„Problemfälle“ in Graz

Uniklinik stellt Herztransplantation ein

An der Uniklinik Graz soll ein kaputtes Herz transplantiert worden sein. In einem zweiten Fall soll eine Herztransplantation erst gar nicht erfolgt sein – weil ein Arzt zum Flugzeug musste. Jetzt stellt die Klinik das HTX-Programm ein.

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LKH Graz: Nach massiver Kritik sollen dort keine Herztransplantationen mehr gemacht werden.

LKH Graz: Nach massiver Kritik sollen dort keine Herztransplantationen mehr gemacht werden.

© picture alliance / ERWIN SCHERIA

GRAZ. In Österreich sorgen Fälle mutmaßlich „verpfuschter“ Herztransplantationen für Wirbel. Das Landeskrankenhaus (LKH) Graz hat jetzt erste Konsequenzen gezogen und sein Herztransplantationsprogramm zunächst eingestellt. Einen entsprechenden Bericht der „Kleinen Zeitung“ bestätigte am Mittwoch der Träger des LKH, die steirische Krankenanstaltengesellschaft KAGes.

Hintergrund für die Entscheidung sind zwei seit Jahresbeginn publik gewordene Fälle erfolgloser Herztransplantationen, die auch zu Kritik von Fachleuten geführt haben.

In einem Fall soll einem 60-Jährigen bereits 2016 ein bei der Entnahme verletztes Spenderherz implantiert worden sein. Berichten zufolge ist der Mann wenige Tage danach gestorben. Offenbar war während der Explantation das Spenderherz verletzt worden. Die Rede ist von „massiven Beschädigungen“, auch sollen wichtige Gefäße gefehlt haben.

Arzt musste zum Flugzeug

Noch bevor das aufgefallen war, soll das zweite Chirurgenteam längst das Empfängerherz entnommen gehabt haben. Eine Reimplantation soll nicht mehr möglich gewesen sein. Die Angehörige des Gestorbenen will nun den Klinikträger vor Gericht ziehen.

In einem weiteren Fall soll es am LKH Graz erst gar nicht zu einer Herztransplantation gekommen sein – obwohl ein Spenderherz verfügbar war. Als „offizielle Begründung“ soll seinerzeit ein Infekt beim Transplantatempfänger dokumentiert worden sein. Tatsächlich sollen aber schlicht keine Chirurgen verfügbar gewesen sein – einer habe zum Flugzeug gemusst, ein anderer Arzt habe den Eingriff nicht vornehmen wollen, heißt es in Medienberichten.

Der österreichische Herzchirurg Univ.Doz. Ferdinand Rudolf Waldenberger hatte bereits nach Bekanntwerden der Fälle Mitte März gefordert, am LKH Graz das Herztransplantationsprogramm einzustellen. „Wir müssen das zentrieren, um gute Ergebnisse zu bekommen. In Österreich würde wahrscheinlich ein Zentrum genügen, aber man kann sich, sag‘ ich jetzt mal, auch auf zwei einigen“, sagte er laut ORF.

Nur zwölf Transplantationen in fünf Jahren

Die Transplantationsmedizin in Österreich gilt gemeinhin als vorbildlich. Die Alpenrepublik hat im weltweiten Vergleich mit die höchste Zahl an postmortalen Organspenden pro eine Million Einwohner.

Das LKH Graz betreibt zahlreiche Transplantationsprogramme. Die zehn Patienten, die dort im Moment auf der Warteliste für ein Spenderherz stehen, sollen nun von den verbleibenden Zentren in Wien und Innsbruck übernommen werden.

Am Grazer LKH wurden laut Gesundheit Österreich (GÖG), dem staatlichen Forschungs- und Planungsinstitut für das Gesundheitswesen, in den Jahren 2013 bis 2017 insgesamt 12 Herzen transplantiert. Zum Vergleich: Das Zentrum in Wien kam im selben Zeitraum auf 224, das in Innsbruck auf 69 Transplantationen. Im Jahr 2017 gab es in Graz laut dem Transplant-Jahresbericht keine solche Transplantation.

Das LKH Graz fungiert als Universitätsspital der dortigen Medizinischen Universität (MUG). Der Maximalversorger mit 7.000 Beschäftigten und rund 90.000 stationären Fällen jährlich zählt zu den größten Krankenhäusern in Österreich. (nös)

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