KI in Medizin & Co
Deutsch-französische Allianz will EU bei Künstlicher Intelligenz Beine machen
Die EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz stockt. Nun schließen sich Wirtschaft und Wissenschaft aus Deutschland und Frankreich zusammen – und definieren schon mal Marktstandards für ihre KI-Lösungen.
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In der Geschichte der EU erwies sich der deutsch-französische Motor schon oft als Antrieb für den Fortschritt. Klappt das auch mit Blick auf europäische Standards für eine verantwortungsvolle Künstliche Intelligenz? Die EU bastelt schon seit Längerem an einer KI-Verordnung.
© Sascha Steinach/ZB/picture alliance
Paris/Frankfurt. Ein deutsch-französischer Industriemotor soll offensichtlich der EU in puncto Künstlicher Intelligenz (KI) Antrieb geben, denn mit der angestrebten EU-KI-Verordnung (AI Act) geht es offensichtlich nur schleppend voran.
Wie das französische Confiance.ai-Konsortium und die deutsche Technologieorganisation VDE in einer gemeinsamen Mitteilung bekanntgaben, haben sie eine KI-Kooperation vereinbart.
Bis 2023 wollen beide Partner ein kombiniertes deutsch-französisches Label für vertrauenswürdige und verantwortungsvolle KI schaffen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie steigern und gleichzeitig die Umsetzung des AI Act erleichtern. Wie eine VDE-Sprecherin auf Nachfrage der Ärzte Zeitung betont, seien explizit auch KI-Lösungen im (zahn-)medizinischen und pflegerischen Versorgungskontext adressiert.
„Auch wenn heute das Thema Vertrauenswürdigkeit und Ethik der KI eher in Europa verortet zu sein scheint, so sind wir fest davon überzeugt, dass nur die Produkte, die das Label tragen, sich letztendlich am Markt – und zwar weltweit – durchsetzen werden“, ist Dr. Sebastian Hallensleben, Leiter des Bereichs Digitalisierung & KI beim VDE, überzeugt. Das große Interesse am Label seitens der Industrie spiegelten auch die beteiligten Unternehmen.
Leitlinien und Referenzen für die Unternehmen
Die deutsch-französische Allianz umfasst nach eigenen Angaben alle Größen aus Industrie und Wissenschaft und damit die für Europa wichtigsten strategischen Industriesektoren.
Aus Deutschland sind unter der Leitung des VDE unter anderem Bosch, Siemens, die TU Darmstadt, SAP, ITAS/KIT, iRights. Lab, das Ferdinand-Steinbeis-Institut, BASF, TÜV-SÜD und das Internationale Zentrum für Ethik in den Wissenschaften der Universität Tübingen vertreten.
Die Allianz hat es sich zum Ziel gesetzt, einen Referenzrahmen zu schaffen, der Aspekte wie Transparenz, Rechenschaftsfähigkeit, Fairness, Robustheit und Privatsphäreschutz umfasst und messbar macht. Damit bekämen Unternehmen einen praktisch handhabbaren Weg, um sich mit verantwortungsvoller KI im Markt zu differenzieren. Die bisherigen deutschen Arbeiten fließen laut VDE derzeit auch in die europäische KI-Normung ein und geben damit eine Richtung für die künftigen harmonisierten Normen zum AI Act vor.
Enorme Synergien erwartet
„Das Konsortium Confiance.ai arbeitet seit vielen Monaten mit dem VDE und der deutschen Industrie zusammen. Die Stärke dieser Allianz, an der wichtige industrielle und akademische Partner beteiligt sind, ist der gemeinsame Wille, eine Vision von vertrauenswürdiger und verantwortungsvoller KI zu fördern und ein Label zu schaffen, das zunächst der deutsch-französischen Zusammenarbeit gewidmet ist, aber auf europäischer Ebene eingeführt werden soll“, erklärt Julien Chiaroni, Directeur des Grands Défis im Generalsekretariat für Investitionen (SGPI).
„Der Konsens über die Grundsätze des verantwortungsvollen Einsatzes von KI ist recht einfach. Die große Herausforderung ist die Operationalisierung dieser Grundsätze. Mit dem AI Trust Standard & Label haben wir einen praktischen Ansatz aus deutscher Sicht vorgestellt und freuen uns darauf, diesen nicht nur weiterzuentwickeln, sondern auch in die französische und letztlich europäische Arbeit zu integrieren. Die Synergien sind enorm“, ergänzt VDE-Mann Sebastian Hallensleben