Radon ist bei Schmerzen nachhaltig wirksam

BERLIN (gvg). Mehrere Wissenschaftler und Ärzte haben sich ausführlich mit dem Nutzen und den möglichen Risiken von Radon-Kuren auseinander gesetzt. Ihr Fazit: Bei Schmerzsyndromen des Bewegungsapparats überwiegt der therapeutische Nutzen das Strahlungsrisiko deutlich.

Veröffentlicht:

Radon ist ein kurzlebiges, radioaktives Edelgas, das ionisierende Alpha-Strahlen, also Heliumkerne, aussendet. Radonkuren werden in Bädern mit radonhaltigen Quellen, etwa in Schlema, Kreuznach, Joachimsthal oder Gastein zur Therapie bei rheumatoider Arthritis, Arthrosen, Morbus Bechterew und Wirbelsäulensyndromen angeboten. Üblich sind Bäder in radonhaltigem Wasser oder Inhalationstherapien in Heilstollen.

Zwar seien schmerzstillende Quellen, die später als Radonquellen identifiziert wurden, seit dem Altertum bekannt. Eine systematische wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Nutzen und Risiken der Radonkuren fehlte bisher aber, wie Dr. Hans Jöckel, Bäderarzt aus Bad Kreuznach, sagt. Er ist einer der Autoren der Monographie "Radon als Heilmittel", die diese Lücke schließt. Sie wurde jetzt in Berlin vorgestellt.

Drei Placebo-kontrollierte Studien zur Radontherapie

Klinisch gibt es fünf Studien, in denen die Radonbehandlung prospektiv untersucht wurde, wie der Physiologe Professor Peter Deetjen aus Innsbruck sagte. Drei davon waren Placebo-kontrolliert, wobei die Patienten der Placebogruppe jeweils in nicht radonhaltigem Leitungswasser badeten. Gemessen wurde bei Patienten mit Wirbelsäulensyndromen die Druckschmerzschwelle ausgewählter Schmerzpunkte. Dazu wurde ein Gummikegel mit einem Gewicht benutzt, das über ein Dosimeter stufenlos einstellbar ist (Pressure Threshold Meter).

Bei der Messung wird der Kegel auf die Schmerzpunkte gesetzt und über das Dosimeter der Druck erhöht, bis es weh tut (Schmerzschwelle). Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) oder Morbus Bechterew wurden auch funktionelle Parameter erhoben.

"Bei jenen Patienten, die Radon bekommen hatten, blieb der schmerzlindernde Kureffekt bis zu einem halben Jahr erhalten. Bei Patienten, die kein Radon bekommen hatten, ließen die Effekte nach Ende der Kur rasch nach", so Deetjen in Berlin. Die Zahl der Studienteilnehmer in den Placebo-kontrollierten Studien war mit 46 bis 60 gering, doch hält Deetjen die Daten für robust genug, um von einer Wirksamkeit der Radonkuren auszugehen.

Dem therapeutischen Nutzen stehe ein vernachlässigbar geringes Risiko durch die Strahlenexposition gegenüber, betonte der ehemalige Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz, Professor Alexander Kaul. Die Strahlenbelastung einer einmaligen Kur liege je nach Applikationsart zwischen 0,5 und 2 Millisievert (mSv), was in etwa der jährlichen natürlichen Strahlenexposition in Wohnungen und an der Luft entspreche.

Wiederholte Radonkuren sind unbedenklich

Auch wiederholte Radonkuren seien gesundheitlich unbedenklich. Rein rechnerisch ergebe sich bei sechs Kuren mit jeweils acht Stunden Radonexposition ein Anstieg der Lebenszeitprävalenz für Lungenkrebs um 0,002 Prozent auf 0,432 Prozent für Nichtraucher und um 0,07 Prozent auf 10,87 Prozent für Raucher.

Was den Mechanismus der Radon-Wirkung angeht, so ist den Buchautoren eine Hemmung der zellulären Immunität am plausibelsten. Durch die Alpha-Strahlung werde der entzündungshemmende Botenstoff TGF-beta vermehrt ausgeschüttet und dadurch die Migration von Immunzellen gebremst, so der ehemalige Vorsitzende der deutschen Strahlenschutzkommission Professor Dietrich Harder aus Göttingen.

Deetjen/Falkenbach/Harder/Jöckel/Kaul/Philipsborn, Radon als Heilmittel, Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2005. 112 Seiten, 19,50 Euro., ISBN 3-8300-1768-5

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

Impfung gegen Gelbfieber: Ist eine Auffrischung nötig?

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Lesetipps
Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Patient mit Hypoglykämie, der seinen Blutzuckerspiegel mit einem kontinuierlichen Blutzuckermesssensor und einer Smartphone-App überwacht.

© martenaba / stock.adobe.com

Trotz Schulung

Die wenigsten Diabetes-Patienten reagieren adäquat auf Hypoglykämie