Risiko für Diabetiker

Hypertonierisiko steigt schon bei mäßigem Alkoholkonsum

Moderater Alkoholkonsum gilt eher als kardioprotektiv. Für den Blutdruck könnte das aber schon zu viel sein – besonders bei Diabetikern.

Von Dr. Beate Schumacher Veröffentlicht:
Zu den vielen vermeidbaren Risikofaktoren bei Diabetes zählt auch regelmäßiger moderater bis schwerer Alkoholkonsum.

Zu den vielen vermeidbaren Risikofaktoren bei Diabetes zählt auch regelmäßiger moderater bis schwerer Alkoholkonsum.

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Das Wichtigste in Kürze

Frage: Besteht ein Zusammenhang zwischen mäßigem Alkoholkonsum und Hypertonie?

Antwort: Bei Typ-2-Diabetikern war nicht nur starker, sondern auch moderater Alkoholkonsum mit einem erhöhten Risiko für hochnormalen Blutdruck und für Hypertonie assoziiert. Dabei gab es eine Dosis-Risiko-Beziehung.

Bedeutung: Zur besseren Blutdruckkontrolle (bei Diabetespatienten) sollte auch von mäßigem Alkoholkonsum abgeraten werden.

Einschränkung: Möglicher Bias durch nicht berücksichtigte Risikofaktoren und Selbstauskünfte zum Alkoholkonsum.

Winston-Salem. Es gibt viele epidemiologische Studien mit Hinweisen, dass leichter und auch mäßiger Alkoholkonsum im Hinblick auf die kardiovaskuläre Gesundheit sogar besser sein könnte als Abstinenz. Forscher der Wake Forest School of Medicine widersprechen dem nun. Jonathan Mayl und seine Kollegen haben festgestellt, dass Typ-2-Diabetiker schon dann ein deutlich erhöhtes Hypertonierisiko haben, wenn die wöchentliche Alkoholration sieben Getränke überschreitet (J Am Heart Assoc 2020; 9:e017334).

Die Analyse bezieht sich auf 10.200 Teilnehmer der ACCORD-Studie, die alle Typ-2-Diabetes und ein hohes kardiovaskuläres Risiko hatten. Nach eigener Auskunft waren drei Viertel von ihnen alkoholabstinent, 21 Prozent waren leichte (pro Woche 1–7 Getränke) und etwa zwei Prozent moderate (8–14 Getränke) sowie ein Prozent starke Alkoholkonsumenten (≥ 15 Getränke). Als ein alkoholisches Getränk galten zum zum Beispiel 350 ml Bier, 180 ml Wein oder 40 ml Schnaps.

Das Risiko für hochnormale Blutdruckwerte (130–139/80–89 mmHg) wie auch für eine Hypertonie (≥ 140/90 mmHg) stieg mit der Alkoholmenge: Bei den moderat Trinkenden war die Odds Ratio um 66 Prozent beziehungsweise um 62 Prozent höher als bei Abstinenzlern, bei starken Alkoholkonsumenten sogar um 149 Prozent und 204 Prozent. Ob die Patienten wenig oder gar keinen Alkohol konsumierten, war dagegen für den Blutdruck unerheblich. Bei allen Berechnungen war das Vorliegen weiterer Risikofaktoren für Hypertonie abgeglichen worden.

Zweifel an günstigen Alkohol-Effekten

„Die Analyse ergänzt jüngere Publikationen, die die günstigen Effekte von Alkohol auf Blutdruck und kardiovaskuläre Gesundheit von Diabetikern infrage stellen“, schreiben die Forscher. Alkoholkonsum sei wahrscheinlich auch in moderaten Mengen ein modifizierbarer Risikofaktor. Darüber sollten (diabetische) Patienten aufgeklärt werden.

Die Analyse weist allerdings auch Schwächen auf. Dazu gehört neben der potenziell unvollständigen Berücksichtigung von Risikofaktoren vor allem die Selbstauskunft zu den üblichen Alkoholmengen, die auch nur bei 232 Patienten einem moderaten Konsum entsprachen. Außerdem waren alle Teilnehmer kardiovaskulär gefährdete Typ-2-Diabetiker, sodass sich die Ergebnisse möglicherweise nicht verallgemeinern lassen.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 11.09.202012:53 Uhr

Um es klar zu sagen: Bei der ACCORD-Studie von 2008(!) "Effects of Intensive Glucose Lowering in Type 2 Diabetes - The Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes Study Group", June 12, 2008, N Engl J Med 2008; DOI: 10.1056/NEJMoa0802743
ging es jetzt nach 12 Jahren ex-post nicht um moderaten Alkoholkonsum, sondern um kritische Mengen am Rande der Alkoholabhängigkeit ausgerechnet bei Diabetikern! Selbst berichtete, nicht mit CDT-Labormessungen objektiv geprüfte Alkoholmengen werden immer eher unter-, denn überschätzt.
"...self-reported alcohol consumption was assessed by participant response to the question “How many alcoholic drinks do you consume in a typical week?” with instructions that “A drink is a 12-ounce beer, 6 ounces of wine, or 1.5 ounces of liquor.” Light, moderate, and heavy alcohol consumption were defined as 1 to 7 drinks/week, 8 to 14 drinks/week, and =15 drinks/week, respectively" sind bei bis zu 14 x pro Woche 350 ml Bier, 180 ml Wein oder 40 ml Schnaps keineswegs als moderat zu bezeichnen. Stutzig machen extreme Abstinenzangaben: "Alcohol Intake
None n=7767 (76.1%) /Light n=2124 (20.8%)/Moderate n=232 (2.3%)/Heavy n=77 (0.8%).
"Association of Alcohol Intake With Hypertension in Type 2 Diabetes Mellitus: The ACCORD Trial" von Jonathan J. Mayl er al. vom 9. Sep 2020
https://doi.org/10.1161/JAHA.120.017334
will uns allen Ernstes weis machen, dass 76,1% der ACCORD-Studienteilnehmer alkoholabstinent waren und nur 2,3% "moderat" tranken?
Diese Studienergebnisse von 2004 an ("after a mean of 3.5 years of follow-up") sind auch wegen hoher HbA1c-Ausgangswerte ab 7,5 wissenschafts- und erkenntnistheoretisch suspekt [Inclusion criteria for the trial was a history of type 2 diabetes mellitus, a glycated hemoglobin level =7.5% or 58 mmol/mol, and either age =40 years with prevalent cardiovascular disease or age =55 years with a substantial amount of atherosclerosis, albuminuria, left ventricular hypertrophy, or =2 additional risk factors..."]
Mf+kG, Dr.med.Thomas G.Schätzler,FAfAM (z.Zt.Ramatuelle)

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