Arbeitgeberrechte

Neue Aufreger: Corona-Impfen im Betrieb und 3G im Fernverkehr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kann sich ein Recht für Arbeitgeber vorstellen, den Corona-Impfstatus der Mitarbeiter zu erfahren. Patientenschützer sind dafür, Gewerkschaften dagegen. Diskutiert wird auch über eine 3G-Regelung für Bahnreisende.

Von Anno Fricke Veröffentlicht:
Vor allem bei Berufsgruppen, die viel mit besonders gefährdeten Menschen arbeiten, wie Pflegekräfte oder MFA, ist es wichtig, dass sie geimpft sind.

Vor allem bei Berufsgruppen, die viel mit besonders gefährdeten Menschen arbeiten, wie Pflegekräfte oder MFA, ist es wichtig, dass sie geimpft sind.

© picture alliance/dpa/dpa pool

Berlin. Die Infektionszahlen steigen. Erstmals liegen wieder mehr als 1000 COVID-Patienten auf den Intensivstationen. In der Politik werden mögliche Reaktionen diskutiert.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) goss am Montag in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ Öl ins Feuer. Er sei hin- und hergerissen, ob Arbeitgebern gesetzlich zugestanden werden solle, ihre Angestellten nach dem Impfstatus zu fragen. Er tendiere in dieser Frage „zunehmend zu ja“, sagte Spahn. „Wenn alle im Großraumbüro geimpft sind, kann ich damit anders umgehen, als wenn da 50 Prozent nicht geimpft sind“, argumentierte der Minister.

Eine solche Regelung würde nicht nur in Großraumbüros, sondern auch in Pflegeheimen, Arztpraxen und Krankenhäusern greifen können. Patientenschützer haben sich deshalb umgehend auf die Seite des Gesundheitsministers geschlagen.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kliniken und Pflegeheimen sollten gegenüber den Arbeitgebern ihren Impfstatus offenlegen müssen, forderte die Deutsche Stiftung Patientenschutz. „In der Pandemie gilt Infektionsschutzgesetz vor Arbeitsrecht“, sagte Stiftungs-Vorsitzender Eugen Brych am Dienstag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Offene Baustellen in den Gesetzen

Tatsächlich sind sowohl das Infektionsschutzgesetz als auch die Arbeitsschutzverordnung derzeit offene Baustellen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) äußert sich unter Verweis auf das Arbeitsrecht skeptisch, hat Spahns Idee aber nicht grundsätzlich verrissen. „Wenn’s hilft, ja“, sagte Heil.

Wenn Spahn einen konkreten Vorschlag für eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes unterbreite, werde er sich angucken, ob das ein Dammbruch sei, oder nicht, wird der Arbeitsminister in der ARD zitiert.

Lesen sie auch

Ein striktes Nein kommt unterdessen von den Gewerkschaften. „Die Information, ob jemand geimpft ist, unterliegt wie alle anderen Gesundheitsdaten der Beschäftigten dem Datenschutz. Sie hat die Arbeitgeber nicht zu interessieren“, sagte DGB-Vorstand Anja Piel. Impfen sei kein Instrument des Arbeitsschutzes.

Mit einer Novelle der Arbeitsschutzverordnung sollen Arbeitgeber verpflichtet werden, Beiträge zur Steigerung der Impfbereitschaft zu leisten. Neu ist der Satz: „Bei der Festlegung und der Umsetzung der Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes kann der Arbeitgeber einen ihm bekannten Impf- oder Genesungsstatus der Beschäftigten berücksichtigen.“

Einschränkungen für Ungeimpfte verfassungsrechtlich vertretbar

Diese Änderungen gehen aus dem Entwurf hervor, der der „Ärzte Zeitung“ vorliegt und der am Mittwoch vom Kabinett ins weitere parlamentarische Verfahren weitergeleitet werden soll. Grundsätzlich sollen Arbeitgeber dafür Sorge tragen, das Impfen im Betrieb niederschwellig anzureizen.

Einschränkungen für Ungeimpfte im Zusammenhang mit der 3G-Regelung lassen sich aus verfassungsrechtlicher Sicht rechtfertigen. Darauf hat der Staatsrechtler Professor Ferdinand Wollenschläger von der Universität Augsburg hingewiesen. Aktuell wird in der Bundesregierung geprüft, ob sich der Fernverkehr der Deutschen Bahn und Inlandsflüge dieser Regel unterwerfen lassen.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Professor Karl Lauterbach hatte sich am Dienstagmorgen dafür ausgesprochen. „Die Inzidenz ist bei den Ungeimpften 25- bis 30-fach so hoch wie bei den Geimpften“, sagte Lauterbach dem „Deutschlandfunk“. Damit sei es auch medizinisch ganz klar, dass, dann auch unterschiedliche Regeln gelten müssten. Er halte deswegen die Einführung der 3G-Regel im Fernverkehr der Bahn für geboten.

Gassen: 3G wenig praktikabel

Aktuell wird in der Bundesregierung geprüft, ob die Bahn von Reisenden einen Impf- oder Genesenenausweis beziehungsweise einen negativen Corona-Test verlangen könne. KBV-Chef Dr. Andreas Gassen hält das Durchsetzen der 3G-Regel im Bahnverkehr für „wenig praktikabel“. Grundsätzlich biete sie aber ein höheres Maß an Sicherheit, sagte Gassen am Dienstag im Gesundheitsausschuss des Bundestages.

Der FDP-Gesundheitspolitiker Professor Andrew Ullmann sieht den Aufwand für eine Umsetzung in keinem günstigen Verhältnis zum möglichen Ertrag. (mit dpa, kna)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Review mit Metaanalyse

Invasive Pneumokokken-Infektionen: Wer besonders gefährdet ist

Screeninguntersuchung

Lungenkrebs-Früherkennung: 60 Prozent würden teilnehmen

Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Review mit Metaanalyse

Invasive Pneumokokken-Infektionen: Wer besonders gefährdet ist

Vermögensforscher im Interview

Welche Eigenschaften helfen, reich zu werden

Lesetipps
Eine Kaffeetasse und ein Hörnchen.

© hana creative studio / Generated

Chronobiologisch sinnvoll

Deshalb gehören Glukokortikoide in die Morgenmedikation

Ein Arzt untersucht das Knie eines Patienten.

© gilaxia / Getty Images / iStock

Kniegelenk

Neue Gonarthrose-Leitlinie setzt mehr auf Eigeninitiative

Collage von Bildern

© Frau: nenetus / stock.adobe.com | Rücken links: Dr. P. Marazzi / Science Photo Library | Arm: ZOKO / stock.adobe.com | Rücken rechts: Eva Valesky (2) | HG: Phokin / stock.adobe.com

Falsches Label?

Verdacht auf Betalaktam-Allergie: Was tun, wenn die Patientin ein Antibiotikum braucht?