Frischzellenkur für das ZNS mit neuronalen Stammzellen

INNSBRUCK (RM). Die Multisystem-Atrophie ist eine rasch progrediente und tödliche neurodegenerative Erkrankung. Erste Erfolge mit einer neuen Therapie wurden bei Tieren erzielt: die Transplantation neuronaler Stammzellen.

Veröffentlicht:

Die Multisystem-Atrophie (MSA) betrifft als neurodegenerative Erkrankung in erster Linie das zentrale und das autonome Nervensystem. Der Zellmetabolismus ist gestört, sodass sich in der Zelle Eiweiß ansammelt. Dabei kumuliert das alpha-Synuklein in den glialen Einschlusskörperchen (GCI) der Oligodendroglia. Das Protein ist außerdem Bestandteil von Aggregaten, die bei Morbus Parkinson und der Lewy-Körper-Demenz vorkommen.

Die Hauptsymptome der MSA sind Versagen des autonomen Nervensystems, Parkinson-Syndrom, zerebelläre Ataxie und Pyramidenbahnzeichen. Diese können in verschiedenen Kombinationen auftreten und lassen sich klinisch in zwei motorische Erscheinungsformen einteilen: Bei 80 Prozent der Patienten sind die Parkinson-Symptome vorherrschend (MSA-P-Subtyp). Bei den restlichen Patienten jedoch dominiert eine zerebelläre Ataxie (MSA-C-Subtyp). Im Gegensatz zum idiopathischen Parkinson-Syndrom ist bei Patienten mit MSA die Lebenserwartung eingeschränkt. In der EU leben vermutlich etwa 40 000 MSA-Patienten.

Die bisherigen Therapien sind selten erfolgreich. So geht zwar durch L-Dopa bei rund einem Drittel der Patienten das Parkinson-Syndrom zurück, allerdings nur vorübergehend. Auf lange Sicht sprechen 90 Prozent der MSA-P-Patienten auf eine Dopa-Behandlung nicht an.

Führend bei der MSA-Erforschung ist eine Arbeitsgruppe um den Neurologen Professor Gregor Wenning, den Leiter des MSA-Forschungsschwerpunktes an der Universitätsklinik Innsbruck. Zum Beispiel entwickelten die Tiroler Wissenschaftler das weltweit erste transgene Mausmodell, das einen Hinweis auf die Proteinansammlungen im Nervensystem lieferte.

Wennings Gruppe hat damit nachgewiesen, dass die alpha-Synuklein-Aggregate die Nervenzellen für oxidativen Stress empfindlicher machen.

Diese Forschungen ermöglichen den Schritt zu einer neuen Therapie, die auf einem internationalen Neurologen-Kongress in Innsbruck großes Interesse hervorrief. Wenning: "Durch die Verpflanzung neuronaler Stammzellen in jene Areale, die durch die Multisystem-Atrophie zerstört wurden, könnten wir die Krankheit lindern."

Im Labor wurde der innovative Ansatz bereits erprobt: Mit der Stammzelltherapie gingen Parkinson-ähnliche Symptome in MSA-Modellen deutlich zurück. Noch sind aber nicht alle Regionen des Zentralnervensystems für die Verpflanzung von Stammzellen erreichbar. Daher müsste die Transplantation durch neuroprotektive Maßnahmen, etwa die Verordnung von entzündungshemmenden Substanzen, ergänzt werden.

Zusätzlich zur therapeutischen Forschung bemühen sich die Wissenschaftler in Innsbruck, die diagnostischen Verfahren zu verbessern.

"Wir wollen eine noch genauere Unterscheidung zwischen Parkinson und Multisystem-Atrophie ermöglichen. Denn diese beiden Krankheitsbilder wurden früher häufig verwechselt, weil die Symptome anfangs zum Teil ähnlich sind", erklärte Professor Werner Poewe, Vorstand der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurologie.

Der Beitrag ist erstmals erschienen in der "Ärzte Woche", und zwar am 25. Januar 2007

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Abb. 1: Schematische Wirkprinzipien verschiedener immuntherapeutischer Ansätze beim Multiplen Myelom

© Johnson & Johnson

Therapie des Multiplen Myeloms

Ebnet die Präzisionsmedizin den Weg zur funktionellen Heilung dieser Neoplasie?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Janssen-Cilag GmbH, Neuss
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Arzt untersuch das Knie eines Patienten

© gilaxia / Getty Images / iStock

Interview mit Leitlinien-Koordinator

Gonarthrose-Therapie: „Nur wenige Maßnahmen wirken“

Für die Einarbeitung sollten Neulinge eine feste Ansprechpartnerin im Team haben. (Motiv mit Fotomodellen)

© Manu Reyes / Stock.adobe.com

Willkommenskultur

Neu im Team? Was Praxen beim Onboarding beachten sollten