Einheit bröckelt

Vorerst keine Corona-Impfpflicht für MFA und Pflegekräfte in Bayern

Gegen die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht gibt es erhebliche Widerstände. Jetzt kündigt mit Bayern das erste Bundesland an, sie zunächst nicht umsetzen zu wollen.

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Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder kündigte an, den Vollzug der einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht aussetzen zu lassen.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder kündigte an, den Vollzug der einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht aussetzen zu lassen.

© Sven Hoppe/dpa

München. Bayern will die Corona-Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen nach Angaben von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bis auf Weiteres nicht umsetzen.

Es werde „großzügigste Übergangsregelungen“ geben, was „de facto zunächst einmal auf ein Aussetzen des Vollzugs hinausläuft“, sagte der CSU-Vorsitzende am Montag nach einer Videoschalte des CSU-Vorstands in München. „Für wie viele Monate wird man dann sehen“, fügte er hinzu – jedenfalls zunächst für einige Zeit, „um das Ganze vernünftig zu gestalten.“

Lauterbach kritisiert Söder

Aus der SPD kommt scharfe Kritik an Söder. „Laxe Vollzugsregeln der einrichtungsbezogenen Impfpflicht können nicht nur das Leben der älteren Menschen mit schwachem Immunsystem gefährden“, kommentierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Söders Aussagen. Sie gefährdeten zudem die Glaubwürdigkeit von Politik. „Auch die bayerische Landesregierung sollte das beschlossene Gesetz ernst nehmen“, forderte Lauterbach.

Die bayerische Regierung hintertreibe den gemeinsamen Beschluss von Bund und Ländern und das von CDU/CSU breit mitgetragene Gesetz, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Heike Baehrens, am Montag. Ziel der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sei es, besonders verletzliche Menschen zu schützen. „Wenn die CSU die Impfpflicht aussetzt, entzieht sie sich damit ihrer Verantwortung, diesen Schutz zu gewährleisten. Das sendet ein fatales Signal.“

„Statt jetzt abzubremsen, muss vielmehr von Ländern und Arbeitgebern alles getan werden, um das Personal im Gesundheits- und Pflegebereich vom Impfen zu überzeugen“, sagte Baehrens. „Sie sollten konkrete Impfangebote vor Ort machen, zum Beispiel auch mit dem bald zur Verfügung stehenden Novavax-Protein-Impfstoff.“ Bei diesem besteht die Hoffnung, dass Impfskeptiker weniger Vorbehalte haben als bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech oder Moderna.

DKG-Chef erwartet einheitliche Vorgaben

„Ich warne vor Alleingängen einzelner Bundesländer bei der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht“, sagte die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll (SPD), den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Wir kommen durch die Omikron-Welle doch bisher nur so gut, weil viele Pflegebedürftige und auch Pflegekräfte geimpft, geboostert und die Einrichtungen gut geschützt sind.“

Das sei nötig, um dort niedrige Sterbezahlen zu haben. Die Impfquote unter Pflegekräften sei insgesamt hoch. „Aber wenn es nach mir ginge, sollte jeder geimpft sein“, so die SPD-Politikerin. Sie halte daher auch eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren für richtig. „Damit hätten wir auch die leidige Diskussion um die Pflegekräfte beendet.“

Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, rief Bayern auf, ungeklärte Fragen in eine Länderrunde einzubringen, sollte Klärungsbedarf bei der Umsetzung der Impfpflicht bestehen. In der „Rheinischen Post“ betonte Gaß: „Wir erwarten, dass sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten klar auf der nächsten Bund-Länder Konferenz zu einer einheitlichen Umsetzung verständigen.“ Für die Krankenhäuser ändere sich zunächst nichts: „Wir sind verpflichtet, bis zum 15. März die nicht geimpften Mitarbeiter den Gesundheitsämtern zu melden. Darauf sind wir vorbereitet, und dies werden wir auch durchführen.“

Ab 15. März sollte Impfpflicht im Gesundheitswesen gelten

Die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht, die eigentlich ab dem 15. März greifen soll, wurde im Infektionsschutzgesetz verankert. Konkret heißt es dort, dass die Beschäftigten bis zum 15. März ihrem Arbeitgeber einen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen müssen oder ein Attest, dass sie nicht geimpft werden können.

Wird der Nachweis nicht vorgelegt, muss das Gesundheitsamt informiert werden. Das „kann“, wenn trotz anschließender Aufforderung innerhalb einer Frist kein Nachweis vorgelegt wird, ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot für die Klinik oder Pflegeeinrichtung aussprechen.

Wegen befürchteter aufwendiger Einzelfallentscheidungen hatten die Gesundheitsämter davor gewarnt, die Impfpflicht nicht angemessen kontrollieren zu können. Immer wieder wird auch die Befürchtung geäußert, dass die Pflicht den Personalmangel in der Pflege verschärfen könnte. (dpa/KNA)

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