Prothese und Transfer von Knorpel lindern Bandscheiben-Schmerz

DÜSSELDORF. Schmerzen an der Wirbelsäule schränken die Lebensqualität vieler Menschen stark ein. Nicht selten steckt ein Bandscheibenvorfall dahinter. Neue Therapieoptionen wie die zweigliedrige Bandscheiben-Endoprothese mit Gleitlager oder die Chondrozytentransplantation können die Schmerzen der Patienten lindern.

Von Christiane Inholte Veröffentlicht:

"Ist bei Rückenschmerzen die Schmerzquelle eine verrutschte, kaputte oder abgenutzte Bandscheibe, dann hilft häufig nur eine Operation", sagte Privatdozent Jörg Herdmann, Chefarzt am St. Vinzenz-Krankenhaus in Düsseldorf, zur "Ärzte Zeitung".

"Dabei wird zum Beispiel an der Halswirbelsäule die Bandscheibe unter dem Mikroskop herausgenommen. Es entsteht eine Lücke, die bisher meist mit Knochenmaterial, etwa aus dem Beckenknochen, aufgefüllt wurde. Die Knochenmasse verwächst dann mit dem darüber- und darunterliegenden Wirbelknochen."

Es entsteht ein unbeweglicher Block, der jedoch die Beweglichkeit der Betroffenen nicht einschränkt. Das Problem dabei ist allerdings, daß die an den verwachsenden Bereich angrenzenden Bandscheiben zusätzlich belastet und abgenutzt werden. Für manche Patienten bedeutet das erneute Schmerzen.

Prothese simuliert die normale Beweglichkeit der Bandscheibe

Das Orthopädenteam um Herdmann hat daher weiter nach Lösungen gesucht, mit denen die normale Beweglichkeit der Bandscheibe simuliert werden kann. "Herausgekommen ist dabei die Bandscheibenendoprothese", so Herdmann, der das Verfahren beim Medica-Kongreß in Düsseldorf vorgestellt hat.

Die Endoprothese besteht aus verschiedenen Metallegierungen, in deren Mitte sich als Gleitlager eine Kunststoffläche befindet. Nachdem die Prothese anstelle der defekten Bandscheibe eingesetzt ist, verwächst sie oben und unten mit den jeweils benachbarten Wirbelkörpern. Der mittlere Teil bleibt aber durch das Gleitlager beweglich. "Die Bandscheibenendoprothese hält ewig", sagte Herdmann.

Es sei mit der Prothese jedoch noch nicht gelungen, die Beweglichkeit von Bandscheiben vollständig zu simulieren. Verspannungen der Muskulatur mit Nackenschmerzen könnten die Folge sein. "Ich empfehle die Endoprothese denjenigen Patienten, die starke Schmerzen durch Bandscheibenschäden haben", sagte der Orthopäde. Nicht geeignet sei die Operation jedoch für Patienten mit schweren Destruktionen der Halswirbel.

Bei Schmerz-Rezidiven hilft die Transplantation von Knorpel

Eine weitere neue Therapieoption hat Mark Klingenhöfer von der neurochirurgischen Universitätsklinik Düsseldorf ebenfalls beim Medica-Kongreß vorgestellt. Sie wird als "autologe Chondrozytentransplantation" bezeichnet. Klingenhöfer: "70 Prozent der Patienten, die mit herkömmlichen Methoden an der Bandscheibe operiert worden sind, bekommen im Verlauf weniger Jahre erneut Rückenschmerzen.

Der Grund: Die Defekte an den Bandscheiben und kleinen Wirbelkörpergelenken nehmen weiter zu", sagt der Mediziner. Zusätzlich komme es bei bis zu zehn Prozent der Patienten in den Jahren nach der Op zu einem weiteren Bandscheibenvorfall.

Um das zu verhindern und die Schädigung aufzuhalten, werden bei der autologen Chondrozytentransplantation nach der Bandscheiben-Op aus dem entfernten Material Chondrozyten isoliert. Zusätzlich wird den Patienten Blut entnommen. Anschließend werden die Knorpelzellen mit dem Serum vermischt.

Aus dem Gemisch werden neue Zellen gezüchtet. Nach drei Monaten werden die neu gewonnen Chondrozyten zurück in die verbliebene Bandscheibe gespritzt. Beim Medica-Kongreß wurden erste Ergebnisse einer Pilot-Studie mit dem Namen EuroDisc vorgestellt.

Die autologe Chondrozytentransplantation ist derzeit noch keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen, so Klingenhöfer. Sie kann den Patienten jedoch als IGeL angeboten werden.



STICHWORT

Bandscheibenvorfall

Halswirbelsäule: Verspannung der Schulter- und Rückenmuskulatur, Kopf- und Nacken- und Kieferschmerzen, Ohrgeräusche, Schwindel. Parästhesien, Schmerzen und Lähmungen der Arme, Hände, eventuell der Beine. Stuhl- und Harninkontinenz.

Brustwirbelsäule: Thoraxschmerzen mit Ausstrahlung in die Arme, Herzrasen, Herzstolpern, Lähmungen der Beine bis zum Verlust der Gehfähigkeit. Stuhl- und Harninkontinenz.

Lendenwirbelsäule: Starke, von der Lendenlordose über das Gesäß in die Beine ausstrahlende Schmerzen (Ischialgie), Parästhesien, Taubheitsgefühl und Lähmung der Beine. Zehengang, Fersengang und Fußheber nicht möglich. Bei Stuhl- und Harninkontinenz, sowie -verhalt muß sofort behandelt werden. (eb)

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