Kritik am Ende der Corona-Bürgertests

Niedersachsens Ärztekammer-Präsidentin Wenker sieht Gesundheitssystem am Anschlag

Wegen vieler Corona-Fälle sind ganze Klinikabteilungen lahmgelegt. Niedersachsens Kammerchefin kritisiert einen „gewollten Datenblindflug“ – und fordert ein regionales, repräsentatives Monitoring.

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ÄKN-Präsidentin Dr. Martina Wenker

Hat „noch nie einen Sommer wie diesen erlebt“: ÄKN-Präsidentin Dr. Martina Wenker (Archivbild).

© Rolf Schulten

Hannover. Die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) sieht das Gesundheitssystem bis zum Anschlag belastet und warnt vor einer Verharmlosung der aktuellen Pandemielage. „Wir dürfen die sinkenden Corona-Fallzahlen nicht als ein Zeichen dafür nehmen, dass jetzt wieder alles gut ist, sondern es wird einfach nicht mehr getestet“, sagte Dr. Martina Wenker am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.

Der Verzicht auf die kostenlosen PCR-Tests für die meisten Bürgerinnen und Bürger komme einem „gewollten Datenblindflug“ gleich, kritisierte die Pneumologin.

RKI-Daten unterschätzen vermutlich Inzidenz

Wenker hatte wiederholt die Rückkehr zu den kostenlosen Bürgertests gefordert. Für die meisten Bürgerinnen und Bürger wird seit Juli ein Eigenanteil bei SARS-CoV-2-Tests fällig. Ausnahmen sind freilich symptomatische Patienten. Einige ärztliche Verbände hatten sich bereits im Frühjahr für ein Ende der kostenfreien Bürgertests ausgesprochen.

Die Situation in den Krankenhäusern und Arztpraxen spreche eher dafür, dass viel mehr Menschen mit dem Corona-Virus infiziert seien als es die offizielle Statistik des Robert Koch-Instituts (RKI) zeige, sagte Wenker.

Sie bekomme als Klinikärztin jeden Tag eine Statistik mit immer mehr positiv getesteten Patientinnen und Patienten. „Es sind viele Menschen, die wegen anderer Krankheiten ins Krankenhaus gekommen sind, aber zusätzlich corona-positiv sind.“

Wenker fordert repräsentatives Monitoring

Für die Patienten bedeute das eine sehr große weitere Belastung und für die Kliniken mehr Aufwand, weil diese Patienten nach wie vor isoliert werden müssten. Gleichzeitig falle viel Personal in den Kliniken aus, weil es ebenfalls erkranke. „Ich bin seit 40 Jahren im Krankenhaus tätig, aber ich habe noch nie einen Sommer wie diesen erlebt, wo alles voll ist, wo wir Abteilungen und Betten abmelden müssen“, berichtete Wenker.

Nach wie vor müssten die Hygiene- und Abstandsregeln konsequent eingehalten und in Innenräumen eine Maske getragen werden. „Meine Forderung an die Politik ist, nicht flächendeckend zu testen, sondern in ausgewählten, repräsentativen Regionen testen und dort ein konsequentes Monitoring machen.“ Damit hätte die Politik und das Gesundheitssystem wieder einen Anhaltspunkt, in welche Richtung sich die Pandemie entwickele. (dpa/eb)

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