Praxisabgabe: Nachfolger ist nun altem Chef weisungsbefugt
Hält sich ein Ex-Praxisinhaber nicht an Absprachen, wenn er weiter unter dem neuen Chef in der Praxis arbeitet, so kann ihn der Übernehmer auch fristlos entlassen.
Veröffentlicht:
Raus!: Betreibt ein Praxisabgeber Schmu mit seinem Nachfolger, so kann Letzterer ihm fristlos kündigen.
© [M] Arzt links: Illian | Arzt rechts: Sergey Lavrentev / fotolia.com
KÖLN (iss). Wenn niedergelassene Ärzte ihre Praxis an einen jüngeren Kollegen verkaufen und als Angestellte weiterarbeiten, sollten sie nicht vergessen: Der neue Kollege ist weisungsbefugt, der ehemalige Praxisinhaber darf keine wirtschaftlichen und organisatorischen Entscheidungen mehr fällen. Verstöße können in finanzieller Hinsicht schmerzhafte Konsequenzen haben.
Darauf macht Rechtsanwalt Dr. Tobias Scholl-Eickmann in der Zeitschrift "Arzt- und Medizinrecht kompakt" aufmerksam. Er verweist auf ein Urteil des Arbeitsgerichts Hagen.
Ein 65-jähriger Arzt hatte seinen Anteil an einer Gemeinschaftspraxis an einen Kollegen verkauft. Die beiden Inhaber der Praxis schlossen dann mit dem Arzt einen Arbeitsvertrag für eine angestellte Tätigkeit ab. Dieser regelte unter anderem, dass Nebentätigkeiten der vorherigen Genehmigung bedürfen.
Weil der HNO-Arzt trotzdem in mehreren Fällen Honorare für gutachterliche Tätigkeiten für sich behielt und sie nicht über die Kasse der Praxis verbuchte, kündigten die Praxisinhaber ihm fristlos. Die Arbeitsrichter hielten diesen Schritt für rechtmäßig, da sie in dem Verhalten "eine erhebliche Verletzung der Treuepflicht" sahen. Auch die Entschuldigung des Arztes könne den "nachhaltigen Vertrauensverlust in seine Redlichkeit" nicht beseitigen, so das Gericht.
Die Tatsache, dass er schwerbehindert ist, schützte den Arzt nicht vor der Kündigung, da das Arbeitsverhältnis weniger als sechs Monate bestanden hatte, befanden die Richter. Der Fall zeigt nach Ansicht von Rechtsanwalt Scholl-Eickmann die Probleme auf, die mit der Anstellung eines ehemaligen Praxisinhabers verbunden sind.
Dem früheren Chef sei nicht immer bewusst, dass er jetzt an die Weisungen seines Arbeitgebers gebunden ist. "Auch obliegt die unternehmerische Entscheidungsgewalt allein dem neuen Praxisinhaber", führt er aus. Wenn der Arzt das nicht akzeptiert, drohen Auseinandersetzungen - bis hin zu Kündigung.
Az.: 5 Ca 1324/10