Corona-Splitter der KW 44/2021

COVID-19: Alter und Immunschwäche steigern Risiko für schwere Durchbruchinfekte

Blick auf neue Corona-Studien: COVID-Hospitalisierungen nach mRNA-Impfung treffen vor allem immungeschwächte und alte Menschen. Geimpfte haben ein geringeres Risiko für COVID-Progression in der Klinik.

Anne BäurleVon Anne Bäurle und Wolfgang GeisselWolfgang Geissel und Marco MrusekMarco Mrusek Veröffentlicht:
Die My-Variante von SARS-CoV-2 wurde bisher in 39 Ländern nachgewiesen, in Kolumbien dominiert diese „variant of interest“.

Alter Mann und Ärztin in der Klinik: Als Durchbruchsinfektion verläuft COVID-19 auch im Krankenhaus eher mild.

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Update vom 5. November

Das Hospitalisierungsrisiko bei COVID-Durchbruchsinfektionen nach mRNA-Impfung hängt von Alter und Immunschwäche ab, berichtet ein Team der US-Centers for Disease Control (CDC). Die Forschenden haben sich Daten von 4513 erwachsenen Klinikpatientinnen und -patienten aus der Zeit von Mitte April bis Mitte August 2021 angeschaut. Knapp die Hälfte war an COVID-19 erkrankt, die andere Hälfte an anderen Krankheiten (Kontrollgruppe). In der COVID-Gruppe waren 15,8 Prozent geimpft, in der Kontrollgruppe 54,8 Prozent. Daraus ergab sich eine Wirksamkeit der Impfung von 85 Prozent gegen COVID-Hospitalisierung („Odds Ratio“, OR von 0,15).

Von den Immunkompetenten waren geimpft: 11,2 Prozent (COVID-Gruppe) und 53,5 Prozent (Kontrollen). Die OR für Hospitalisierung aufgrund von Durchbruchinfektion betrug 0,10.

Von Immungeschwächten waren geimpft: 40,1 Prozent (COVID-Gruppe) und 58,8 Prozent (Kontrollen) (Hospitalisierung wegen Durchbruchsinfekten OR 0,49).

Von den COVID-Patienten mit Krankheitsprogression in der Klinik waren die Geimpften (n=142) im Vergleich zu Ungeimpften (n=1055) älter, sie brauchten seltener Intensivtherapien (25 vs. 40 Prozent), mechanische Beatmung (7,7 vs. 23 Prozent) und es starben weniger (6,3 vs. 8,6 Prozent) (JAMA 2021; online 4. November).

Update vom 4. November

Die My-Variante von SARS-CoV-2 ist besonders resistent gegen Antikörper von Impflingen und Rekonvaleszenten, berichten Forscherinnen und Forscher von der University of Tokyo in Japan. Sie haben Pseudoviren mit den Spike Proteinen verschiedener SARS-CoV-2-Varianten für Neutralisationstests genutzt. Die Antikörper dazu stammten von 13 Genesenen und 14 Geimpften (Comirnaty®). Ergebnis: Die My-Variante war 10,6-fach resistenter gegen Rekonvaleszenten-Antikörper als die Wildvariante und im Vergleich zur Beta-Variante 2-fach resistenter. Auch bei Geimpften war die My-Variante 9,1-fach resistenter gegen Antikörper als das Wildtyp-Virus und 1,5-fach resistenter im Vergleich mit der Beta-Variante. Bisher galt die Beta-Variante als die resistenteste. Die als „variant of interest“ eingestufte und im Januar in Kolumbien entdeckte My-Variante sollte überwacht werden, schreibt das Team (NEJM 2021, online 3. November).

Update vom 3. November

Ein Forschungsteam ist besorgt wegen SARS-CoV-2-Infektionen bei Weißwedelhirschen. Die Forscherinnen und Forscher der University of Pennsylvania haben Proben aus dem Jahr 2020 aus Lymphknoten von 151 freilebenden sowie 132 gehaltenen Hirschen der in den USA dominierenden Art „Odocoileus virginianus“ aus dem US-Staat Iowa untersucht. Bei jedem dritten Tier fanden sich Hinweise auf SARS-CoV-2-RNA, bei etwa 80 Prozent der damit verbundenen Proben war ein PCR-Test positiv. Wie sich die Hirsche infiziert haben, ist unklar. Anhand der isolierten Varianten ließen sich mehrere Übertragungen von Menschen auf die Hirsche und auch Weitergabe der Erreger zwischen den Hirschen vermuten. Hieraus ergäben sich wichtige Implikationen: Ein solches Tierreservoir der Erreger ist potenziell mit Risiken für die Übertragung auf andere Tierarten verbunden und könnte möglicherweise weitere Infektionsquellen für Menschen schaffen. Für Forschung zu SARS-CoV-2 brauche es daher unbedingt einen One-Health-Ansatz, in dem die Entwicklung und Ökologie des Erregers bei Mensch, Tier und Umwelt umfassend untersucht wird (Preprint bei bioRxiv 2021; online 1. November).

