
Zielkonflikte zwischen dem Interesse an frühem Zugang zu Innovationen und dem an guter Evidenz für den (Zusatz-)Nutzen – überbrückbar durch zeitige Follow-up-Studien und flexible Erstattungspolitik.
Einmal-Therapien mit Extremkosten wie etwa bei der CAR-T-Zelltherapie, die grundlegend neue Preisfindungsmechanismen erforderten. Ferner müssten evidenzbasierte Präventions- und Früherkennungsprogramme stringent ausgebaut werden.