Am PSA-Test scheiden sich die Geister

Vorsorgeuntersuchungen werden in Europa unterschiedlich gehandhabt. In Deutschland gehört etwa der PSA-Test nicht zum Standardprogramm. Anders die Koloskopie: Ein Muß in jedem Fall: die Beratung über die Bedeutung des Test-Ergebnisses.

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Für Paolo Fornara, Professor für Urologie an der Universitätsklinik Halle, ist Deutschland ein Außenseiter - zumindest was die Vorsorgeuntersuchungen auf Prostatakrebs anbelangt. Bei vielen europäischen Nachbarn, Italien und England zum Beispiel, auch in den USA, gehöre die Bestimmung des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) für Männer ab 50 zum Standardprogramm der Krebsprävention.

Nicht so in Deutschland, wo pro Jahr etwa 12 000 Männer an den Folgen eines Prostata-Ca sterben. Hier wird die Drüse durch das Rektum mit dem Finger abgetastet, eventuell sonografiert, eventuell ein Kernspin gemacht. "Diese Methoden sind nicht zuverlässig", sagt Fornara, "auch die bildgebenden nicht. Sie erlauben keine Unterscheidung zwischen gut- und bösartigen Veränderungen, weder in Bezug auf die Größe noch auf die Morphologie."

Auch eine lange Fahrradtour erhöht den PSA-Wert

PSA ist kein Tumor-, sondern ein Organmarker, der PSA-Wert kann auch bei gutartigen Prostataveränderungen oder Entzündungen der Drüse und selbst nach einer längeren Fahrradtour erhöht sein.

Statistisch gibt es bei 100 bis 150 von 1000 älteren Männern, die ihren PSA-Wert bestimmen lassen, falsch-positive Ergebnisse und damit Folgeuntersuchungen wie Gewebeentnahmen, falsch-negative PSA-Testergebnisse werden bei jedem zehnten Mann mit Prostata-Ca gefunden. Selbst wenn nach PSA-Tests tatsächlich ein Malignom entdeckt wird, wächst es bei der Hälfte bis zwei Drittel der Männer extrem langsam und würde zeitlebens keine Beschwerden verursachen.

Andererseits läßt sich die zweite, aggressive Form des Karzinoms nicht heilen, wenn die Zellen einmal über die nähere Umgebung der Prostata hinaus gestreut haben. Solchen aggressiven Tumoren, bei denen im Frühstadium eine Heilung möglich ist, gilt die Früherkennung. Da sich aber beide Formen im Untersuchungsmaterial bislang nicht zuverlässig unterscheiden lassen, werden auch Männer operiert, bestrahlt und mit Hormonen therapiert, denen der Tumor nicht geschadet hätte - im Gegensatz oft zur Therapie.

Zur Zeit wird der PSA-Test als Krebsvorsorgeuntersuchung gesunder Männer nicht von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert. "Nach der gegenwärtigen Datenlage können wir nicht sicher beurteilen, ob der Nutzen des PSA-Tests die Risiken überwiegt", sagt Fornara. Es zeichne sich aber in Studien immer mehr ab, daß die individuelle Anstiegsdynamik des PSA-Wertes aussagekräftig und - zusätzlich zur digitalen Untersuchung - sinnvoll sein könne.

Allerdings gebe es viele verschiedene PSA-Tests, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. "Wir haben derzeit keinen einheitlichen Standard", sagt Fornara. Wichtig sei, Patienten vor dem PSA-Test - er wird gesunden Männern als Selbstzahlerleistung angeboten - über die möglichen Konsequenzen des Ergebnisses genau aufzuklären. Zu einer Beratung gehöre auch, eine angemessene Bedenkzeit anzubieten.

Darmkrebs-Screening bringt medizinischen Vorteil

Schon jetzt zeichnet sich aber offenbar ab, daß zumindest das Darmkrebs-Screening mit Hilfe der Koloskopie 55- bis 65jährigen Menschen einen medizinischen Vorteil bringt: Bei etwa jedem fünften von über einer Million Bundesbürgern, die sich in den vergangenen drei Jahren im Zusammenhang mit einer Vorsorge haben untersuchen lassen, fanden sich klinisch relevante Polypen (über ein Zentimeter Durchmesser oder dysplastisches Gewebe).

Bei knapp jedem dritten wurden Polypen entfernt. Studien zu Folge reduziert die Koloskopie die Inzidenz kolorektaler Karzinome um bis zu 90 Prozent. Aber nur fünf Prozent der Untersuchungsberechtigten haben das seit 2002 bestehende Angebot angenommen.

Schließlich wird derzeit im Gemeinsamen Bundesausschuß darüber beraten, ein Hautkrebs-Screening beim Dermatologen zum Bestandteil der von den GKVen finanzierten Vorsorge zu etablieren. Die Hautinspektion soll derzeit von den Ärzten mitgemacht werden, die die Genitalien untersuchen. (nsi)

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