Telemedizin: Es läuft noch nicht rund

Das Problem der Telemedizin ist nicht ihre Finanzierung. Was fehlt, sind bundesweite Konzepte. Und eine Technik, die die Generation 60-plus nicht außen vorlässt.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Telemedizin sollte gerade für ältere Patienten möglichst einfach zu handhaben sein.

Telemedizin sollte gerade für ältere Patienten möglichst einfach zu handhaben sein.

© Robert Bosch GmbH

HANNOVER. Die Telemedizin steht vor drei großen Herausforderungen: Sie muss es schaffen, von den vielen Insellösungen wegzukommen und Standards zu etablieren. Und die Systeme müssen besser auf die Bedürfnisse älterer Patienten angepasst werden. So lautet das Fazit einer Diskussionsrunde zur Telemedizin in Deutschland bei der CeBIT.

Um die 600 Telemedizin-Projekte hat der Ausschuss Telematik der Bundesärztekammer laut deren Vorsitzendem Dr. Franz-Joseph Bartmann gezählt. Eine Zahl, die Bartmann nicht unbedingt positiv wertet, weil viele regionale Projekte enthalten seien.

"Das, was wir uns wünschen, nämlich vor allem bundesweite Modelle, fehlt", sagte er. "Es geht nicht so weiter, dass wir Insellösungen aufbauen und hoffen, diese wachsen irgendwann zusammen." Denn das Problem bei den vielen Insellösungen ist, dass die Kommunikation unter den Leistungserbringern früher oder später doch wieder stockt. Ganz einfach, weil die verschiedenen technischen Infrastrukturen nicht immer kompatibel sind - also oft nicht miteinander kommunizieren können, ohne dass Probleme auftauchen.

Die Kassen fördern die Telemedizin längst

Dabei liege es nicht an mangelnden finanziellen Mitteln. Bartmann: "Finanzierungsmodelle für telemedizinische Projekte sind prinzipiell vorhanden." Bartmann nannte etwa die Verträge zur Integrierten Versorgung, über die die Kassen vielfach die telemedizinische Versorgung der Patienten fördern.

Die Hürden schlummerten vielmehr in der technischen Umsetzung: Nach wie vor fehle eine gemeinsame, barrierefreie, datenschutzkonforme Infrastruktur für telemedizinische Verfahren. Aber ebenso die Einigung auf gewisse Standards in der Versorgung.

Dass sich gerade die einzelnen Bundesländer eine bessere Vernetzung wünschen, zeigt das Beispiel Rheinland-Pfalz. In den ländlichen Grenzgebieten zu anderen Bundesländern kämpft man dort mit telemedizinischen Projekten auch gegen den Ärztemangel. Dr. Jürgen Faltin vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen in Rheinland-Pfalz brachte die Eifel und hier die Region um Trier vor.

In dem gesamten Gebiet gäbe es 62 Haus- und 58 Fachärzte, die auch eher im Stadtgebiet zu finden seien - vor allem die Fachärzte. Um Patienten lange Fahrtwege zu ersparen, aber auch um die kleineren Kliniken vor Ort wirtschaftlich zu erhalten, würden Daten unter Spezialisten hier grenzüberschreitend ausgetauscht.

Und dieser Austausch finde nicht nur von Bundesland zu Bundesland statt. "Zusammen mit Belgien haben wir das Teleradiologienetz Sankt Vith- Prüm gegründet", so Faltin. Seit 2010 nutzten die beteiligten Kliniken im belgischen Sankt Vith und im deutschen Prüm ein gemeinsames Radiologieinformationssystem, über dass sich gemeinsam Befunde erheben ließen.

Wer nicht mitspielt, ist die KV

Seit Juni sei ein MRT in Prüm eingerichtet worden. Wobei sich Faltin darüber ärgert, dass die Kassenärztliche Vereinigung die Telemedizin noch zu wenig unterstützt. Faltin: "So ein Gerät rechnet sich natürlich nur, wenn es auch ambulant eingesetzt wird." Aber die Ermächtigung zur ambulanten Behandlung liege nun einmal in der Hand der KV und die spiele nicht mit.

Gerade im Aufbau ist bei den Pfälzern ein flächendeckendes video-unterstützes Telemedizinystem für Parkinson-Patienten, das ein so genanntes "Bedside Teaching" enthalte. Das heißt, es werden per Videoübertragung auch Tipps und Schulungen für pflegende Angehörige gegeben.

"Hier versuchen wir, eine stationäre Therapie in den ambulanten Bereich zu verlagern", so Faltin. Diese Strukturen sollten später auf andere Gesundheitsfelder übertragen werden.

Die ersten Großprojekte laufen also. Was die Technik aber bislang nicht berücksichtigt, ist der demografische Wandel. Sachsen ist von diesem laut Regina Rösler vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz besonders betroffen. "2020 wird über ein Drittel der Bevölkerung in Sachsen 60 Jahre und älter sein", so das Ergebnis von Hochrechnungen.

 Gerade in einem Bundesland wie Sachsen, in dem Ärztemangel bereits Thema ist, ist die telemedizinsiche Versorgung wichtig. Daher forderte Rösler: "Die Telemedizin-Produkte müssen an diese Entwicklung angepasst werden." Vor allem in der Praktikabilität für die Altersgruppe 60-plus sei von Herstellerseite noch einiges zu tun.

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