Adipositas

Ständig hungrig durch Hormon-Mutation?

Bei einem dreijährigen Kind, das bereits über 40 Kilogramm wog, haben Forscher ein defektes Sättigungshormon entdeckt. Möglicherweise spielt das auch bei anderen Fällen von Adipositas eine Rolle.

Veröffentlicht:
Ein defektes Hormon könnte unbändigen Hunger und dadurch Übergewicht verursachen.

Ein defektes Hormon könnte unbändigen Hunger und dadurch Übergewicht verursachen.

© kwanchaichaiudom/fotolia.com

ULM. Patienten mit Leptin-Mangel werden gewöhnlich durch einen Bluttest identifiziert. Bei einem Kind, das mit drei Jahren über 40 kg wog, aber wurden normale, sogar hohe Werte gemessen.

Daraufhin wurde das Leptin-Gen untersucht und eine Mutation festgestellt, berichtet das Universitätsklinikum Ulm in einer Mitteilung.

Die Information des Botenstoffs sei daher am Ziel nicht angekommen. Dem Körper wurde ein Hormonmangel vorgetäuscht, der mit herkömmlichen Verfahren nicht messbar war, da die Konzentrationen im Blut normal erschienen.

Auch andere Patienten mit dieser Diagnose

Doch konnte das defekte Hormon keine Reduktion der Nahrungsaufnahme erzielen, während das normale, gesunde Hormon zu einer raschen Gewichtsabnahme führt. Es sei davon auszugehen, dass dies kein Einzelfall sei.

Die Forscher hätten bereits weitere Patienten mit dieser Diagnose identifiziert.

Nach Vorliegen der experimentellen Ergebnisse wurde das Kind mit biotechnologisch hergestelltem Leptin behandelt.

Das Medikament (Metreleptin) war bislang für diese Indikation nicht zugelassen, doch die Ethikkommission des Universitätsklinikums Ulm gab grünes Licht für die Behandlung.

Bereits nach wenigen Tagen war eine eindeutige Wirkung zu erkennen. Die ausgeprägte Nahrungssuche und der übermäßige Appetit verschwanden vollständig.

Kind nimmt deutlich ab

Im Verlauf der nächsten Wochen nahm der Patient deutlich an Gewicht ab, und sein Stoffwechsel gesundete zusehends (NEJM 2015; 372: 48-54). Den Eltern war von Verwandten und Freunden vorgeworfen worden, das Kind zu überfüttern.

Das Hormon Leptin (griechisch leptos, schlank) wurde 1994 in genetisch adipösen Mäusen entdeckt. Es wird im Fettgewebe produziert und hemmt im Gehirn die Nahrungsaufnahme.

Sind die Energiespeicher gefüllt, wird viel Leptin produziert und der Appetit wird gezügelt, wodurch die Fettspeicher wieder leerer werden. Kann das Hormon wegen einer Mutation nicht produziert werden, erhält das Gehirn kein Sättigungssignal.

In der Folge wird ungebremst Nahrung aufgenommen, und es entsteht extremes Übergewicht.

Auch andere Prozesse, die an den Energiehaushalt des Körpers gekoppelt sind, werden durch Leptin beeinflusst, z.B. der Zucker- und Fettstoffwechsel, die Infektabwehr, die Pubertätsentwicklung und bei Erwachsenen auch die Fruchtbarkeit. (eb)

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 20.01.201519:43 Uhr

(Fast) fehlendes Sättigungsgefühl und Hunger sind nicht identisch!

Man isst weils (vielleicht) schmeckt, keinesfalls besonders gut, das ist auch untersucht, mal von den vielen Süßigkeiten abgesehen, aber NICHT aus Hunger. Den haben paradoxserweise eher die Schlanken.
Wenn man also isst, als "Dicker", isst man zu viel.
Deshalb sollte man als Dicker eher SELTENER essen, etwas, das Schlanken viel schwerer fällt.
Das werden die Psychologen wohl nie kappieren.
Auf Angaben über die Nahrungsmenge/Mahlzeit (stark) Übergewichtiger kann man sich NICHT verlassen.

Man hat bei Patienten mit operiertem verstellbaren Magenband schrittweise unterschiedliche Einstellungen vorgenommen und Sie jeweils nach der Nahrungsmenge befragt, die sie mit einer Mahlzeit eingenommen hätten. Vorgabe war dabei eine ganz bestimmte Portionsgröße. Es kam dabei immer die gleiche Antwort, man hätte sich genau an die Vorgabe gehalten, obwohl objektiv die Nahrungsmenge exakt der eingestellten Restmagengröße entsprach.
Es wurde also immer soviel gegessen, bis dieser Restmagen ganz voll war, ohne sich auch nur annähernd an die Vorgabe zu halten.

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