Ja zur Karriere - aber bitte mit Kindern!

Die Medizin hat ein handfestes Nachwuchs-Problem - gelöst werden kann es nur, wenn Beruf, Kinder und Familie miteinander vereinbar werden.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Da steht sie vor überwiegend ergrauten, durchweg männlichen Medizinern, Wissenschaftlern und ärztlichen Berufspolitikern: die Ärztin, die Mutter von sieben Kindern, die einstige Familien- und heutige Arbeitsministerin. Ursula von der Leyen packt bei der Eröffnung des Internistenkongresses die Gelegenheit beim Schopf, den Repräsentanten der "Mutter der Medizin", wie Internisten ihr eigenes Fach gern nennen, ins Gewissen zu reden, ihnen klar zu machen, welche Verantwortung sie für den ärztlichen Nachwuchs und am Ende auch für eine gute medizinische Versorgung tragen.

Von der Leyens These: Ja, die Medizin hat ein handfestes Nachwuchsproblem. Es ist tiefgreifender als die aktuelle Wirtschaftskrise, weil sie zum einen zusammenhängt mit einem tiefgreifenden und unaufhaltsamen demografischen Wandel - und einem Erfolg der Bildungspolitik seit der 60er Jahre. Längst, so von der Leyen, nutzen Mädchen und junge Frauen Bildungschancen effektiver als Jungen - 60 Prozent des studentischen Nachwuchses sind weiblich.

Wie aber sind ihre Chancen im Beruf? Gelte für junge Väter, dass sie - um ihre junge Familie zu ernähren - noch mehr arbeiteten (natürlich mit steigender Karrierechance!), so sei das Signal an die Frauen: "Karriere ja - aber bitte ohne Kinder!" Die faktische Folge: Der weibliche Habilitanden-Anteil beläuft sich auf 25 Prozent, der der C4-Professorinnen auf sechs Prozent. Jede dritte Ärztin beendet ihre Weiterbildung nicht - "in Zeiten internationalen Wettbewerbs um die besten Köpfe ist das katastrophal", so von der Leyen.

Radikales Umdenken fordert von der Leyen von allen, die in der Medizin Führungsverantwortung tragen, denn: "Spitzenmedizin erfordert den gesamten Nachwuchs." Notwendig sei ein motivierendes Arbeitsklima, in dem die Arbeits- und die Lebensbiografie zueinander kongruent gemacht werden müssen. Dazu gehören familienfreundliche Arbeitszeiten ebenso wie Kita-Öffnungszeiten, die dem tatsächlichen Arbeitsrhythmus von Ärzten entsprechen. Beispiele dafür gibt es bereits, etwa an der Charité in Berlin.

Auf einen anderen Umstand, wie der ärztliche Nachwuchs gefördert werden könnte, machte Professor Jörg-Dietrich Hoppe, der Präsident der Bundesärztekammer aufmerksam: Mit dem Bundesgesundheitsministerium will er nach neuen, besseren Kriterien für die Eignung zum Medizinstudium suchen. Sein Ansatz: Nicht Abiturnote oder Wartezeit geben den Ausschlag, sondern soziales Engagement, Kenntnisse aus anderen Studiengängen, und zwar auch aus den Geisteswissenschaften.

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