Zu selten Steroide bei Heuschnupfen

BONN (nsi). In Deutschland haben offenbar viele Patienten, aber auch Ärzte Bedenken gegenüber topischen Glukokortikosteroiden. Die Folge: Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis können nicht den Leitlinien entsprechend behandelt werden.

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Mangelnde Kenntnisse über Wirkungsweise, Effizienz und Dosierung von modernen topischen Steroiden führten dazu, dass Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis eine suboptimale Behandlung erhalten, sagte Professor Oliver Kaschke vom St. Gertraudenkrankenhaus in Berlin bei einer Veranstaltung von essex pharma in Bonn.

Eine Umfrage aus dem Jahr 2007, die das Münchener Marktforschungsinstitut TNS-Healthcare gemacht hat, ergab: Die Patienten konsultierten vor allem bei leichteren Beschwerden nicht den Arzt, zum Teil aus Furcht, ein Glukokortikoid verschrieben zu bekommen. 84 Prozent der Allgemeinmediziner und Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, 88 Prozent der Apotheker und 94 Prozent der Pädiater glaubten, dass zu wenig Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis den Leitlinien entsprechend therapiert würden - der Studie zu Folge wird nur jeder dritte den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) entsprechend therapiert.

Nur 43 Prozent der Allgemeinmediziner halten eine topische Steroidtherapie bei allergischer Rhinokonjunktivitis für akzeptabel, von den Patienten in Praxen von Allgemeinärzten sind immerhin 62 Prozent dieser Auffassung. Höher ist der Anteil bei HNO-Ärzten: 70 Prozent der Ärzte und 75 Prozent ihrer Patienten würden eine topische Steroidbehandlung akzeptieren. In Kinderarztpraxen waren es dagegen nur 39 Prozent der Ärzte und 51 Prozent der Patienten, die sich topische Steroide als Therapie vorstellen konnten.

Befragt worden waren online 1632 gesunde Personen aus der Bevölkerung, 406 Patienten mit allergischer Rhinitis, 401 Patienten mit atopischer Dermatitis, 200 Apotheker und 453 Ärzte.

40 Prozent der gesunden Befragten aus der Bevölkerung hatten sehr starke Bedenken gegen kortisonhaltige Medikamente. Unter den Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis waren es 64 Prozent und 43 Prozent unter den Patienten mit atopischer Dermatitis, berichtete Dr. Bernd Tischer von TNS Healthcare.

Bei Patienten weit verbreitet sei zum Beispiel die Vorstellung, Steroide reicherten sich im Körper an, steigerten den Appetit, machten abhängig und führten dazu, dass auf längere Sicht immer höhere Dosierungen notwendig würden. Außerdem meinten die Patienten, die Kortikosteroide schädigten die Nasenschleimhaut.

Auch bei Ärzten und Apothekern bestünden Unsicherheiten über die Langzeitwirkungen, sagte Kaschke.

In der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (erstellt im August 2003) heißt es, topische Glukortikoide seien außer oralen Antihistaminika die Therapeutika der ersten Wahl bei intermittierender und persistierender allergischer Rhinokonjunktivitis, vor allem bei persistierenden mäßigen bis schweren Symptomen und nasaler Obstruktion. Die nasalen Symptome würden stärker durch topische Kortikosteroide reduziert als durch orale Antihistaminika. Das Risiko einer nasalen Langzeittherapie mit topischen Steroiden sei sehr gering, die meisten unerwünschten Effekte wie Verletzungen der Nasenschleimhaut durch richtige Handhabung des Nasensprays zu vermeiden.

Vor allem für Kinder wird in der Leitlinie die Wahl eines topischen Steroids mit geringer systemischer Bioverfügbarkeit empfohlen. Bei Mometason (Nasonex®) beträgt die systemische Bioverfügbarkeit der Leitlinie zu Folge weniger als ein Promille.

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