Verständliche Sprache

Patientenbrief wird praxisreif

Die Übersetzung medizinischer Fachterminologie in Arztbriefen in für Patienten verständliches Deutsch hat sich die Dresdner „Was hab‘ ich?“ gGmbH zum Ziel gesetzt. Das Projekt könnte nun an Kliniken ausgerollt und für die ambulante Medizin erweitert werden.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

BERLIN. Vergessene und nicht verstandene Information von Ärzten an ihre Patienten ist eine der wichtigsten Ursachen für mangelhafte Adhärenz und Therapieversagen.

Was ursprünglich 2011 eine Studenteninitiative war, ist in den vergangenen Jahren zu einem evaluierten und praxistauglichen Projekt geworden, das in das Entlass-Management der Kliniken ausgerollt werden könnte: Der Patientenbrief der Dresdner „Was hab“ ich?“ gGmbH von Geschäftsführer Ansgar Jonietz und seinem Team aus fünf Ärzten, einem Software-Entwickler, einer Kommunikationswissenschaftlerin und einer Projektassistentin.

Auch Information für Angehörige

Das Team übersetzt die in Arztbriefen gebräuchliche medizinische Fachsprache in klares für den Patienten verständliches Deutsch. Im Rahmen eines Symposions des Bundesgesundheitsministeriums wurde jetzt eine Zwischenbilanz gezogen.

Bis jetzt hat sich das Team darauf konzentriert, Krankenhaus-Arztbriefe in Laiendeutsch zu transferieren: Befunde, Diagnosen, eingesetzte Therapieverfahren, Medikation, Fortsetzung der Behandlung nach dem Krankenhausaufenthalt. Der Patientenbrief kann somit wichtiger Bestandteil des Entlass-Managements sein.

Die Effekte des Patientenbriefs auf die Informiertheit und die Adhärenz ist mit Patienten des Krankenhauses in Bad Ems unter Federführung des Instituts für Allgemeinmedizin der TU Dresden evaluiert worden.

Die Interventionsgruppe bestand aus 242 Patienten, die bei der Entlassung zunächst den konventionellen Arztbrief und drei Tage später den Patientenbrief erhielten. Die 176-köpfige Kontrollgruppe bekam nur den üblichen Arztbrief. Drei Tage später wurde den beiden Gruppen ein Fragebogen übersandt. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • 79 Prozent der im Schnitt 71-jährigen Studienteilnehmer mit mittelmäßigem bis schlechten Gesundheitszustand erinnerten sich gar nicht oder nur an ein kurzes Entlassgespräch.
  • 64 Prozent der Teilnehmer aus der Interventionsgruppe gaben an, Ihnen seien die Ergebnisse von Untersuchungen verständlich erklärt worden, in der Kontrollgruppe waren es nur 42 Prozent.
  • 44 Prozent in der Interventionsgruppe sagten, ihnen sei verständlich erklärt worden, welchen Zweck die Medikamente haben, die sie zu Hause einnehmen müssen; In der Kontrollgruppe waren es nur 34 Prozent.
  • Fast 87 Prozent in der Interventionsgruppe haben den Patientenbrief ausführlich gelesen; 79 Prozent gaben an, auch weitere Personen (Angehörige) hätten den Brief gelesen.

Während in der Pilotphase und für die Evaluationsstudie die Patientenbriefe noch manuell von einem ehrenamtlichen Team von Ärzten erstellt worden sind, arbeitet die „Was hab‘ ich?“ gGmbH seit 2017 an einer komplett automatisch erstellbaren Variante des Patientenbriefs.

Ein Tool auch für Praxen?

Damit sollen solche Informationen als Standard in das Entlass-Management integriert werden können, ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand für Ärzte zu verursachen.

Inzwischen sind 21.500 ICD- und OPS-Codes in leicht verständliche Textbausteine transformiert worden. Perspektivisch kann dieser Patientenbrief auch für die ambulante Medizin oder für andere Sprachen weiterentwickelt werden.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Projekt des Innovationsfonds

Praxen in NRW werden zur ePA befragt

Glosse

Großer Bruder, kleine Uhren

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)

Übersicht

Eine Agenda für Seltene Erkrankungen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)
Shared Decision Making ist gerade bei der Diagnostik und Therapie seltener Erkrankungen ein wichtiges Versorgungsprinzip. (Symbolbild mit Fotomodellen)

© Pixel-Shot / stock.adobe.com

Seltene Erkrankungen

Was auch Patienten tun können

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

Impfung gegen Gelbfieber: Ist eine Auffrischung nötig?

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung