Verordnung ist nicht einheitlich geregelt

Die Blutzucker-Selbstmessung sollte nach Ansicht von Professor Rüdiger Landgraf vom Diabetes-Zentrum der Universität München bei allen Patienten mit Diabetes zum Standard gehören - und zwar unabhängig davon, welchen Typ Diabetes sie haben. Unsicherheit gibt dabei aber, wann eine Verordnung wirtschaftlich ist. Denn klare Regeln fehlen zum Teil.

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Voraussetzung sollte immer eine qualifizierte Schulung inklusive Training der Blutzucker-Selbstmessung sein, so Landgraf. Die Patienten müssten wissen, wie sie Fehler bei der Messung vermeiden können und welche Konsequenzen sie aus den Ergebnissen der Blutzuckerkontrolle ziehen müssen.

Die GKV-Versicherten haben nach Paragraf 31 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Harn- und Blutteststreifen. Grundsätzlich darf jeder Arzt Blutzucker-Teststreifen in der Menge verordnen, die er für medizinisch erforderlich hält. Dabei muss er jedoch wie bei jeder Verordnung auch das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten. Das heißt: Die Teststreifen sollten nur dann verschrieben werden, wenn die Behandlung des Diabetikers die Messung erfordert und wenn der Patient in der Lage ist, daraus therapeutische Konsequenzen zu ziehen.

Für die Verordnung von Blutzucker-Teststreifen, die definitionsgemäß zu den Arzneimitteln zählen und deshalb in die Berechnung der Arzneimittelausgaben und der Richtgrößen eingehen, gibt es keine bundesweit einheitliche Regelung. Viele KVen geben jedoch Empfehlungen, wie viele Teststreifen pro Quartal verordnungsfähig sind.

Unterschiedliche Empfehlungen je nach Lebensumständen

Einige KVen machen die Verordnungsmengen abhängig vom Diabetes-Typ, von den Lebensumständen wie Schwangerschaft oder Therapiemuster, zum Beispiel intensivierter Insulintherapie oder Insulinpumpe. Auch für Diabetiker, die mit oralen Antidiabetika oder ohne zusätzlichem Insulin behandelt werden, bestehen unterschiedliche Empfehlungen.

Die vorgesehenen Mengen an Blutzucker-Teststreifen schwanken je nach KV zwischen 50 (meist bei einer Behandlung mit oralen Antidiabetika) und bis zu 800 (bei Anwendern einer Insulinpumpe).

Patienten sind eher bereit, ihren Lebensstil zu ändern.

So hat beispielsweise die KV Nordrhein in der Anlage E zur aktuellen Richtgrößen-Vereinbarung für die Verordnungsfähigkeit von Blutzucker-Teststreifen mit den Kassen einen Orientierungsrahmen vereinbart. Demnach sollen bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, die mit Diät und Tabletten behandelt werden, Urin-Teststreifen verordnet werden. Blutzucker-Teststreifen sind nur in Ausnahmefällen bei Folgeerkrankungen oder pathologischer Nierenschwelle vorgesehen. Dann sollten aber höchsten 50 Blutzucker-Teststreifen pro Quartal verordnet werden. Bei einer Insulintherapie können in der Regel 100 bis höchstens 200 Teststreifen pro Quartal verschrieben werden.

Für Patienten mit Typ-1-Diabetes sind in der KV Nordrhein 400 Blutzucker-Teststreifen pro Quartal verordnungsfähig und für Patienten mit ICT- und Pumpentherapie generell 600 Teststreifen pro Quartal.

Die KV Bayerns weist in ihren aktuellen "Tipps und Hinweisen zu Verordnungen" darauf hin, dass die Verschreibung von Blutzucker-Teststreifen grundsätzlich nur dann sinnvoll ist, wenn der Patient aus dem Messergebnis Konsequenzen wie Ernährungsumstellung oder Dosisanpassung ziehen kann. "Die Frequenz von Blutzucker-Selbstkontrollen ist von der Art der Behandlung und der Stabilität der Stoffwechseleinstellung abhängig", heißt es.

Die KV Hessen vertritt die Auffassung, dass für Typ-2-Diabetiker, die nur orale Antidiabetika einnehmen, eine Blutzucker-Selbstkontrolle nicht notwendig ist. Der Kauf eines Messgerätes diene in diesem Fall eher dazu, "die persönliche Neugierde zu befriedigen". Zugleich weist die KV jedoch h darauf hin, dass ein sich selbst testender Diabetiker mit Blutzucker-Selbstkontrolle besser eingestellt ist als derjenige, der nur gelegentlich eine Urinzucker-Selbstkontrolle macht. In diesem Fall seien bei Typ-2-Diabetikern 50 Teststreifen pro Quartal angemessen.

Wichtiges Instrument der Sekundärprävention

Die Blutzucker-Selbstmessung stärke nicht nur die Eigenverantwortung des Patienten. Sie sei auch ein wichtiges Instrument der Sekundärprävention, sagt der Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und Chefarzt am Diabetes Zentrum Mergentheim, Professor Thomas Haak. Die Selbstkontrolle zeige Diabetikern, welche Auswirkungen eine Änderung der Ess- und Lebensgewohnheiten auf den Blutzucker hat. "Wenn ein Mensch mit Diabetes verstanden hat, wie sich Ess- und Lebensgewohnheiten auf seinen Blutzucker auswirken, sind notwendige Änderungen im Lebensstil auch besser zu begreifen", sagt Haak. (sto)

Lesen Sie mehr im Special: Blutzucker-Selbstmessung

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