Corona-Splitter der KW 34/2021

Mehr Corona-Sekundärinfektionen bei Haushaltskontakten

Bei jedem fünften Haushaltskontakt eines Corona-Patienten wurde bis März 2021 eine Sekundärinfektion belegt, so eine Metaanalyse. Die Rate registrierter Infektionen ist dabei im Verlauf der Pandemie gestiegen.

Anne BäurleVon Anne Bäurle und Wolfgang GeisselWolfgang Geissel und Marco MrusekMarco Mrusek Veröffentlicht:
Schutz vor SARS-CoV-2: Mit einer Kombination aus zwei monoklonalen Antikörpern konnten hier gute Ergebnisse erzielt werden.

Großfamilie: Das Risiko, sich bei einem Indexpatienten eine Corona-Sekundärinfektion zuzuziehen, ist besonders bei Patienten mit Vorerkrankungen hoch!

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Update vom 27. August

Das Infektionsrisiko der Haushaltskontakte von Corona-Patienten ist gestiegen, berichtet ein Team von der Universität Florida. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben 87 Studien mit 1,2 Millionen engen Kontaktpersonen von Indexpatienten aus der Zeit von Januar 2020 bis März 2021 in 30 Ländern weltweit ausgewertet. Insgesamt ergab sich bei den Kontakten eine Infektionsrate von 19 Prozent. Das Risiko sekundärer COVID-Infektionen bei Personen mit Komorbiditäten war dabei deutlich erhöht (50 Prozent). Und auch bei Indexpatienten mit der Alpha-Variante B.1.1.7 war die Infektrate bei Kontakten mit 24,5 Prozent höher als der Durchschnitt. Insgesamt habe es im Verlauf der Pandemie eine Zunahme des Anteils von Haushaltsinfektionen gegeben. Das zeigt der Vergleich der Zeiträume Januar bis Februar 2020 und Juli 2020 bis März 2021 (Infektionsraten 13,4 vs. 30,1 Prozent). Die Zunahme sei wahrscheinlich auf bessere Diagnostik, längere Nachverfolgung, kontagiösere Virusvarianten und unterschiedliche Studienorte zurückzuführen (JAMA Network Open. 2021; online 27. August).

Update vom 26. August

Österreichische Grundschüler haben in der Pandemie deutlich an kardiorespiratorischer Fitness (CRF) verloren und Gewicht zugelegt, berichtet ein Team von der Universität Graz. Die Forscherinnen und Forscher haben 764 Kinder im Alter von 7 bis 10 sowohl im September 2019 als auch im September 2020 einen 6-Minutenlauf absolvieren lassen und wichtige Parameter ermittelt. Ergebnis: Die Standardabweichung der Skalenwerte („standard deviation scores“) von CRF (nach Düsseldorfer Modell) gingen um 1,06 zurück, und zwar gleichermaßen bei Jungen und Mädchen. Die Standardabweichungswerte des Body Mass Index (BMI) legten um 0,12 zu, Jungen waren im Vergleich stärker betroffen. Der Anteil der Kinder mit Übergewicht oder Adipositas wuchs von 20,3 (155 Kinder) auf 24,1 Prozent (184 Kinder). Die Forscher mahnen Maßnahmen an, um die CRF der Kinder wieder zu verbessern (JAMA Network Open. 2021; online 26. August).

Über mehrere erfolgreiche Heilversuche bei Long-COVID-Patienten mit einer experimentellen Arznei berichten Ärztinnen und Ärzte der Augenklinik des Uniklinikums Erlangen. Drei Betroffenen mit ausgeprägten Symptomen wurde der Wirkstoff „BC 007“ über 75 Minuten infundiert. Die Patienten (ein Manager, eine Lehrerin und ein Bankkaufmann) waren nicht mehr arbeitsfähig und litten unter starken Erschöpfungszuständen, Gleichgewichts-, Koordinations- und Gedächtnisstörungen sowie Muskelzuckungen. Die Symptome hätten sich im Laufe der ersten Woche nach Therapie beträchtlich gebessert. „Nach COVID-19 zirkulieren spezielle Autoantikörper im Blut. Diese richten sich gegen den eigenen Organismus und können zum Beispiel bestimmte Körperstrukturen schädigen und die Durchblutung beeinträchtigen“, so die Ärzte. BC 007 neutralisiere die Autoantikörper, und die retinale Mikrozirkulation verbessere sich. Die Ärzte hoffen nun, Fördergelder für eine klinische Studie zu bekommen (Meldung Uni Erlangen vom 25.8.).

Die Einmaldosis mit dem COVID-19 Impfstoffs von Janssen kann wirksam mit einem Booster aufgefrischt werden, berichtet das Mutter-Unternehmen Johnson & Johnson. Es hat zwei Phase I/IIa Studien mit Personen initiiert, die zuvor mit dem Impfstoff als Einzeldosis geimpft worden waren. Zwischenergebnisse der Studien ergaben nun, dass eine Auffrischdosis zu einem Anstieg der Spike-bindenden Antikörper führen kann, der neunmal höher war als 28 Tage nach der primären Einzeldosis-Impfung. Ein Anstieg der bindenden Antikörperreaktionen wurden bei Teilnehmern in zwei Altersgruppen gemessen: 18 bis 55 und ab 65 Jahre. Daten zur Wirksamkeit von Boostern mit ihrem Impfstoff hatte vergangene Woche auch BioNTech/Pfizer vorgestellt. (Mitteilung von Johnson & Johnson)