Therapie mit TNF-Hemmern schützt Rheumakranke möglicherweise vor schweren COVID-Verläufen, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in einer Mitteilung. Hinweise darauf gibt es aus einer Studie mit Daten aus dem deutschen COVID19-Rheuma Register. Ein Team vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ) hat sich darin die Verläufe von 2274 Patientinnen und Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und SARS-CoV-2-Infektion angeschaut. Ergebnis: Bei mittlerer bis hoher Rheumaaktivität war das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf deutlich erhöht, besonders hoch war das Risiko bei Therapien mit Glukokortikoiden. Bei den Immunsuppressiva war Rituximab mit einer erhöhten Rate schwerer COVID-19-Verläufe assoziiert und die JAK-Inhibitoren mit einer moderat erhöhten Rate. Die TNF-Inhibitoren dagegen waren eher mit milden Verläufen von COVID-19 assoziiert. Das Fazit: Mit Rheuma eingenommene TNF-Inhibitoren sind bei COVID-Infektion sicher, sie könnten eventuell sogar vor schweren Verläufen schützen, so die Rheuma-Gesellschaft (DGRh-Mitteilung und RMD Open 2021; 7:e001896).

Update vom 2. November

Krebskranke ohne aktuelle Therapien haben kein höheres Risiko für schwere COVID-19-Verläufe, berichten Forscherinnen und Forscher der University of Texas MD Anderson Cancer Center in Houston. Wer allerdings in den drei Monaten vor der COVID-Diagnose gegen den Krebs behandelt wurde, hat ein deutlich höheres Risiko für schwere COVID-Komplikationen, wie eine Studie des US-Teams ergeben hat. Analysiert wurden Daten von 507.307 erwachsenen COVID-Kranken (Alter im Schnitt 48 Jahre) aus 2020, und zwar vom „Optum de-identified COVID-19 electronic health record data set“. Davon hatten 14.287 (2,8 Prozent) Krebs, und knapp jeder dritte Krebskranke war im Quartal vor der COVID-Diagnose systemisch oder mit Bestrahlung behandelt worden. Ergebnis der Analyse: Krebskranke ohne Krebstherapie hatten im Vergleich zu Nicht-Krebskranken sogar ein etwas geringeres Risiko für COVID-Tod (odds ratio 0,93) oder schweren Verlauf mit mechanischer Beatmung (OR 0,61). Krebskranke mit Krebstherapie hatten im Vergleich aber deutlich höhere Risiken für COVID-Tod (OR 1,74), Therapie auf Intensivstation (OR 1,69) und Hospitalisierung (OR 1,19) (JAMA Oncol. 2021; online 28. Oktober).

Update vom 1. November

Eine etwas höhere Rate zerebraler Sinusvenenthrombosen nach Impfung mit Ad26.COV2.S von Johnson&Johnson bestätigen Forscherinnen und Forscher von der Mayo Clinic in Rochester im US-Staat Minnesota. Sie haben Daten des „Vaccine Adverse Event Reporting System“ (VAERS) der USA analysiert. Zum Vergleich dienten Präpandemische Thrombose-Raten bei Einwohnern des „Olmstedt County“ in Minnesota zwischen 2001 und 2015. Ergebnis: Vom 28. Februar bis 7. Mai 2021 wurden etwa 8,7 Millionen Ad26.COV2.S-Dosen verimpft und dabei 38 objektivierbare Fälle von Sinusvenenthrombosen gemeldet. Die Thrombosen traten im Median 9 Tage nach Impfung auf, 31 Fälle waren es binnen 15 Tagen und 35 Fälle binnen 30 Tagen. 71 Prozent der Thrombosen trafen Frauen, das mediane Alter der Betroffenen lag bei 45 Jahre. Ermittelt wurde eine Rate von 8,64 pro 100.000 Personen und Jahr (auf Basis der Fälle 15 Tage nach Impfung). In der Kontrollgruppe vor Pandemie waren es 2,34 Fälle pro 100.000 Personen und Jahr. Dem stünden allerdings als Impfnutzen 940 vermiedene schwere COVID-Fälle pro 100.000 Personen und Jahr entgegen (JAMA Internal Medicine 2021; online 1. November).

Insgesamt 7,7 Stunden haben US-Teenager in den Lockdown-Phasen täglich vor dem Bildschirm verbracht, berichten Forscherinnen und Forscher der University of California in San Francisco. Vor der Pandemie sei die tägliche „Screen-Time“ weniger als halb so lang gewesen (3,8 Stunden), wie eine Querschnittsstudie mit 5419 Heranwachsenden im Alter von 12 bis 13 Jahren ergeben hat. Die Jugendlichen waren im Rahmen der „Adolescent Brain Cognitive Development Study“ im Mai 2020 zu ihrer Screen Time (exklusive Schulunterricht und -aufgaben) befragt worden. Von derselben Kohorte lagen zudem Daten einer Befragung vor der Pandemie vor. Lange Bildschirm-Zeiten waren mit reduzierter psychischer Gesundheit und höherem Stress assoziiert, kurze Bildschirm-Zeiten im Vergleich mit besserer sozialer Unterstützung und Stressbewältigung (JAMA Pediatrics 2021; online 1. November).

Liebe Leserinnen und Leser, wir fassen die Corona-Studienlage wöchentlich zusammen. Eine Übersicht mit allen bereits veröffentlichten COVID-19-Splittern der vergangenen Wochen und Monate finden Sie hier:

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