So lässt sich eine Thrombose aufdecken

Dickes Bein und Verdacht auf Thrombose? Mit zwei schnellen Tests können Ärzte das Risiko bestimmen. Die Anamnese und eine körperliche Untersuchung allein reichen nicht aus.

Veröffentlicht:
Bei unklaren Schmerzen in der Wade, können zwei schnelle Tests einen Verdacht auf Thrombose klären.

Bei unklaren Schmerzen in der Wade, können zwei schnelle Tests einen Verdacht auf Thrombose klären.

© KSR / fotolia.com

NEU-ISENBURG (ikr). Eine junge Frau erleidet eine Lungenembolie auf dem Boden einer Beinvenenthrombose. Beim Hausarzt hatte sie zuvor über Wadenschmerzen geklagt, diesem unterliefen jedoch bei der Abklärung einige gravierende Fehler.

Dr. Hubert Stiegler vom Klinikum München Schwabing, Gutachter in dem gerichtsanhängigen Fall, schildert, worauf es beim Thromboseverdacht ankommt (MMW-Fortschr. Med. Nr. 38 / 2011 (153. Jg.).

Die 24-jährige bis zu diesem Zeitpunkt gesunde Patientin berichtete über spontan sich entwickelnde Schmerzen in der linken Wade, die sich bei Druck verstärkten. Der ärztliche Notdienst notierte eine geringe Umfangsvermehrung und verschrieb unter der Diagnose "unklarer Wadenschmerz" 500 mg Aspirin mit der Empfehlung, den Hausarzt am nächsten Tag aufzusuchen.

Aus Thrombose entwickelte sich Lungenembolie

Zwei Tage später stellte sich die Patientin wegen unveränderter Schmerzen und Spannungsgefühl beim Hausarzt vor. Im Anamnesebogen waren nur Wadenschmerzen erwähnt. Beigelegt waren nicht zu interpretierende Ultraschallbilder der V. poplitea ohne Befundbeschreibung.

Die Darstellung der Unterschenkelvenen unterblieb. Die Patientin erhielt einen Kompressionsverband und die Empfehlung, am nächsten Morgen einen Internisten aufzusuchen. Die Fahrt zum Internisten mit dem Rad fiel der Patientin wegen neu aufgetretener Atemnot am folgenden Tag schwer.

Abklärung bis zur Therapieentscheidung

Um solche Vorfälle zu vermeiden, rät Stiegler: "Jeder Verdacht auf eine Venenthrombose sollte umgehend soweit abgeklärt werden, bis eine therapeutische Entscheidung erfolgen kann. Anamnese und körperliche Untersuchung allein reichen nicht.

Diese erlangen erst dann Bedeutung, wenn die Informationen in einen Score zur Schätzung der klinischen Wahrscheinlichkeit (KW) eingehen." Bewährt hat sich nach Angaben des Experten der zweistufige Score nach Wells.

Aber auch die nicht formalisierte Erhebung, verbunden mit der Erfahrung des Untersuchers, erkennt eine Venenthrombose in zwei Drittel der Fälle. Unerlässlich sei die Dokumentation der zur KW führenden Befunde, erklärt Stiegler.

Größte Aussagekraft besitzt offenbar ein negativer D-Dimerwert

Da die Aktivierung der Gerinnung beziehungsweise Fibrinolyse, deren Endprodukte die D-Dimere sind, durch eine Vielzahl von Ereignissen (Entzündung, Schwangerschaft, Trauma, Operation, schwere Herzinsuffizienz etc.) ausgelöst werden kann und unspezifisch auch im Alter nachweisbar ist, sollte die Bestimmung der D-Dimere nur nach Einschätzung der klinischen Vortestwahrscheinlichkeit erfolgen, empfiehlt der Angiologe aus München.

Die größte Aussagekraft besitze ein negativer D-Dimerwert in Verbindung mit einer niedrigen KW. Falsch-negative D-Dimerwerte werden bei Unterschenkel- oder Muskelvenenthrombose sowie nach Heparingabe oder protrahierter Thrombose-Symptomatik beschrieben.

Klinische Wahrscheinlichkeit und D-Dimer-Befund wichtig

Bei niedriger KW und negativem D-Dimerbefund gelte eine venöse Thrombose als ausgeschlossen, so der Experte. Es bedürfe daher keiner weiteren Bildgebung und keiner Antikoagulation. Stiegler: "Bei hoher KW erübrigt sich die Bestimmung der D-Dimere, da in 23 Prozent wegen eines negativen D-Dimerwerts eine Thrombose nicht erkannt wird.

Eine hohe KW erfordert immer eine Bildgebung. Ist diese nicht verfügbar, wird in Abhängigkeit von KW und D-Dimeren mit der Antikoagulation begonnen." Die klinischen Zeichen während der Schwangerschaft seien unzuverlässig, und die Interpretation der D-Dimere sei wegen physiologisch erhöhter Werte eingeschränkt.

Die Diagnose stütze sich in erster Linie auf die Sonografie - gegebenenfalls ergänzt durch MR-Phlebografie.

Die Kompressionssonografie ist die Methode der Wahl zum Nachweis/Ausschluss einer venösen Thrombose (prox. Thrombose, Unterschenkelvenenthrombose). Zu empfehlen sei ein standardisierter Untersuchungsgang unter Einbeziehung der Unterschenkelvenen bei herabhängenden Beinen, so Stiegler.

Proximal des Leistenbands sei zusätzlich die Flussinformation in Farbe hinzuzuziehen. Die Befunde seien nachvollziehbar zu dokumentieren.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Nicht nur bei COVID-19

Infektionen erhöhen das Thromboserisiko

Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Lesetipps
Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Patient mit Hypoglykämie, der seinen Blutzuckerspiegel mit einem kontinuierlichen Blutzuckermesssensor und einer Smartphone-App überwacht.

© martenaba / stock.adobe.com

Trotz Schulung

Die wenigsten Diabetes-Patienten reagieren adäquat auf Hypoglykämie