Update vom 25. August

Das Risiko, sich bei einem COVID-Indexpatienten anzustecken, ist im Zeitraum zwei Tage vor bis drei Tage nach Symptombeginn am höchsten. Außerdem ist das Risiko, an COVID-19 zu erkranken, bei Kontakt mit einem mild erkrankten Indexpatienten höher als bei Kontakt mit einem asymptomatischen Indexpatienten. Das sind die Ergebnisse einer populationsbasierten Kohortenstudie aus China mit 730 Indexpatienten (mit zum Großteil milden und asymptomatischen Verläufen) und 8852 engen Kontaktpersonen. „Das Risiko einer COVID-Erkrankung von Kontaktpersonen scheint mit der Symptomschwere bei der Indexperson assoziiert zu sein“, schreiben die Studienautorinnen und -autoren. Als enge Kontaktpersonen wurden dabei Haushaltsmitglieder eingestuft, ebenso wie Personen mit denen längere Gespräche stattgefunden hatten und die sich über längere Zeit mit der Indexperson in einem geschlossenen Raum aufgehalten hatten. Insgesamt infizierten sich lediglich 3,6 Prozent der engen Kontaktpersonen. Allerdings lag der Studienzeitraum (Januar bis Juli 2020) vor dem Auftreten der Delta-Variante, die mittlerweile bekanntlich in vielen Ländern das Infektionsgeschehen beherrscht und deutlich infektiöser als das ursprüngliche Virus ist (JAMA Intern Med 2021; online 23. August).

Update vom 24. August

Die Bauchlage verringert bei COVID-Kranken, die wach sind und per High-Flow-Sauerstoffgabe beatmet werden, offenbar das Risiko, intubiert werden zu müssen oder zu sterben. Das ist das Ergebnis einer randomisierten Multicenter-Studie, die damit retrospektive und Beobachtungsstudien aus den vergangenen Monaten bestätigt. In die Studie aufgenommen wurden 1126 COVID-Patientinnen und Patienten. Eine Hälfte wurde in Bauchlage gebracht, die andere in Rückenlage. Die Hazard Radio (HR) lag bei Bauchlage für das Risiko einer Intubation innerhalb von 28 Tagen bei 0,75, die HR für Mortalität innerhalb von 28 Tagen bei 0,87 (Lancet Resp Med 2021; online 20. August).

Der Wirtschaftsabschwung im Zuge der Corona-Pandemie könnte 2020 den Tod von fast 270.000 Babys, vor allem in ärmeren Ländern der Welt, zur Folge gehabt haben. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Weltbank in einer Modellrechnung. Besonders betroffen ist demnach Indien. Das Team um Dr. Gil Shapira hatte die Folgen von Veränderungen im Bruttoinlandsprodukt (BIP) eines Landes auf die Sterblichkeit von Kindern im Alter von bis zu zwölf Monaten zugrunde gelegt. Im vergangenen Jahr sei die Weltwirtschaft nach bisherigen Schätzungen um rund fünf Prozent geschrumpft, heißt es in der Analyse. Bei einem Rückgang des BIP steige die Sterblichkeit generell, zum Beispiel aufgrund schlechterer medizinischer Versorgung oder zunehmender Armut. Besonders betroffen seien häufig Kinder und alte Menschen. In den 128 untersuchten Ländern mit mittleren und niedrigen Durchschnittseinkommen seien von solchen Veränderungen überproportional stark Babys betroffen (BMJ Open 2021; online 24. August). (dpa)

Update vom 23. August

Eine Influenza-Impfung könnte auch einen gewissen Schutz vor COVID-Komplikationen haben: Einer retrospektiven Studie zufolge treten bei SARS-CoV-2-Positiven, die im Zeitraum sechs Monate bis zwei Wochen vor der Corona-Infektion eine Grippeimpfung erhalten haben, seltener Venenthrombosen, Schlaganfälle oder Sepsis auf. Außerdem müssen sie seltener intensivmedizinisch versorgt werden. Für die Studie wurden die Daten von rund 75.000 SARS-CoV-2-Infizierten analysiert; eine Hälfte hatte zuvor eine Grippeimpfung erhalten, die andere nicht. Zwischen beiden Gruppen verglich das Team um Susan Taghioff die Rate schwerer Ereignisse an den Tagen 30, 60, 90 und 120 nach SARS-CoV-2-Infektion (PLOS One 2021; online 3. August).

Spürhunde sind offenbar in der Lage, Körperflüssigkeiten SARS-CoV-2-Infizierter mit hoher Genauigkeit zu erkennen. Das berichtet ein deutsches Team unter Leitung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Die Tiere konnten zwischen Proben SARS-CoV-2-infizierter und -nicht infizierter Personen mit einer durchschnittlichen diagnostischen Sensitivität und Spezifität von 95 Prozent beziehungsweise 98 Prozent für Urin, 91 Prozent beziehungsweise 94 Prozent für Schweiß und 82 Prozent beziehungsweise 96 Prozent für Speichel unterscheiden. Für die Studie trainierte das Team zehn spezialisierte Spürhunde der Bundeswehr über acht Tage hinweg auf das Erkennen von Speichelproben infizierter Personen (BMC Inf Dis 2021; online 27. Juli).

Liebe Leser, wir fassen die Corona-Studienlage wöchentlich zusammen. Eine Übersicht mit allen bereits veröffentlichten COVID-19-Splittern der vergangenen Wochen und Monate finden Sie hier:

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