Mit der Teilzeitstelle kommt der Karriereknick

Es gibt sie, die Teilzeitstellen an Kliniken für Ärztinnen mit Kind. Aber um die Nachwuchsmedizinerinnen zu fördern und ihnen trotz Familie eine Weiterbildung zur Fachärztin oder Allgemeinärztin zu ermöglichen, reicht das leider nicht aus. Zwei Ärztinnen und Mütter erklären, woran es hapert.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Bei der Nachwuchsförderung in Kliniken kommen Ärztinnen mit Kind noch immer zu kurz.
© Andres Rodriguez / fotolia.com

Bei der Nachwuchsförderung in Kliniken kommen Ärztinnen mit Kind noch immer zu kurz. © Andres Rodriguez / fotolia.com

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Am Uniklinikum Frankfurt/Main scheint es möglich zu sein: als Mutter Karriere im Arztberuf zu machen. Zumindest in der Medizinischen Klinik I, die Professor Stefan Zeuzem leitet. "60 Prozent meiner Mitarbeiter sind weiblich", sagte Zeuzem auf der Chances, dem Karriereforum für junge Mediziner auf dem Internistenkongress. Warum das so ist? "Sie sind besser qualifiziert und zuverlässiger."

Dabei stellt der Direktor der Medizinischen Klinik I gerade auch Ärztinnen mit Kind ein. Denn: "Sie finden niemanden, der so klar strukturiert in der Zeit arbeitet, in der er da ist, wie Mütter." Daher erhält jede Kollegin, die neu anfängt, von Zeuzem auch die Zusage, dass sie - wenn denn ein Kind unterwegs ist - eine flexible Stelle erhält. Allerdings sofern sie innerhalb eines Jahres aus dem Erziehungsurlaub zurückkommt. Die Klinik biete ein Stundensystem, dass Mütter von vier bis 40 Stunden flexibel nutzen könnten.

Aber nicht nur deshalb sagt Zeuzem, dass wir eine Frauenförderung in der Medizin - das große Thema bei der diesjährigen Chances - gar nicht brauchen. Seiner Meinung nach seien Frauen hervorragend darin, ihre Karriere selbst zu gestalten. Die Probleme tauchten erst auf, wenn Kinder da seien. Ein Grund dafür: Die Medizin sei immer noch ein zu quantitatives Geschäft. "Man muss immer noch so und so viele Publikationen vorweisen, um weiterzukommen", so Zeuzem. Dabei würden Zeiträume, in denen Ärztinnen Teilzeit arbeiten oder in Erziehungsurlaub sind, aber nicht herausgerechnet.

Auch PD Dr. Andrea Bäßler, Fachärztin für Kardiologie am Uniklinikum Regensburg, sagte, dass der Karriereknick nicht mit den Kindern, sondern mit dem Entschluss Teilzeit zu arbeiten komme. Die Mutter zweier Kinder spricht aus Erfahrung: Als das erste Kind kam, arbeitete sie wissenschaftlich. Da lies sich Arbeit und Familie halbwegs vereinbaren. Als die erste Tochter nun aber in die Schule kam und auch schon ein zweites Kind da war - und das bei einer praktischen Tätigkeit in der Klinik - blieb nur die Teilzeit.

Dabei ist es ja schön, dass Teilzeitarbeit in vielen Kliniken mittlerweile möglich ist. Aber: Wer weniger präsent ist, hat es schwieriger, beruflich weiterzukommen. So auch die Erfahrung einer jungen Ärztin aus dem Auditorium, die sogar in der Klinik 1 bei Professor Zeuzem arbeitet. Denn auch dort gebe es kaum Fortbildungsveranstaltungen, die vor 17 Uhr stattfinden. "Ich arbeite drei Tage voll, um präsent zu sein und auch einmal eine Sprechstunde oder einen Koloskopietag zu Ende zu bringen", erklärte die junge Ärztin.

Kein Wunder also, dass sich Bäßler vor allem wünscht, dass sie auch als Teilzeitkraft Fortbildungen machen und Kongresse besuchen kann und so überhaupt eine Chance auf eine Karriere hat. Bäßler: "Ich fange jetzt erst an, Katheter-Ops zu machen." Ebenso steht ein flexibleres Teilzeitmodell auf ihrer Wunschliste: "Ich hätte gerne eine 75-Prozent-Stelle gehabt." Aber möglich war eben nur die 50-Prozent-Stelle, oder Vollzeit. Um das zu füllen, was ihr fehlt, arbeitet sie nun parallel in einer Arztpraxis.

Es ist also eher ein Umdenken bei den Vorgesetzten, das benötigt wird. Robert Lerchenberg, Referatsleiter Personalabteilung am Uniklinikum Regensburg brachte seine Erfahrung wie folgt auf den Punkt: "Der Chef ist dafür verantwortlich, was mit seinen Mitarbeitern passiert." Ob eine Mutter Beruf und Karriere in Klinik oder Praxis vereinbaren könne, hänge also davon ab, wie der Vorgesetzte seinen Bereich strukturiere und seine Mitarbeiter fördere. Das Uniklinikum Regensburg zum Beispiel würde ein paar Millionen für die Förderung von Ärztinnen bereit halten.

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