Behandlung abgelehnt?
AfD-Politikerin fühlt sich von ihrem Hausarzt diskriminiert
Darf ein Arzt den Behandlungsvertrag kündigen, weil ihm die politische Gesinnung seiner Patientin nicht passt? Ein aktueller Fall aus Baden-Württemberg wird von der AfD ordentlich hochgekocht.
Veröffentlicht:Stuttgart. Andrea Zürcher, stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbands Konstanz der AfD und Direktkandidatin für den Bundestag, fühlt sich von ihrem Hausarzt diskriminiert.
Wie die Politikerin, die auch für AfD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel arbeitet, auf ihrem Facebook-Account berichtet, habe ihr der in Stühlingen praktizierende Mediziner eröffnet, sie außer in Notfällen nicht mehr behandeln zu wollen, und dies damit begründet, dass das Vertrauensverhältnis durch ihre Bundestagskandidatur für die AfD zerrüttet sei.
„War noch nie so sehr geschockt“
In einem Bericht der konservativen Wochenzeitung „Junge Freiheit“ heißt es, Zürcher, die an einer chronischen Erkrankung leide, sei seit einem Jahr in einen Hausarztvertrag der Praxis eingeschrieben und dort bereits seit zwei Jahren Patientin.
„Ich war noch nie in meinem Leben so sehr geschockt. Mir sind die Tränen gekommen“, zitiert die Zeitung die Reaktion der AfD-Politikerin auf die Zurückweisung durch ihren Hausarzt. „Selbstverständlich werde ich Beschwerde an die Ärztekammer einreichen und Strafanzeige wegen Diskriminierung erstatten“, kündigte sie an.
Am Wochenende nahm AfD-Pressesprecher Markus Frohnmaier den Vorfall als weiteren Beleg für die Repressalien, denen seine Partei vermeintlich ausgesetzt sei. „Man versucht nach allen Regeln der Kunst, unsere Kandidaten mürbe zu machen.“ Empörte Zustimmung kann Zürcher auch auf Facebook verbuchen.
Hausärzteverband: „Positionen unklar“
Der Hausärzteverband Baden-Württemberg erklärte auf Nachfrage, der Fall sei ihm zwar zugetragen worden, allerdings liege noch keine Stellungnahme des Arztes vor. „Wir kennen weder die Vorgeschichte noch den aktuellen Anlass, der zu dieser Situation geführt hat. Bei einem gestörten Arzt/Patientenverhältnis ist es sicher schwer, dies weiter zu führen.“ Solange die Positionen beider Seiten dem Verband nicht bekannt seien, wolle man sich auch nicht zur Sache äußern.
Das ärztliche Berufsrecht kennt allerdings durchaus auch die freie Patientenwahl. In Paragraf 7 Absatz 2 der Musterberufsordnung heißt es, „von Notfällen oder besonderen rechtlichen Verpflichtungen abgesehen (sind) auch Ärztinnen und Ärzte frei, eine Behandlung abzulehnen“.
KV sieht grundsätzlich eine Behandlungspflicht
Dieser Passus ist gleichlautend in der Landesberufsordnung enthalten. Die Landesärztekammer war für eine Stellungnahme am Montag nicht zu erreichen.
Eine Sprecherin der KV erklärte hingegen, grundsätzlich gebe es „für Vertragsärzt*innen eine Behandlungspflicht für alle GKV-Patient*innen“. Das gelte „im Notfall sowieso, aber auch im normalen Praxisalltag“. Ablehnen dürften Vertragsärzte einen Patienten, wenn die Praxis bereits unter Volllast fahre. „Diese Ablehnung kann man naturgemäß nur bei möglichen neuen Patient*innen aussprechen, bei Bestandspatient*innen ist das schwierig.“
Ein zweiter Grund sei ein derart gestörtes Arzt-Patienten-Verhältnis, „dass eine Behandlung nicht mehr möglich ist“. Beispiele dafür hätten jedoch meistens einen medizinischen Dissens zum Anlass, „etwa, wenn der Patient sich der Behandlung widersetzt oder Behandlungen einfordert, die weder medizinisch sinnvoll noch wirtschaftlich sind“.
Ob sich zum Beleg für ein gestörtes Arzt-Patienten-Verhältnis auch weltanschauliche oder politische Gründe anführen ließen, „ist eine schwierige Frage und muss im Einzelfall geklärt werden“.