Metallimplantate auch bei Metallallergie?

Veröffentlicht:
Sitzt, passt und wackelt nicht: totale Endoprothese (TEP) des Hüftgelenks im Röntgenbild.

Sitzt, passt und wackelt nicht: totale Endoprothese (TEP) des Hüftgelenks im Röntgenbild.

© Foto: laurent.nicolaonfotolia.de

HEIDELBERG/ROSTOCK (sir). Etwa zwölf Prozent der Bevölkerung sind allergisch gegen Nickel, fünf Prozent gegen Kobalt oder Chrom. Besonders jüngere Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer. Metallallergiker können - müssen aber nicht - Komplikationen bekommen, wenn ihnen konventionelle Endoprothesen aus Edelstahl oder Kobalt-Chrom-Legierungen implantiert werden.

Alternativen sind dann keramische, beschichtete oder nicht-sensitive metallische Materialien. Eine Studie aus Heidelberg hat ergeben: Von über 1300 Patienten in der ambulanten Endoprothese-Sprechstunde der Uniklinik hatten 100 eine Metallallergie, davon waren 90 Frauen.

Junge Menschen sind eher gegen Nickel allergisch

Die unter 40-Jährigen waren dreimal häufiger von einer Nickelallergie betroffen als die über 60-Jährigen (Der Orthopäde 37, 2008, 102). Etwa die Hälfte der Patienten hatte zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch kein Implantat erhalten. Die Allergierate war in der prä- und postoperativen Gruppe mit 7,6 versus 7,2 Prozent ähnlich und lag damit sogar unter dem Bevölkerungsdurchschnitt.

Selbst bei Patienten mit positiver Anamnese war die Prognose für Metallimplantate in Knie und Hüfte nicht schlechter: 46 der 100 Patienten mit Metallallergie hatten bereits ein Implantat erhalten, 32 von ihnen aus einem eigentlich kritischen Material. Bei 13 dieser Patienten gab es Komplikationen, davon vier aseptische Prothesenlockerungen, die aber nicht eindeutig auf eine Allergie zurückgeführt werden konnten.

Insgesamt schätzen die Autoren das Risiko einer allergieinduzierten Komplikation bei älteren Endoprothesepatienten mit bekannter Metallallergie eher gering ein. Werden Standardmaterialien eingesetzt, empfehlen sie aber eine sorgfältige, gut dokumentierte präoperative Aufklärung.

Epikutantest vor Endoprothese kann vorteilhaft sein

Zwar konnte bisher ein Zusammenhang zwischen positivem Epikutantest auf Metalle und Komplikationen bei metallischen Endoprothesen nicht schlüssig nachgewiesen werden. Bei Verdacht auf Sensibilisierung gegen Implantatmaterialien kann ein solcher Hauttest nützlich sein, raten Professor Peter Thomas von der LMU München und sein Kollege Professor Marc Thomsen (Der Orthopäde 37, 2008, 131). Wünschen Arzt und Patient daraufhin kein Implantat aus Edelstahl oder Kobalt-Chrom-Legierungen, gibt es Alternativen aus anderen Matrialien.

Mehr Infos zu Rheuma und Arthrose im Web: www.rheumanet.org und www.eular.org

Alternative Werkstoffe

  • Nicht-sensitive metallische Implantatmaterialien: Titan und Zirkonium-Niob-Legierungen
  • Oberflächenbeschichtungen: keramische Beschichtung mit Titan(niob)nitrit, meist mittels Physical-vapour-deposition (PVD) aufgebracht. Es gibt auch Endoprothesen aus Oxinium (bestehend aus Zirkonium plus etwa 2,5 Prozent Niob, bei 500°C mit Sauerstoff angereichert, dadurch keramische Oberfläche aus Zirkoniumoxid)
  • "Metallfreie" Materialien/Vollkeramik: Oxidkeramiken aus Aluminium- oder Zirkoniumoxid, Mischkeramiken, etwa Biolox® delta (75 Prozent Aluminiumoxid plus 24 Prozent Zirkoniumoxid und Kunststoff wie ultrahochmolekulares Standardpolyethylen (UHMW-PE), häufig eingesetzt für Inlays von Knie-Implantaten (sir)
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kniegelenk

Neue Gonarthrose-Leitlinie setzt mehr auf Eigeninitiative

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion von Gilead Sciences beim DÖAK 2025 von links: Dr. Nazifa Qurishi, Fachärztin für Innere Medizin und Infektiologie, Gemeinschaftspraxis Gotenring Köln; Kelly Cavalcanti, HIV-Aktivistin und Referentin für Gesundheit und Empowerment, Köln, und Martin Flörkemeier, Senior Director Public Affairs, Gilead Sciences, München

© Gilead

Unternehmen im Fokus

HIV-Versorgung: Vertrauen in unruhigen Zeiten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ein Mann greift sich an den Fuß.

© Jan-Otto / Getty Images / iStock

Therapievergleich

Akuter Gichtanfall: Am Ende machen alle Wirkstoffe ihren Job

Ein Hinweisschild mit Bundesadler vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

© Uli Deck/picture alliance/dpa

Update

Urteil

Bundesverfassungsgericht: Triage-Regelung nicht mit Grundgesetz vereinbar