Galenus-Preis 2019

Symkevi® – kausale Therapie für viele Patienten mit Cystischer Fibrose

Tezacaftor/Ivacaftor (Symkevi®) von Vertex ist in Kombination mit Ivacaftor (Kalydeco®) eine neue Therapieoption für Patienten mit Cystischer Fibrose ab einem Alter von zwölf Jahren, die bestimmte Mutationen des CFTR-Gens aufweisen. Die Therapie verbessert die Lungenfunktion und vermindert zudem die Exazerbationsrate.

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Symkevi® – kausale Therapie für viele Patienten mit Cystischer Fibrose

© Vivien Manning

Die Cystische Fibrose (CF) ist eine autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung, deren Ausprägung durch ein defektes oder fehlendes CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator)-Protein bestimmt wird. Aufgrund bestimmter Mutationen im CFTR-Gen ist in verschiedenen Organen der Salz- und Wasserhaushalt gestört, unter anderem in der Lunge. Der zähe Schleim stört dort den Gasaustausch und begünstigt chronische Lungeninfektionen. In der Folge wird das Organ fortschreitend zerstört. Die Lebenserwartung liegt in Europa bei durchschnittlich etwa 40 Jahren.

Seit Einführung von CFTR-Modulatoren ist es möglich, kausal in die Pathophysiologie der CF einzugreifen. Bei der Wahl der CFTR-Modulatoren müssen die individuell zugrunde liegenden CFTR-Mutationen berücksichtigt werden. Von den mehr als 2000 bekannten Mutationen im CFTR-Gen stehen 346 im Verdacht, eine CF zu verursachen. Die häufigste Mutation ist F508del. So sind in Europa fast 50 Prozent der CF-Patienten homozygot für diese Mutation. Hinzu kommen heterozygote Patienten.

Fortschritt für viele CF-Patienten

Tezacaftor/Ivacaftor verstärkt Transport von Chlorid-Ionen

Tezacaftor ist ein selektiver CFTR-Korrektor. Er sorgt dafür, dass CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator)-Proteine die Zellmembran erreichen können. Dazu bindet die Substanz an die erste membrandurchspannende Domäne MSD-1 des Proteins und verbessert damit dessen zelluläre Verarbeitung sowie den Transport normaler wie auch mutierter CFTR-Proteine zur Zelloberfläche. Die erhöhte Menge von CFTR in der Zellmembran führt in vitro zu einem verstärkten Chlorid-Ionen-Transport.

Ivacaftor erhöht die Öffnungswahrscheinlichkeit (Gating) des Ionenkanals, kann seine Wirkung aber nur entfalten, wenn CFTR an die Zelloberfläche gelangt.

Beide Wirkmechanismen wirken damit synergistisch und verstärken im Vergleich zur Monotherapie den Chlorid-Ionen-Transport. In humanen Bronchialepithelzellen von CF-Patienten, die homozygot für F508del sind, wird auf diese Weise die Höhe der Flüssigkeitsschicht auf der Oberfläche der Luftwege vergrößert. In vitro war eine erhöhte Zilienschlagfrequenz nachweisbar.

Seit November 2018 ist mit Tezacaftor/Ivacaftor (Symkevi®) von Vertex in Deutschland ein neues Arzneimittel für die orale Therapie bestimmter Formen der CF erhältlich. Zugelassen ist es zur Therapie von Patienten mit zwei Kopien der F508del-Mutation. Zudem steht mit ihm erstmals ein Medikament für CF-Patienten zur Verfügung, die eine F508del-Mutation und eine von 14 weiteren Mutationen tragen. Eine Filmtablette enthält 100 mg Tezacaftor und 150 mg Ivacaftor. Das Präparat wird in Kombination mit Kalydeco® (150 mg Ivacaftor) eingesetzt.

Tezacaftor ist ein neuer CFTR-Korrektor, mit dem in präklinischen Studien die CFTR-Funktion und die Lungenfunktion verbessert werden konnten – und zwar bei CF-Patienten, die homozygot oder heterozygot für die F508del-Mutation und eine mit einer Restfunktion assoziierten Mutation waren. Tezacaftor wird in Kombination mit dem CFTR-Potentiator Ivacaftor angewandt.

Maßgeblich für die Zulassung waren die Ergebnisse der Phase-III-Studien EVOLVE (CF-Patienten, die homozygot für F508del sind) und EXPAND (heterozygote CF-Patienten mit Restfunktion des CFTR-Proteins).

In die doppelblinde, placebokontrollierte EVOLVE-Studie waren weltweit 510 CF-Patienten einbezogen worden. Sie wurden zusätzlich zur konventionellen Therapie im Verhältnis 1:1 randomisiert entweder in die Interventionsgruppe oder in die Placebo-Gruppe aufgenommen. Die Interventionsgruppe erhielt 100 mg Tezacaftor einmal täglich und 150 mg Ivacaftor zweimal täglich über 24 Wochen. In diesem Zeitraum sank im Placebo-Arm die forcierte Einsekundenkapazität (FEV1) um durchschnittlich 0,6 Prozentpunkte. Dagegen nahm in der Interventionsgruppe die FEV1 im Mittel um 3,4 Prozentpunkte zu – ein signifikanter Unterschied (p < 0,001). Der Effekt der Kombination auf die Lungenfunktion trat bereits bis zum 15. Behandlungstag ein und blieb bis Studienende stabil.

