Kohortenstudie

Erhöhte Darmkrebsrate bei Hämorrhoiden

Patienten mit Hämorrhoidalleiden sind möglicherweise Risikokandidaten für Prostata- und Darmkrebs. Taiwanesische Wissenschaftler fanden einen Zusammenhang, der sich nicht allein mit der intensiveren Diagnostik erklären ließ.

Veröffentlicht:

TAIPEH / TAIWAN. Verschiedene Autoren haben in der Vergangenheit postuliert, dass Hämorrhoiden mit einem erhöhten Darmkrebsrisiko in Zusammenhang stehen. Dieser kontrovers diskutierten Frage ist nun ein Team aus Taiwan nachgegangen (The American Journal of Medicine 2013; 126: 1143.e9-1143.e18).

Das Ergebnis der Kohortenstudie von Pei-Chang Lee und Kollegen vom Veterans General Hospital in Taipeh mit über 70.000 Patienten: Patienten mit Hämorrhoiden erkrankten mit einer SIR von 1,52 innerhalb von rund sechs Jahren deutlich häufiger an Krebs jedweder Art, als man es in der Allgemeinbevölkerung erwarten würde (SIR = standardisierte Inzidenzrate).

Auch längerfristig vermehrt Krebsdiagnosen

Insbesondere im ersten Jahr, nachdem die Hämorrhoiden aufgetreten waren, hatte man vermehrt Krebsdiagnosen gestellt. Das überrascht nicht, schließlich kann man für diesen Zeitraum von einer engmaschigeren und gründlicheren Überwachung der Patienten ausgehen. Die Autoren sprechen denn auch von einem "Surveillance-Bias".

Allerdings blieb der Zusammenhang auch für die Zeit danach bestehen, und zwar insbesondere für zwei Krebsarten: Darmkrebs und Prostatakarzinom. Nachdem man das erste Jahr nach der Hämorrhoidendiagnose von der Bewertung ausgenommen hatte, blieb das Risiko für die beiden Krebsarten mit SIRs von 1,50 bzw. 1,40 signifikant erhöht.

Andere Läsionen am After, beispielsweise Analfissuren, Fisteln oder perianale Abszesse, ließen kurzfristig zwar ebenfalls die Wahrscheinlichkeit einer Karzinomdiagnose steigen, dies war aber vor allem Analkarzinomen geschuldet, die man im Zuge der Nachbeobachtung erkannt hatte (SIR = 12,08).

Nach Ausschluss des ersten Jahres nach Diagnose der Läsion war der Effekt verschwunden. Nur vier Analkarzinome hatte man insgesamt diagnostiziert, alle im ersten Jahr nachdem die Läsion aufgefallen war.

Was ist die Henne, was ist das Ei?

Sind nun Hämorrhoiden ein Risikofaktor für die Entwicklung eines kolorektalen Karzinoms? Vieles spricht dafür, dass es sich eher umgekehrt verhält. So ist eine chronische Verstopfung offenbar ein häufiges Symptom bei Darmkrebs, das sich bereits in frühen Stadien einstellen kann.

Und heftiges Pressen während der Defäkation begünstigt die Entstehung von Hämorrhoiden. Auf der anderen Seite führen Lee und Kollegen aber auch Studien an, die beispielsweise den verlängerten Kontakt zwischen Fäzes und Kolonepithel bei Verstopfung als potenziellen Auslöser für die Krebsentstehung sehen.

Wer Patienten mit Hämorrhoiden behandelt, das steht für die taiwanesischen Wissenschaftler fest, sollte in jedem Fall auch an die Möglichkeit eines gleichzeitig bestehenden Kolon- oder auch Prostatakarzinoms denken. Künftige Studien müssen klären, was dabei die Henne ist und was das Ei. (EO)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Adenomdetektionsraten

Nach KI-Unterstützung das Koloskopieren verlernt?

Darmkrebsfrüherkennung

Hochrisiko-Polyp: Rezidivrisiko offenbar auch bei Jüngeren hoch

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Abb. 1: Schematische Wirkprinzipien verschiedener immuntherapeutischer Ansätze beim Multiplen Myelom

© Johnson & Johnson

Therapie des Multiplen Myeloms

Ebnet die Präzisionsmedizin den Weg zur funktionellen Heilung dieser Neoplasie?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Janssen-Cilag GmbH, Neuss
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Lesetipps
Ein Traum für jeden Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes: Eine vollständig automatisierte Insulingabe mit Full-Closed-Loop (FCL)-Systemen dank künstlicher Intelligenz (KI).

© Iryna / stock.adobe.com

KI in AID-Systemen

Diabetes: Vollautomatisierte Insulinpumpen sind im Kommen

Patient mit Hypoglykämie, der seinen Blutzuckerspiegel mit einem kontinuierlichen Blutzuckermesssensor und einer Smartphone-App überwacht.

© martenaba / stock.adobe.com

Trotz Schulung

Die wenigsten Diabetes-Patienten reagieren adäquat auf Hypoglykämie

Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren