Bei Moppelchen ab vier Jahren wächst sich Übergewicht nur noch selten aus

NEU-ISENBURG (run). Die Zahl übergewichtiger Kinder hat sich in den vergangenen zehn Jahren etwa verdoppelt. Die Gefahr, daß viele von ihnen die überzähligen Pfunde noch mit ins Erwachsenenalter schleppen, ist groß - ebenso wie das Risiko, früh an Glukose- und Fettstoffwechselstörungen zu leiden. Haus- und Kinderärzte können aktiv helfen, diese Entwicklung zu bremsen.

Veröffentlicht:

Veränderungen bei der Ernährung und beim Bewegungsverhalten sind dabei bekanntlich die wichtigsten Ansatzpunkte. Ansprechpartner dafür sind vor allem die - oft selbst übergewichtigen - Eltern, so Dr. Hardy Walle aus Mandelbachtal zur "Ärzte Zeitung". Der Internist, der selbst Ernährungskurse anbietet, rät daher: "Erkundigen Sie sich bei ihnen regelmäßig auch nach dem Gewicht ihres Kindes. Und bieten Sie an, es bei nächster Gelegenheit zu messen und zu wiegen."

Generell sollte dies bei "Moppelchen" ab etwa vier Jahren bei jedem Praxisbesuch geschehen, denn die Annahme "das wächst sich aus", trifft selten zu. Tatsächlich weiß man heute, daß mit dem Alter auch das Risiko zunimmt, noch als Erwachsener dick zu sein.

Übergewicht hat psychische wie auch körperliche Folgen

Wird beim Arztbesuch also ein BMI über der 90. Perzentile festgestellt, sollte das Problem Übergewicht angesprochen werden. Konkret heißt das, so Walle:

- Machen Sie den Eltern klar, welche Folgen - körperlich wie psychisch - Übergewicht für Kinder hat.

- Stellen Sie Broschüren zur Ernährung mit Rezeptvorschlägen vor, etwa "Gemeinsam abnehmen mit optimiX®" des Dortmunder Forschungsinstituts für Kinderernährung oder den Power-Kids Koffer der AOK.

- Halten Sie konkrete Infos zu Sportangeboten bereit, etwa in einem Schwimmverein. Gut geeignet für dicke Kinder ist auch Fahrradfahren und Inline-Skating. Ein schickes Mountain-Bike hat schon manchen Bewegungsmuffel sportlich animiert!

- Wenn Sie bereits Ernährungs-Schulungen etwa für Diabetiker anbieten, erweitern Sie das Angebot für Eltern mit übergewichtigen Kindern. Ab zwölf Jahren können Kinder alleine an einem solchen Kurs teilnehmen. Im Fokus sollte dabei die Ernährungsumstellung stehen, weniger eine Reduktions-Diät.

So genügt nach den Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter als therapeutisches Ziel bei übergewichtigen, heranwachsenden Kindern ein Gewichtsstillstand über ein Jahr. Bei der Evaluation des Adipositas-Schulungsprojekts Obeldicks an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik in Datteln etwa wurde festgestellt, daß von den jungen Teilnehmern, die zu Beginn des Programms adipös waren und dann ihr absolutes Gewicht hielten, nach einem Jahr ein Drittel nur noch übergewichtig waren und zehn Prozent sogar normalgewichtig wurden.

Dicke Kinder leiden oft bereits an Folgeerkrankungen

Das heißt aber umgekehrt, daß, wenn ein Kind trotz hausärztlicher Betreuung weiter zunimmt, die Teilnahme an professionellen, vorzugsweise ambulanten, Therapieprogrammen erwogen werden sollte, so Dr. Thomas Reinehr aus Datteln.

Wichtiges Auswahlkriterium für geeignete Programme bei übergewichtigen Kindern sei dabei die Kombination aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie und die Zusammenarbeit mit Eltern. Für die Praxis rät Reinehr ergänzend: "Kontrollieren Sie bei übergewichtigen Kindern regelmäßig auch Blutdruck, Blutzucker und -fette! Es ist erschreckend, wieviele von ihnen bereits erste Anzeichen für Folgeerkrankungen bedingt durch Übergewicht haben."

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Fettgewebs- und Gelenkentzündung

Adipositas bremst den Therapieerfolg bei Rheuma – mehr oder weniger

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ein Hinweisschild mit Bundesadler vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

© Uli Deck/picture alliance/dpa

Update

Urteil

Bundesverfassungsgericht: Triage-Regelung nicht mit Grundgesetz vereinbar