Pharma

Takeda verdaut den Shire-Deal

Der japanische Arzneimittel- und Impfstoffhersteller Takeda katapultiert sich mit der Übernahme der irischen Shire in die Liga der weltweit zehn größten Pharmafirmen. Zunächst hat der milliardenschwere Zukauf jedoch ein tiefes Loch in die Bilanz gerissen.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
In Oranienburg bei Berlin produziert Takeda jährlich bis zu 6,7 Milliarden Tabletten und Kapseln. Das Werk geht zurück auf den Pantoprazol-Hersteller Altana, dessen Erbe Takeda mit der Übernahme Nycomeds (2011) antrat.

In Oranienburg bei Berlin produziert Takeda jährlich bis zu 6,7 Milliarden Tabletten und Kapseln. Das Werk geht zurück auf den Pantoprazol-Hersteller Altana, dessen Erbe Takeda mit der Übernahme Nycomeds (2011) antrat.

© Takeda / S. Bolesch

Osaka. Die Akquisition des ADHS- und Orphan-Drug-Spezialisten Shire hat Japans größtem Arzneimittel- und Impfstoffhersteller im zurückliegenden Geschäftsjahr 2019/20 (zu Ende März) ein exorbitantes Umsatzwachstum beschert. Umgekehrt ließen Kaufpreisallokation und Finanzierungskosten des Anfang 2019 komplettierten 62-Milliarden-Dollar-Deals den Ertrag ebenso kräftig schrumpfen. Operativ habe man gleichwohl „solide Resultate“ verzeichnen können, heißt es in einer Mitteilung zur aktuellen Bekanntgabe der Jahreszahlen.

Konzernchef Christophe Weber erklärte, die Transformation zu einem der zehn größten globalen Pharma-Player habe sich „beschleunigt“; dank gefüllter Pipeline sei Takeda für organisches Wachstum gut aufgestellt. 14 klinische Projekte befinden sich derzeit in Arbeit, die bereits so weit fortgeschritten sind, dass sie, vorausgesetzt auf den letzten Metern geht nichts mehr schief, in diesem und den nächsten Jahren (bis 2024) in den Markt kommen könnten. Darunter ist auch ein Hyperimmunglobulin aus dem Plasma rekonvaleszenter COVID-19-Patienten.

Im Sommer erste klinische Tests mit Hyperimmunglobulin

Die erst kürzlich in Allianz mit dem Blutproduktehersteller CSL Behring und weiteren Wettbewerbern gestartete Entwicklung habe das Potenzial, „eine der ersten zugelassenen Behandlungsoptionen“ gegen COVID-19 zu werden, so Weber. Erste klinische Studien sollen im Sommer beginnen.

Die Zahlen: Der Konzernumsatz lag mit 3,3 Billionen Yen (28,3 Milliarden Euro) um 57 Prozent über Vorjahr. Unterstellt, Shire wäre bereits im vorherigen Geschäftsjahr voll konsolidiert gewesen, hätte das Umsatzwachstum knappe zwei Prozent betragen. Der Betriebsgewinn ging um 58 Prozent auf 100,4 Milliarden Yen (865 Millionen Euro) zurück. Was einschließlich eines erheblich verschlechterten Finanzergebnisses vor Steuern zu rund einer halben Milliarde Euro Verlust führte. Dank einer Gutschrift vom Fiskus werden unterm Strich dennoch 44,3 Milliarden Yen Überschuss ausgewiesen (81,6 Millionen Euro). Die langfristigen Verbindlichkeiten verringerten sich um zwei Prozent auf umgerechnet 51,2 Milliarden Euro.

Bereinigt um Abschreibungen, Wertminderungen und etliche Sondereffekte wäre der Betriebsgewinn den Angaben zufolge mit 962 Milliarden Yen mehr als doppelt so hoch ausgefallen wie im Vorjahr. Der Forecast für das neue Geschäftsjahr lautet auf Umsatzstagnation aber mehr als eine Verdreifachung des auszuweisenden Betriebsgewinns.

Neue Produkte entwickeln sich gut

Zur operativen Entwicklung im abgelaufenen Geschäftsjahr heißt es weiter, neue Produkte in den Kerngeschäftsfeldern Gastro, Krebs, Neuro, Orphans und Plasmaderivate hätten die Einbußen durch generische Konkurrenz für Altprodukte wie unter anderem Pantoprazol oder Lansoprazol voll ausgeglichen. Wachstumstreiber im Onkologiegeschäft waren demnach etwa der erste orale Proteasom-Inhibitor Ixazomib (Ninlaro® gegen Multiples Myelom), der um 25 Prozent auf umgerechnet rund 671 Millionen Euro zugelegt habe, sowie das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Brentuximab Vedotin (Adcetris® gegen Lymphome) mit +23 Prozent auf 456 Millionen Euro. Unter den Neuro-Präparaten wird der aus dem Shire-Portfolio stammende ADHS-Wirkstoff Lisdexamfetamin (Vivanse®) mit 22 Prozent Zuwachs (auf 2,4 Milliarden Euro) hervorgehoben oder das Antidepressivum Vortioxetin (Trintellix®, +23 Prozent auf 612 Millionen Euro).

Die Plasma-Unit zog um 31 Prozent auf umgerechnet 3,4 Milliarden Euro an, wobei das starke Plus hier auch auf Produktzuwachs infolge der Shire-Übernahme zurückzuführen ist. Orphan Drugs, eines der beiden Standbeine des irischen Neuzugangs, spielten 5,5 Milliarden Euro ein; im Vorjahr hatte Takeda mit Produkten gegen seltene Erkrankungen erst etwas über eine Milliarde Euro erlöst. Takedas Hauptprodukt, der Antikörper Vedolizumab (Entyvio® gegen M. Crohn und Colitis ulcerosa), brachte nach starker operativer Performance mit drei Milliarden Euro 29 Prozent mehr ein als im Vorjahr

Von den zahlreichen Neueinführungen, die Takeda plant, steht dieses Jahr neben dem bereits erwähnten Hyperimmunglobulin eine orale Budesonid-Formulierung gegen eosinophile Ösophagitis an. Für 2021 werden u.a. eine Dengue-Vakzine sowie der Tyrosinkinasehemmer Mobocertinib gegen nicht-kleinzellige Lungentumoren in Aussicht gestellt, außerdem der Proteinkinasehemmer Maribavir zu Prävention und Therapie der Cytomegalievirus-Erkrankung.

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