Pädiatrie

Wie Corona auf Jugendliche wirkt

Kontaktsperren und weniger Bewegung: Die Corona-Pandemie belastet Jugendliche mit Vorerkrankungen enorm, mahnt Jugendforscher Klaus Hurrelmann. Aber auch die gesunden unter ihnen leiden – psychisch und physisch.

Von Raimund Schmid Veröffentlicht:
Die Bedürfnisse von Jugendlichen werden im Zuge der Corona-Pandemie nur wenig berücksichtigt, meint Gesundheitswissenschaftler Professor Klaus Hurrelmann.

Die Bedürfnisse von Jugendlichen werden im Zuge der Corona-Pandemie nur wenig berücksichtigt, meint Gesundheitswissenschaftler Professor Klaus Hurrelmann.

© Irina Polonina/stock.adobe.com

Neu-Isenburg. Die Bedürfnisse von Jugendlichen werden im Zuge der Corona-Pandemie nur wenig berücksichtigt. Ganz im Gegenteil: In der Corona-Pandemie könnten in der Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen Bruchstellen entstehen, die für das weitere Leben prägend sein können. Davor warnt der Bildungs- und Gesundheitswissenschaftler Professor Klaus Hurrelmann von der Hertie School of Governance in Berlin.

Als emeritierter Professor der Universität Bielefeld und Mit-Initiator der Shell-Studie gilt er als einer der renommiertesten Jugendforscher bundesweit. In der Corona-Krise, so fürchtet er, kämen die Belange von jungen Menschen wieder einmal zu kurz.

Sämtliche Entwicklungsherausforderungen, die im Lebensabschnitt um die Pubertät herum in sozialpsychologischer, soziologischer und pädagogischer Hinsicht relevant sind, seien von den coronabedingten Einschränkungen betroffen. Da müssten Bildungs- und Qualifikationsprozesse abgeschlossen werden, da sei die Ablösung von den Eltern sowie der Aufbau intensiver Beziehungen im Gang.

Entwicklungsprozesse gestört

Zudem spielten in dieser Zeit Konsum, Freizeit, und Medien eine immer bedeutendere Rolle, die auch Einfluss auf die Heranreifung eines politischen Bürgers mit eigener Wertorientierung hat. Da all diese Entwicklungs- und Reifungsprozesse seit nunmehr zwei Monaten nicht wie gewohnt ablaufen können, würden die Jugendlichen stark unter diesen mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen leiden, bekräftigt Hurrelmann.

Wer zuvor schon übergewichtig war, läuft Gefahr, noch adipöser zu werden.

Professor Klaus Hurrelmann, Jugendforscher

Davon ist aber bislang bei den verantwortlichen Politikern und der Bundesregierung nicht viel angekommen, kritisiert er. Es sei zu befürchten, dass gerade diejenigen jungen Leute, die sowieso schon psychische, körperliche, psychosozial oder psychosomatische Probleme hatten und durch Vorerkrankungen belastet waren, nun noch mehr Probleme bekommen, ein geregeltes Leben zu führen.

Kontaktstörungen und Kontaktängste

Durch Corona würden zudem weitere zusätzliche Belastungen – etwa Kontaktstörungen und Kontaktängste – hinzukommen. Die lange Zeit gültigen Ausgangsbeschränkungen könnten auch zu Bewegungsarmut und einer schlechteren Ernährung führen. Im Klartext heißt dies für Hurrelmann: „Wer zuvor schon übergewichtig war, läuft jetzt erst recht Gefahr, noch adipöser zu werden.“ Und man müsse befürchten, dass Bildungsungleichheiten – und damit auch gesundheitliche Ungleichheiten – noch stärker zunehmen.

Doch aus der Krise könnten auch neue Chancen erwachsen, die sich zum Beispiel positiv auf die gesundheitliche Bildung in Schulen – etwa durch Einführung eines Schulfaches Gesundheit – und auf das Gesundheitsverhalten junger Menschen selbst auswirken könnten. Denn künftig, so glaubt Hurrelmann, werden auch 12- bis 14-Jährige stärker darauf achten, wie sie Kontakte aufnehmen und wie sie sich in der Gemeinschaft verhalten.

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Zudem sei ein „Schub für mehr Gesundheitsbewusstsein“ zu erwarten. Das könnte sich auch positiv auf Präventionsangebote, wie zum Beispiel die Jungendgesundheitsuntersuchungen J1 und J2 oder die Akzeptanz von Impfungen auswirken. An den an COVID-19-Erkrankten würden junge Menschen jetzt gerade erkennen, wie wertvoll eine Impfung sein kann.

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