Die Rate pulmonaler Exazerbationen war unter Verum signifikant um 35 Prozent niedriger als unter Placebo (p = 0,005). Mehr als die Hälfte der Patienten unter Verum verbesserten sich im Lebensqualitätsscore CFQ-R (Cystic Fibrosis Questionaire-Revised) um mindestens vier Punkte, dies war in der Placebo-Gruppe nur bei etwa jedem dritten Patienten der Fall.

Rasche Besserung des FEV1-Werts

Die dreiarmige EXPAND-Studie umfasste 248 Patienten, die heterozygot für F508del waren und weitere Genmutationen trugen, die mit einer CFTR-Restaktivität verbunden waren. Die Patienten erhielten randomisiert, doppelblind und im Cross-overDesign entweder Placebo, Ivacaftor oder Tezacaftor/Ivacaftor.

Wie in der EVOLVE-Studie nahm unter Placebo die Lungenfunktion bis Woche 8 leicht ab. Hingegen nahm die FEV1 unter Ivacaftor und mehr noch unter Tezacaftor/Ivacaftor bis Tag 15 signifikant zu (je p < 0,001) und blieb dann stabil. Die klinischen Ergebnisse in den Gruppen waren deutlich assoziiert mit der gemessenen Chlorid-Konzentration im Schweißtest, wobei niedrige Werte eine vergleichsweise bessere CFTR-Funktion anzeigen.

Diese Ergebnisse unterstreichen, dass die Kombination aus Tezacaftor und Ivacaftor bei einer großen Gruppe der CF-Patienten wirksam ist. Diese Kombination ist zudem eine Alternative für CF-Patienten, die homozygot für F508del sind und die Kombination Lumacaftor/Ivacaftor nicht vertragen oder aufgrund von Arzneimittelinteraktionen nicht nehmen können.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bescheinigte Tezacaftor/Ivacaftor im Mai 2019 einen beträchtlichen Zusatznutzen bei der Behandlung von CF-Patienten mit einer homozygoten F508del-Mutation. Bei Patienten mit bestimmten Mutationen, bei denen das CFTR-Protein eine Restaktivität aufweist, wurde ein geringer Zusatznutzen anerkannt. (ner)

Branche: Das 1989 gegründete, in Boston ansässige Biotechunternehmen Vertex Pharmaceuticals hat sich auf neue Therapien schwerer Erkrankungen spezialisiert. Seit etwa 20 Jahren fokussiert Vertex auf Mukoviszidose. Mit der Entwicklung der ersten Modulatoren des CFTR-Gens wurde der Weg zu einer kausalen Behandlung geebnet. Seit 1991 ist Vertex an der US-Technologiebörse NASDAQ notiert. Weltweit beschäftigt das Unternehmen über 2500 Mitarbeiter, davon zwei Drittel in Forschung und Produktentwicklung. Die deutsche Landesgesellschaft sitzt in München.

Umsatz und Gewinn: 2018 lag der Konzernumsatz mit knapp 3,1 Milliarden Dollar 40 Prozent über Vorjahr. Hauptumsatzbringer waren die CFTR-Modulatoren Kalydeco® (Ivacaftor) mit rund einer Milliarde Dollar, Orkambi® (Lumacaftor) mit 1,3 Milliarden Dollar sowie Symdeko® (Tezacaftor/Ivacaftor) mit 769 Millionen Dollar. Nach Steuern verdiente Vertex 2,1 Milliarden Dollar.

F&E-Ausgaben: In den Jahren 2013 bis 2017 wurden eigenen Angaben zufolge mehr als 70 Prozent des Umsatzes in Forschung und Entwicklung reinvestiert. 2018 betrug die Forschungsquote bei absoluten Ausgaben von 1,4 Milliarden Dollar 45 Prozent.

Pipeline: Aktuell arbeiten die Vertex-Entwickler in klinischen Phasen I–III an 14 Produktkandidaten. Weitere Projekte wurden an Partner auslizenziert, etwa ein potenzieller Virushemmer (Pimodivir) gegen Influenza an Johnson & Johnson sowie Krebs-Kandidaten an die Merck KGaA. Die meisten Projekte in Eigenregie finden zum Anwendungsgebiet cystische Fibrose statt. Zudem werden aber auch zwei neue Natrium-Kanal-Blocker gegen Schmerzen geprüft sowie ein Inhibitor des epithelialen Natriumkanals (ENaC) gegen Primäre Ciliäre Dyskinesie und ein Rho-Kinase-Hemmer zur Behandlung von Rückenmarksverletzungen. (cw)

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