Tipps vom Manualmediziner
Lokalisierter Druckschmerz macht noch keinen Triggerpunkt
Wer die wichtigsten Triggerpunkt-Syndrome kennt und weiß, worauf bei der Untersuchung zu achten ist, kann Patientinnen und Patienten mit Muskelbeschwerden oft auch mit ein paar Handgriffen helfen.
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Muskelverspannung ist nicht gleich Muskelverspannung. Die Palette an Ursachen und Formen ist lang.
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Hannover. Beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) 2025 gab ein Orthopäde den zuhörenden Hausärztinnen und Hausärzten einen kurzen Crash-Kurs in Sachen Muskelverspannungen. Dabei stellte er auch klar, wann tatsächlich von einem Triggerpunkt die Rede sein kann.
Was die körperliche Untersuchung der Bewegungsorgane anbelangt, sieht Dr. Norbert Braun, zweiter Vorsitzender der Ärztevereinigung für Manuelle Medizin (ÄMM), bei den hausärztlichen Kolleginnen und Kollegen noch Nachholbedarf. „Die meisten können das nicht wirklich gut“, sagte der Orthopäde aus seiner Erfahrung als Leiter manualmedizinischer Untersuchungskurse. Für letztere brach er zugleich eine Lanze: „Sie können das nur durch ständiges Üben lernen.“ Dabei gehe es vor allem ums „Anfassen.“
Braun erinnerte daran, dass es sehr unterschiedliche Ursachen und Formen der Muskelspannungsänderung gibt, von der Spannungserhöhung in einzelnen Muskelgruppen – den klassischen Triggerpunkt-Syndromen – über unkoordinierte Bewegungsstereotype und reflektorische Reaktionen auf Schmerzreize bis zur limbischen Dysfunktion. Lokale Defizite können sich über muskuläre Verkettungen fortsetzen.
Übertragener Schmerz als wichtiges Kriterium
Triggerpunkte in ausgeprägt druckdolenten Hartspann-Strängen einzelner Muskeln werden oft fehlgedeutet. „Allein der Druckschmerz an dem Punkt ist noch längst kein Triggerpunkt.“ Entscheidend sei ein damit verbundener übertragener Schmerz, der öfter auch mal weit vom Triggerpunkt entfernt sein könne, erläuterte Braun. Weitere Merkmale sind die Zuckungsreaktion – „wenn man über diesen Triggerpunkt streicht, dass der Muskel anfängt zu zucken“ – Beweglichkeitseinschränkungen des jeweiligen Muskels und mitunter auch autonome Phänomene wie pilo-, sudo- oder vasomotorische Störungen.
Zur Diagnostik ist der entsprechende Punkt zu palpieren und dann der Druck zu verstärken, um den Übertragungsschmerz zu provozieren. „Wenn Triggerpunkte aktiv sind, muss man gar nicht mal darauf drücken. Dann kommen die Leute mit den Schmerzen auch schon ganz von selbst.“
Typische Triggerpunkte des Musculi gluteus minimus etwa finden sich oft in der Nähe der Sehnenansätze am Darmbein, mit einer Schmerzübertragung vom seitlichen Gesäß und Becken über den lateralen Ober-und Unterschenkel bis zum Außenknöchel oder gar bis zum Fuß.
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Nicht immer kommt der Schmerz von der Wirbelsäule
„Es lohnt sich durchaus, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen“, sagte Braun. Denn Triggerpunkt-Schmerzen manifestieren sich oft als:
- pseudoradikuläres Lumbalsyndrom
- vorderer Knieschmerz
- hinterer Knieschmerz
- Achillodynie
- Plantarfasziitis/Fersensporn
Nicht immer rührten in das Bein ausstrahlende Schmerzen von der Lendenwirbelsäule her, betonte Braun. Achillessehnenschmerzen entstammten oft in der Wadenmuskulatur. Fersensporne würden oft überschätzt. Auch von orthopädischen Kollegen würden hier viel zu oft Röntgenbilder angefertigt – „Aus meiner Sicht völliger Quatsch, völlig sinnlos, können Sie sich sparen. Die Leute haben die Schmerzen auch ohne den Fersensporn.“
So funktioniert die manualmedizinische Triggerpunkt-Behandlung:
- Muskel in Annäherung bringen, sodass er mechanisch unter möglichst wenig Vorspannung steht
- Triggerpunkt aufsuchen und leicht drücken
- Muskel minimal anspannen lassen über etwa 15 Sekunden
- Muskel entspannen lassen
- Weitere 1–5 Anspannungsphasen — „Dann merken Sie das Wegschmelzen des Triggerpunktes“
- Aufdehnen des tonischen Muskelfaserbündels